News-Überblick Hier finden Sie alle aktuellen Nachrichten zu verschiedenen Themen zeitlich sortiert. News - 15.01.08 21:03 Wenn bei Pfleiderer gehobelt wird...
Lange galt der Holzverarbeiter Pfleiderer als Perle des MDax. Nach einem kräftigen Kurssturz müssen die Bayern jetzt Finanzinvestoren zu Hilfe rufen.
Neumarkt ist eine dieser typischen Städte in der Oberpfalz. Drei Privatbrauereien pflegen hier den Ruf der Malz- und Hopfenwirtschaft. Etwas vom Glanz der großen, weiten Welt importiert aber nur einer: Pfleiderer . Der MDax-Konzern residiert seit fast einem Jahrhundert in der bayerischen Kleinstadt.
Der Holzverarbeiter galt lange als Perle des Nebenwerteindex. Doch seit vergangenem Jahr ist die heile Welt dahin: Vorstandschef Hans Overdiek verunglückte schwer; er führt die Geschäfte erst seit September wieder. Dann rauschte die Aktie wegen der US-Immobilienkrise in den Keller, satte 30,5 Prozent sackte sie 2007 ab. Neuer Tiefpunkt: Am Montag feuerte der Konzern Finanzvorstand Derrick Noe - ausgerechnet den Chefkämmerer, der den guten Ruf an den Finanzmärkten pflegen soll. Offiziell schweigt das Unternehmen zu den Gründen. Aus Firmenkreisen verlautet aber, Noe habe hinter dem Rücken des Vorstands und Aufsichtsrats eigenmächtig Gespräche mit Finanzinvestoren über den Verkauf von Unternehmensanteilen geführt.
In der Tat sondiert Pfleiderer nach FTD-Informationen seit September 2007 den Markt der langfristig ausgerichteten Großinvestoren. Aufsichtsratschef Ernst-Herbert Pfleiderer, der elf Prozent hält, befürchte einen feindlichen Übernahmeversuch, heißt es. Rund 70 Prozent der Aktien sind im Streubesitz. Und der Zerschlagungswert sei höher als der Börsenwert - Pfleiderer also ein mögliches Angriffsobjekt aggressiver Beteiligungsgesellschaften.
Jedoch wurde die Pfleiderer-Spitze bei den Großanlegern nicht fündig - und wandte sich deshalb an Private-Equity-Gesellschaften. Wenn auch an zwei, die als konservativ gelten: den US-Investor One Equity Partners und die deutsche Allianz Capital Partners. Würde man sich einig, wäre die Folge trotzdem eine Übernahme. Und keine kleine: Insgesamt dürfte Pfleiderer inklusive Übernahmeprämie deutlich über 1,5 Mrd. Euro kosten. Noch ist völlig offen, ob es zum Deal kommt. Am Dienstag trafen die Parteien erneut zusammen. Eine Prüfung der Bücher habe es aber noch nicht gegeben.
Seltsam nur, dass Finanzchef Noe inmitten der Gesprächsphase gehen musste. Aus dessen Umfeld heißt es, Aufsichtsratschef Pfleiderer sei misstrauisch geworden. Er habe die Finanzinvestoren gefragt, ob Noe ihnen vertrauliche Firmendaten zugespielt habe. Offiziell will Pfleiderer auch dazu nicht Stellung nehmen. Personen, die Noe nahestehen, sagen, der 64-jährige Aufsichtsratschef wolle keineswegs Einfluss abgeben - und suche deshalb eigentlich nur Zwei- bis Drei-Prozent-Investoren.
Welche Version der Dinge auch immer stimmt, dem Unternehmen schadet die Unsicherheit immens: Die Aktie stürzte am Dienstag um fast 13 Prozent ab.
Von Gerhard Hegmann und Angela Maier (München) und Martin Scheele (Hamburg)
Quelle: Financial Times Deutschland |