15.04.2016. Mount-Everest-Einstieg. Dieses Ritual wollte er sich eigentlich für den Gipfel aufheben, so war es zumindest geplant. Immer und immer wieder hatte er das dafür benötigte Utensil aus seinem Gepäck herausgekramt, es von allen Seiten betrachtet, hatte auch schon Feuer in der anderen Hand, um es anzuzünden, dieses Kleinod, und doch hatte er es wieder unbenutzt in seiner Tasche verstaut. ›Phönix‹ war auf der einen Seite eingeritzt, und diese Buchstaben hoben sich kontrastreich von der dunkelbraunen Farbe der Pfeife ab, von jener Pfeife, die er vor nunmehr 4 Monden vom Dorfältesten beim Abschiedsfest in Domba feierlich überreicht bekam. Heute konnte er der Versuchung nicht mehr widerstehen: er nestelte eine Tabaksdose aus seiner Tasche. Diese war bereits sehr stark abgenutzt, und die verschnörkelten Buchstaben auf der goldfarbenen Dose waren nur mehr fraktal vorhanden: ›Go..man-Sa.hs-Brü..r & Co.‹, so lautete die Aufschrift. Nahe der chinesischen Mauer, mitten neben anderem Unrat, auf einem kleinen Müllhaufen hatte er sie gefunden. Nachdem er die Pfeife mit dem Inhalt dieser Dose gestopft hatte, führte er die Flamme an diesen heran und paffte einige Male, bis es beständig qualmte. Zwar kratzte es ein wenig im Hals, da der Tabak bereits stark eingetrocknet war, aber er liess sich dennoch sehr gut in der Pfeife rauchen. Was waren das für turbulente Tage! Nach 3 Wochen Aufenthalt im Basislager schickten wir einen Trupp Sherpas zum Mount-Everest-Einstieg, die unser Gepäck und unsere Ausrüstung dahin schleppten. Als sie zurückkamen, gab es einen derartigen Wetterumsturz (Brüssel), dass unsere Zelte bis ins Gletscherfeld gerissen wurden. Doch recht bald – die Auswirkungen dieses Ereignisses blieben nicht von langer Dauer – war es uns möglich, das Basislager wieder instand zu setzen und schon 2 Wochen später konnten wir zum Mount-Everest-Einstieg aufbrechen. Diesen Montag, am 11.04.2016, war es dann soweit. Wir gelangten zum Beginn der eigentlichen Besteigung. Hier ist die Strecke bis zum Lager 1 (USD 21,7) mit Fixseilen ausgestattet, sodass wir zügig vorankommen sollten. Das ›rising window‹ vom Montag (USD 15,32) war auch bereits die erste Fixseil-Absicherung, welche uns am Donnerstag und am Freitag vor einem Abrutschen bewahrte, nachdem wir zuvor ein zu hohes Tempo gegangen waren. Kerzentechnisch betrachtet hat sich Do/Fr sogar ein ›tweezers bottom‹ in Kombination mit einem bullischen ›harami‹ entwickelt. Ausserdem befinden wir uns jetzt wieder an der Aufwärtstrendlinie (strichliert) als zusätzliche Unterstützung. Bullische Aussicht für die kommende Woche also, im übrigen gab es diese Woche ein zwar kleines, aber immerhin Plus von 3 %. Die Distanz bis zum Lager 1 entspricht exakt jener von der chinesischen Mauer bis zum Basislager, nämlich 6 USD. Damals legten wir diese Strecke in 23 Tagen zurück. Hier ist es allerdings ein wenig steiler und anspruchsvoller. Noch dazu erwarten wir am 26.04.2016 eine exakte Wetterprognose (Q1-Zahlen) für die kommenden Wochen. Auch davon wird es abhängen, ob wir die Route zum Lager 1 in einem Stück zurücklegen werden können. Doch sind wir angesichts der zahlreichen konditionsstarken (finanzkräftigen) Expeditionsteilnehmer, die sich uns angeschlossen haben, zur Zeit recht zuversichtlich. ›1.000 $‹ – so formten sich jetzt die kleinen Rauchwölkchen, die aus seiner Pfeife in Richtung Gipfel stiegen, wenn er bedächtig daran paffte. Er blickte hinunter in jene Richtung, in der sich das Tal von Domba befand. Was mochte der Dorfälteste gerade tun? Sah er vielleicht gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt, zu ihm hinauf? Doch noch bevor er diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, riss ihn ein Ruf aus seinen Überlegungen. Er kam von einem seiner Mannschaftskameraden. Rasch machte er sich auf, um zu erkunden, was da vorgefallen ... – Unter ›1.000 $‹-Rauchwolken lag sie nun also, die ›Go..man-Sa.hs-Brü..r & Co.‹-Tabaksdose, und sie lag da wie auf verlorenem Posten in dieser imposanten Naturszenerie, wie bestellt und nicht abgeholt ...
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