Hat Fed-Chef Bernanke sein Pulver verschossen?
UBS-Desaster – 12 Milliarden Quartalsverlust ergeben 10 Milliarden Marktkapitalisierungsgewinn
Der schweizerische Aktienmarkt ra. Kennen Sie schon das neue grosse Einmaleins der Börse? Diese Woche gab es ein schönes Rechenbeispiel. Am Dienstag übertraf die UBS mit einem Quartalsverlust von 12 Mrd. Fr. und weiteren Abschreibungen über 19 Mrd. $ die ...
Kennen Sie schon das neue grosse Einmaleins der Börse? Diese Woche gab es ein schönes Rechenbeispiel. Am Dienstag übertraf die UBS mit einem Quartalsverlust von 12 Mrd. Fr. und weiteren Abschreibungen über 19 Mrd. $ die düstersten Prognosen, doch innert zweier Tage nahm die Marktkapitalisierung der im Kernkapital derzeit dürftig bestückten Grossbank dank einem Kursrally von 17,3% um 10 Mrd. Fr. zu. Das Geschehen an der Börse ist auf den ersten Blick nicht immer logisch. Im Vorfeld waren aber zum einen vermutlich schon sehr negative Erwartungen in die Kurse eingearbeitet worden. Zum anderen erachteten es die Anleger wohl als gutes Zeichen, dass krisengeschüttelte Banken überhaupt noch Geldgeber finden – denn die Rekapitalisierung der UBS wird von vier Grossbanken garantiert. Fast zeitgleich erhöhte Lehman Brothers – die Nummer vier der US-Investmentbanken, um die es nicht abreissende Gerüchte über Liquiditätsprobleme gegeben hatte – ihr Kapital um 4 Mrd. $.
Das «R-Wort» kommt über die Lippen
Aufgrund dieser nicht grad erleichternden Nachrichten setzten die internationalen Aktienmärkte zu einem zweitägigen Rally an, an dem auch der Swiss-Market-Index und der breite Swiss-Performance-Index teilnahmen. Sie avancierten im Wochenvergleich um 4,6% und 4,4%. Am stärksten erholten sich die Finanzwerte. Die Titel von UBS (15,5%), Credit Suisse (10,8%), Julius Bär (6,2%) und Vontobel (13,9%) legten im Vergleich mit dem vergangenen Freitag deutlich zu. Nun schauen Beobachter darauf, ob das Rally schnell wieder im Sand verläuft oder ob es diesmal zu Anschlusskäufen kommt und sich die Kurserholung noch ein paar Tage länger fortsetzt.
Das zweite bedeutende Ereignis der Woche war neben der Entwicklung bei den Banken der Auftritt von Ben Bernanke vor dem Joint Economic Committee des amerikanischen Kongresses am Mittwoch. Dabei sprach der Präsident der US-Notenbank erstmals das «R-Wort» aus. Eine Rezession in den USA sei möglich, konstatierte Bernanke. Mit dieser nicht grad überraschenden Erkenntnis gehörten dem Fed-Chef am Donnerstag die Titelseiten vieler internationaler Leitmedien. Nach Ansicht mancher Beobachter, wie etwa des selbständigen Ökonomen und ehemaligen US-Chefökonomen der Deutschen Bank, Ed Yardeni, war aber viel interessanter, was Bernanke nicht sagte, nämlich dass das Fed «so zeitnah wie nötig handeln wird, um das Wirtschaftswachstum und die Preisstabilität zu fördern». Diese Formulierung benutzte das Fed noch in seinem Communiqué vom 18. März.
Manche Beobachter unkten daraufhin, möglicherweise hätten die Mitglieder der Notenbank erkannt, dass sie nach den zahlreichen getroffenen – konventionellen und unkonventionellen – Massnahmen nicht mehr allzu viel tun können, um das US-Finanzsystem zu stabilisieren, und ihr Pulver sozusagen weitgehend verschossen haben. Jedenfalls sagte Bernanke vor dem Ausschuss, die Übernahme von Wertschriften der Bank Bear Stearns in Höhe von 30 Mrd. $ sei ein «one-shot event» gewesen, also eine einmalige Massnahme, über die er lange und intensiv nachgedacht habe. Alles hängt am Häusermarkt
Für Bernanke ist klar, dass das Problem Nummer eins der Krise die sinkenden Häuserpreise sind. Sollten sich diese stabilisieren, dürfte auch die Kreditkrise abklingen und die ökonomische Entwicklung sich verbessern. Derzeit fällt es aber in den USA auch ausserhalb des Hypotheken-Sektors schwer, irgendeinen Bereich zu finden, der nicht schrumpft. Im Februar fiel die Industrieproduktion um 0,5%, und im März gaben die der Konjunktur vorauslaufenden ISM-Indizes weiter nach. Das Vertrauen der Konsumenten ist im Februar und März weiter eingebrochen, die inflationsbereinigten Einzelhandelsumsätze sind im Februar zum fünften Mal in Folge, diesmal um 0,9%, gefallen, und die Autoverkäufe sanken im Februar und März um erhebliche 15%. Die Liste liesse sich leicht verlängern.
Am Mittwoch schienen zwar die ADP-Arbeitsmarktzahlen eine kleine Überraschung für die Arbeitsmarktzahlen vom gestrigen Freitag zu signalisieren. Diese blieb aber aus. Die Arbeitslosenquote sprang im März von 4,8% auf 5,1%, und die Beschäftigung ausserhalb der Landwirtschaft sank unerwartet stark um 80 000 Stellen. In der kommenden Woche richtet sich die Aufmerksamkeit dann wieder auf eine Reihe von Daten vom Immobilienmarkt. Viel Hoffnung auf eine positive Überraschung besteht derzeit aber nicht. |