ftd.de, Mo, 18.9.2000, 22:17
Metabox verspielt das Vertrauen der Investoren Von Martin Virtel, Hamburg
Durch dilettantische Informationspolitik hat das Management des am Neuen Markt notierten Elektronikherstellers Metabox das Vertrauen der Investoren erschüttert
"Der Chef sollte vielleicht lieber das Unternehmen leiten, anstatt stundenlang mit Investoren im Internet zu chatten", sagte ein Londoner Analyst im Gespräch mit der Financial Times Deutschland. Auch deutsche Analysten kritisierten die Art, in der das Unternehmen mit seinen Anlegern kommuniziert, als wenig professionell.
Metabox-Chef Stefan Domeyer hatte in Chats mit Kleinanlegern und langen Interviews auf der Finanz-Website Wallstreet Online um Vertrauen für sein Unternehmen geworben, nachdem Experten Zweifel an Großaufträgen für Metabox geäußert hatten. Das Unternehmen stellt so genannte Set-Top-Boxen her - Geräte, die herkömmliche Fernseher mit zusätzlichen Funktionen wie etwa E-Mail, Zugang zum Internet und anderen Zusatzdiensten ausstatten. Zu den Kunden dieser Geräte gehören vor allem Kabelbetreiber oder Pay-TV-Unternehmen, die sie an ihre Abonnenten weitervermieten und sich von den erweiterteren Angeboten mehr Einnahmen und die Erschließung neuer Nutzergruppen erhoffen.
Metabox hatte im vergangenen Jahr 10.000 Settop-Boxen abgesetzt und damit lediglich ein Viertel des prognostizierten Absatzes erreicht. Über den Sommer hatte das Unternehmen dann drei Großaufträge in Israel, Frankreich und Skandinavien angekündigt, die zusammengerechnet den Absatz von 2,8 Millionen dieser Geräte sicherstellen sollen. Der Aktienkurs des Unternehmens hatte sich durch die Ankündigungen verfünffacht und Anfang Juli - exakt ein Jahr nach dem Börsengang - das Jahreshoch von 45,80 Euro erreicht.
Durch die schiere Menge der zu liefernden Geräte und die wenigen nachvollziehbaren Fakten in den Auftragsankündigungen war Metabox allerdings bereits zu dieser Zeit ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Es ist in der Branche durchaus üblich, dass Gerätehersteller Stillschweigen über Auftraggeber, Bestellmenge und Auftragssumme bewahren. Ungewöhnlich ist jedoch, wie Metabox Aufträge im sehr frühen Verhandlungsstadium und allein unter Nennung von Land und Bestellmenge zu nennen.
Selbst dort, wo Metabox Details nennt, bleiben Zweifel. Der größte angekündigte Auftrag stammt aus Skandinavien, wo das Unternehmen sich an dem dänischen Konsortium Inter-Nordic beteiligt hat und nach einer ersten Vereinbarung in den nächsten zwei Jahren 1,8 Mio. Geräte ausliefern will. Der vietnamesische Chef von Inter-Nordic bietet auf der Firmenwebsite eintägige Einführungskurse für die populäre Bildbearbeitungs-Software Adobe Photoshop an. Das deutet nicht gerade auf einen finanzstarken neuen Kabelnetbetreiber hin.
Schwammige Informationspolitik
Mit einer Informationspolitik, die mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet, droht Metabox in dieselbe Falle zu tappen wie der ebenfalls am Neuen Markt notierte Konkurrent Infomatec, dem die Banken in der vergangenen Woche alle Kredite gekündigt hatten. Infomatec war in Schwierigkeiten geraten, nachdem die Firma Informationen über Großaufträge zurücknehmen musste - unter anderem eine Lieferung von 100.00 Settop-Boxen an den schleswig-holsteinischen Telekommunikationsanbieter Mobilcom.
Nach einem Gespräch mit Metabox-Vorstand Domeyer sieht Analyst Achim Fehrenbacher von der Investmentbank M.M. Warburg nach wie vor keinen Grund, an den Ankündigungen von Metabox zu zweifeln. Er hat das Metabox-Papier weiterhin auf "Halten" eingestuft. "Bislang ist nur ein Auftrag von Metabox wirklich bestätigt worden", sagt Fehrenbacher. Dabei handelt es sich um ein unbekanntes israelisches Unternehmen, dem Metabox bis zum Jahresende die erste Charge von 100 000 Geräten liefern will.
Engpässe seien auch bei großen Mengen nicht zu befürchten, weil Metabox seine Geräte ähnlich wie Konkurrent Motorola von Fremdfirmen bauen lässt, darunter dem Hersteller Flextronics aus Singapur.
Die branchenweit beklagte Knappheit bei wichtigen Elektronik-Bauteilen würde das Unternehmen nicht treffen, sagte Fehrenbacher, weil Metabox nach eigenen Angaben nicht-standardisierte Bauteile verwendet, um die keine ruinösen Preiskämpfe stattfinden.
Auch in Punkto Software baut Metabox auf eine Eigenentwicklung namens KAOS, in Konkurrenz gegen mächtige Hersteller wie Microsoft, Liberate oder OpenTV, die derzeit versuchen, ihre Software als die Grundlage für interaktives digitales Fernsehen zu etablieren. Ein weiterer Konkurrent ist das im Internet frei erhältliche Betriebssystem Linux. Der US-Elektronik-Konzern Motorola, ebenfalls Hersteller von Settop-Boxen, hatte am Montag bekanntgegeben, 5,4 Prozent der OpenTV-Anteile vom australischen Medienunternehmen News Corp zu erwerben. |