Strategie-Debatte der Deutschen Bank Das Holding-Modell - der Reiz der Radikal-Lösung
Von Tim Bartz
Bislang wollten die Co-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen die Sparten der Deutschen Bank eigentlich enger miteinander verzahnen. Inzwischen müssen sie aber auch die genau entgegengesetzte Variante ausloten. Hamburg - Noch herrscht Unklarheit über die künftige Strategie der Deutschen Bank; erst im zweiten Quartal will der Konzern, der seine selbst gesteckten Ziele größtenteils verfehlt hat, die Öffentlichkeit über seine neue Ausrichtung informieren.
Die Präsentation der Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr am Donnerstag wird in dieser Hinsicht jedenfalls keinen Neuigkeitswert bieten. Der Vorstand will Analysten und Journalisten lediglich per Telefonkonferenz informieren - nicht persönlich, wie seit Menschengedenken üblich - und vornehmlich über die Geschäftszahlen reden.
So bleibt viel Raum für Spekulationen: etwaüber den Verkauf einzelner Spartenteile wie der Postbank Chart zeigen oder sogar des gesamten Privatkundengeschäfts, ebenso wie über harsche Einschnitte im Investmentbanking. Eine Variante aber wird nach Informationen von manager magazin online im Konzern - und bislang nicht in der Öffentlichkeit - bereits sehr konkret diskutiert: ein Holding-Modell.
Auf den ersten Blick fällt es weniger drastisch aus als etwa ein Postbank-Verkauf. Langfristig indes wären die Folgen enorm, denn faktisch liefe es auf die Zerschlagung des Konzerns hinaus. Kern des Holding-Modells ist die Gründung einzelner Aktiengesellschaften mit eigener Führung, Refinanzierung und Rechnungslegung. Der vorgeschaltete Holding-Vorstand trüge die Gesamtverantwortung, wäre operativ aber weniger eingebunden als jetzt.
Das wäre ein Bruch mit der Philosophie des Vorstands um die Co-Chefs Anshu Jain (52) und Jürgen Fitschen (66). Deren Credo war bislang, die sogenannte Silo-Struktur mit strikt getrennten Unternehmensbereichen zusammenzuführen, die ihnen ihr Vorgänger Josef Ackermann (67) 2012 hinterlassen hatte.
Durch das Auflösen der Silos und die viel stärkere Verflechtung einzelner Sparten wollten Jain und Fitschen Kosten senken und Synergien heben. Ein nachvollziehbarer Gedanke. Allerdings hat er die Komplexität des Geschäftsmodells dramatisch erhöht und nicht verhindern können, dass das Management seine Ziele verfehlt.
Das Holding-Modell hätte den Charme, dass transparenter würde, wie rentabel die einzelnen Sparten wirtschaften. Das wiederum würde Optionen schaffen für die Zukunft - etwa den Börsengang einzelner Bereiche wie des Privatkundengeschäfts PBC.
Auf das legt insbesondere Jain keinen allzu großen Wert - obwohl es eigenständig eine höhere Marktkapitalisierung auf die Waage bringen könnte als die Commerzbank Chart zeigen, wie im Konzern gerechnet wird. Vieles ist freilich noch unklar. Auch, wie sich im Holding-Modell die Unternehmensbereiche aufteilen, als da wären:
◾das Investmentbanking (Corporate Banking & Securities/CB&S); ◾das Geschäft mit Massen- und kleinen Firmenkunden (Private & Business Clients/PBC); ◾die Vermögensverwaltung für Private sowie professionelle Kunden (Asset & Wealth Management/AWM); ◾der Zahlungsverkehr (Global Transaction Banking/GTB); ◾die hauseigene Bad Bank (Non-Core Operations Unit/NCOU).
Klar getrennt wären in jedem Fall CB&S sowie PBC. Wie aber leben AWM und GTB weiter - als eigenständige AGs? Als Bestandteile der Dickschiffe CB&S und PBC? Und was ist mit der Bad Bank? Fragen, die Vorstand und Aufsichtsrat in den nächsten Wochen beantworten müssen, um sich für oder gegen das Holding-Modell entscheiden zu können.
Gerangel dürfte es vor allem um die großen Firmenkunden geben, die kleinen und mittelgroßen sind bereits jetzt bei PBC aufgehängt. Das Geschäft mit Großunternehmen aber verspricht höhere Margen, die Blue Chips sind heiß begehrt: als Kreditkunden, als Auftraggeber für den Wertpapierhandel.
Dass das Holding-Modell kommt, wäre umso wahrscheinlicher, je mehr die Politik die Diskussion um das Trennbankenmodell reanimiert. Derzeit wird nur wenig um die politisch verordnete Aufspaltung von Universalbanken gesprochen, vom Tisch sind die Pläne aber nicht.
Vor allem nicht in Brüssel. Dort sitzt mit Jonathan Hill (54), dem Kommissar für die Finanzdienstleistungsbranche, zwar ein ausgesprochener Bankenfreund; aber das muss nichts heißen, schließlich steht der Brite gerade deshalb unter verschärfter Beobachtung.
Auch in der Deutschen Bank Chart zeigen geht man davon aus, dass die Debatte wieder hochkocht und der Konzern darauf vorbereitet sein muss.
Ganz zu schweigen davon, dass der Druck vieler Aktionäre steigt, die angesichts der niederschmetternden Entwicklung ihres Investments davon überzeugt sind, dass die Einzelteile der Bank mehr wert sind als der Konzern als Ganzes in seiner gegenwärtigen Aufstellung. Rückenwind kriegen sie von den Goldman-Sachs-Analysten. Die raten dem Konkurrenten JP Morgan Chase, dessen Universalbank-Geschäftsmodell fast identisch ist mit dem der Deutschen Bank, zur Aufspaltung.
Folgen hätte das Modell vor allem für das Investmentbanking der Deutschen Bank. Die Refinanzierung von CB&S über den Verkauf von Anleihen würde sich drastisch verteuern, aus zwei Gründen: Einerseits könnte die Kapitalmarktsparte nicht mehr auf die Spareinlagen der PBC-Kunden zurückgreifen (auf die der Postbank-Kunden haben sie bereits jetzt schon keinen Zugriff).
Andererseits könnte sie den "too big to fail"-Bonus verlieren: Wenn keine Spareinlagen mehr gefährdet wären, dürfte eine eigenständige Investmentbanksparte im Ernstfall kaum von der Bundesregierung aufgefangen werden. Oder anders ausgedrückt: Je kleiner der Deutschlandbezug, desto geringer die Neigung der Politik, in die Bresche zu springen. All das zusammen belastet das Rating und verteuert die Geldbeschaffung.
Sicher ist bislang vor allem eines: dass es so wie bisher nicht weitergehen kann und wird. Dafür ist der Konzern zu weit entfernt von seinen Zielen. "Mit einem weiteren Sparpaket ist es nicht getan. Der Wunsch, fast schon die Sehnsucht nach einem radikalen Cut mit dem Status quo, geht quer durch alle Bereiche und Hierarchie-Ebenen", sagt ein Bank-Insider.
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