Industriemetalle: Kupfer vor Zwischenhoch
von Eugen Weinberg (Commerzbank AG)
Der Kupferpreis konnte in den vergangenen Wochen stark an Wert gewinnen und notiert aktuell nahe dem Hoch vom Mai dieses Jahres. Vergangene Woche veröffentliche die International Copper Study Group (ICSG) neue Prognosen für den Kupfermarkt. Man erwartet sowohl für 2007, 2008 als auch 2009 dank einer Ausweitung der Minen- und Raffinerieproduktion sowie eines geringen Anstieges des Verbrauchs einen Überschuss am Kupfermarkt.
Für das Jahr 2007 geht man derzeit von einen Überschuss von 110 Tsd. Tonnen und 2008 sogar von 249 Tsd. Tonnen aus. Bei der Minenproduktion rechnet man 2007 mit einer Ausweitung um 5,1% auf 15,79 Mio. Tonnen, 2008 sogar mit +7,6% auf 16,99 Mio. Tonnen. Dies sollte vor allem durch die Entwicklung neuer Minen und die bessere Auslastung bzw. Erweiterung der bestehenden Kapazitäten erfolgen, wobei man mit höherem Wachstum aus der SX-EW-Produktion (elektrolytische Gewinnung) als aus der herkömmlichen Konzentrat-Produktion rechnet. Die Weltproduktion von raffiniertem Kupfer soll in 2007 um 4,4% auf 18,12 Mio. Tonnen, und in 2008 um 4,6% auf 18,95 Mio. Tonnen ansteigen. Der Kupferverbrauch sollte laut ICSG jedoch in diesem Jahr um 5,2% auf 18 Mio. Tonnen zunehmen.
Optimismus am Kupfermarkt ist unserer Meinung jedoch derzeit fehl am Platz. Die anhaltenden Streiks belasten zwar kurzfristig die Produktion, sind aber mittlerweile ausreichend im derzeitigen Preisniveau eskomptiert. Wir sehen die Auswirkungen durch eine sich abzeichnende Abschwächung der US-Wirtschaft, welche mit 10% der zweitgrößte Kupfernachfrager der Welt ist, noch nicht im ausreichenden Ausmaß in den Preisen enthalten. Darüber hinaus haben die Chinesen bereits öfters bewiesen, dass man durchaus preisbewusst agiert und jederzeit bereit ist, opportunistisch einen kurzfristigen taktischen Lagerabbau zu betreiben. Im letzten Jahr haben diese Maßnahmen in nur einem Monat den Kupferpreis von knapp 7900 auf unter 5300 USD pro Tonne förmlich einbrechen lassen. Außerdem soll man das technische Bild nicht aus den Augen lassen, insbesondere wenn die 8000er Marke nach unten verletzt werden sollte.
Die derzeitige Konzentration am Kupfermarkt ist sehr hoch, wobei lediglich ein Marktteilnehmer über mehr als 80% aller Lager-Warrants an der LME verfügt. Dies macht den Kupfermarkt zwar für kurzfristige Übertreibungen nach oben anfällig. Die Risiken eines Eingriffs der Aufsichtsbehörden, die zur besseren Verfügbarkeit des Materials durchaus niedrigere Leihsätze anfordern können, steigen dabei auch erheblich. So war im Mai-Juni dieses Jahres der Nickelmarkt ähnlich stark konzentriert, was die LME damals zur Veränderung der Leihregeln gezwungen hat. Zwar wurde dadurch ein besserer Zugriff und höhere Verfügbarkeit und Liquidität am Nickelmarkt ermöglicht.
Der Nickelpreis hat sich aber anschließend in nur zwei Monaten halbiert. Nun wurden diese Regeländerungen durch die LME rückgängig gemacht, was zum starken Preisanstieg letzten Freitag beigetragen hat. Wir glauben, dass angesichts der erhöhten Verfügbarkeit des Metalls – die LME Lagerbestände haben sich seit April dieses Jahres fast verzehnfacht – der Preis zwischen 25.000 und 30.000 USD derzeit gerechtfertigt wäre. Die steigenden Lagerbestände sollten höheren Preisen entgegen wirken, während bei den Preisen von unter 25.000 USD sich einerseits die Nachfrage erhöhen und andererseits die Produktion aus Lateriten wegen ihrer geringeren Profitabilität zurückgeht.
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