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Der Conister-Grossaktionär ESS (ein börsennotierter Fonds) hatte sein Depot mit den Fondspositionen bei Kauphting in Island. Heute kam von ESS die Meldung, dass die dort gehaltenen Aktien "verschwunden" sind. Eventuell wurden sie verkauft. Jedenfalls weiss es der Fonds im Moment nicht. Kauphting hätte die Aktien gar nicht verkaufen dürfen, weil das Sondervermögen ist und dem Fonds gehört (nicht der Bank). Das wäre also kriminell. ESS sagt, die Sache werde gerade untersucht... Deshalb aber wohl die Kursschwäche bei Conister!
bei Conister macht derzeit wohl der Kursverfall die Nachrichten, anstatt umgedreht. Schuld daran ist sicher auch (vielleicht sogar: vor allem) die schlechte Informationspolitik des Unternehmens. Ich habe mich deshalb heute mal hingesetzt und mir die ganzen Meldungen näher angeschaut und darauf basierend versucht, die jüngsten Vorgänge verständlich darzustellen. Im Mittelpunkt steht dabei (natürlich) der CFG-Grossaktionär ESS Equity Special Situations Fund, ein in London börsennotierter Fonds. Dieser hält 19,9% Anteil an Conister. Conister wiederum hält 18,6% Anteil an ESS. Wie kam es dazu? Und wieso wirkte sich diese Verbindung zuletzt so negativ aus? Und, zu guter Letzt, ist das wirklich alles so negativ, wie es der Markt derzeit interpretiert? Oder hat der Markt vielleicht mangelndes Verständnis dieser Hintergründe (weil die Meldungen kompliziert und die Informationspolitik nicht die Klarste ist) ? Vielleicht fangen wir so an: 1) Conister hat das alte Einlagengeschäft (das "Urgeschäft" der 1935 gegründeten Bank, lokale Sparer) 2) Conister hat relativ hohe Barreserven (bankeigenes Geld!) 3) Conister hat die Beteiligung an Transend, der Tochter für die Herausgabe von Prepaidkarten Weil 1) und 2) zusammen genommen eine sehr solide Bank ergeben und 3) ein potentialstarkes Geschäft mit überschaubaren Anlaufkosten ist, war die Idee bei Conister: Nach unten ist das recht gut abgesichert, nach oben besteht viel Luft. Wieso dann jetzt ein Kursverfall, der die Aktie wie einen Pleitekandidaten aussehen lässt? Die Antwort muss ganz klar auf ESS abzielen, denn ESS wurde in den Strudel der isländischen Bankenpleiten gerissen - was sich dann in Wellenwirkungen bis zu Conister niederschlug. Wie kam es dazu, und um was geht es genau? Dem besseren Verständnis wegen muss die Betrachtung bei Transend losgehen. Wir wissen heute, dass die Erwartungen an das Prepaidkartengeschäft bislang nicht ausreichend erfüllt wurden. Transend hat zwar diverse Achtungserfolge erzielt, per saldo aber wurden die Absatzplanungen verfehlt und der Aufbau dieser Sparte erwies sich als langwieriger und kostspieliger, als gedacht. Besagter börsennotierter Fonds ESS war wiederum an einer Reihe von Finanzdienstleistern beteiligt, darunter auch eine Gesellschaft namens Altair, die ebenfalls im Prepaidkartensektor arbeitet. Altair war in diesem Bereich operativ schon weiter, allerdings fehlte dem Unternehmen eine Banklizenz (um alle Wertschöpfungsstufen abdecken zu können) und die in dieser Branche so begehrte e-money Lizenz (mittels derer Prepaidkarten mit e-wallets und anderen Online-Dienstleistungen verbunden werden können). Überhaupt hatte ESS "entwicklungsfähige" Beteiligungen im Finanzbereich, u.a. Syndicate Asset Management, eine akquisitionshungrige Gesellschaft im Bereich Vermögensverwaltungen. Da Conister auch den Bereich Vermögensverwaltung entwickeln wollte, sah man wohl diverse Anknüpfungspunkte (tendenziell wahrscheinlich noch mehr, als wir von Aussen sehen können). CFG dachte sich dann: "Wenn wir uns operativ mit einigen Beteiligungsgesellschaften von ESS zusammentun, können wir uns auch gleich an ESS beteiligen. Dann bringen wir unser eigenes operatives Geschäft nach vorne UND können auch am wirtschaftlichen Erfolg unserer Kooperationspartner mitverdienen." In Baissezeiten mag man solche Klumpenrisiken zynisch sehen. Zu damaligen sah der Markt dies jedoch alles noch anders. CFG beteiligt sich dann in 2 Stufen mit 18,6% an ESS (per Kapitalerhöhungen, die im Juni und Anfang September stattfanden). Bei beiden Kapitalerhöhungen gab CFG junge Aktien aus, die bei ESS landeten. ESS wiederum gab Aktien aus, die bei CFG landeten. So kam es zu einer Überkreuzbeteiligung. Ende September wurde dann eine weitere Transaktion durchgeführt: Ein 51%iger Anteil an Transend wurde an ESS (41%) und die ESS-Beteiligungsgesellschaft Altair (10%) verkauft. Die Bezahlung für diesen Deal wurde in den Verträgen (so steht's in der damaligen Meldung) vom Erreichen bestimmter operativer Ziele abhängig gemacht. Diese Klausel, so würde ich mutmassen, zeigt deutlich: CFG wollte Transend eher "loswerden", und deshalb schluckte CFG die Klausel, dass die für die Bezahlung des Geschäfts fälligen ESS- und Altair-Aktien erst herüberwachsen würden, wenn Transend gewisse operative Ziele erreicht. Eventuell gab es noch steuerliche / operative Gründe für dieses Vorgehen (darüber kann ich nur spekulieren, wundern würde es mich aber nicht). Jedenfalls bekamen ESS und Altair die Transend-Anteile, die im Gegenzug fälligen ESS- und Altair-Anteile (oder der wahlweise von beiden Unternehmen zu bezahlende Cash-Kaufpreis) sollte jedoch erst nach einiger Zeit und in Abhängigkeit von bestimmten operativen Zielen gezahlt werden. Das mittlerweile eingetretene Problem: ESS befand sich zu 21% im Besitz eines isländischen Aktionärs, dessen Vermögen offenbar zwangsliquidiert wird. Gleichzeitig befand sich das Aktiendepot von ESS bei einer isländischen Bank, die wiederum unter Zwangsverwaltung gestellt wurde. Den letzten Meldungen von ESS zufolge scheint es, als haben sich die Konkursverwalter der isländischen Bank illegal des Fondsvermögens von ESS bemächtigt (was natürlich nicht geht, denn das ist Fondssondervermögen und nicht Teil der Konkursmasse der Bank) um anschliessend munter die "geklauten" Aktien über die Börse zu verkaufen. Da wäre dann auch CFG direkt betroffen, denn dann würde auch der von ESS gehaltene Anteil an CFG über die Börse verscherbelt. Und alleine die Angst, dass so etwas passieren könnte (obwohl ESS mittlerweile natürlich gerichtlich gegen den Vermögensklau durch die Isländer vorgeht), führte bei CFG zu einem Kurssturz. CFG hat der damaligen Meldung zufolge aus diesem Geschäft bislang weder ESS- noch Altair-Aktien bekommen. Ich kenne die Verträge nicht, würde aber mutmassen, dass sich über diese Regelung nunmehr eine ideale Einflugschneise für die Anwälte von CFG findet, um das ganze Geschäft wieder zurückzudrehen. Dann erhielte CFG die 51% an Transend zurück. Und dieser Teil des Geschäfts hätte "nur" Arbeit und Anwaltskosten verursacht. Die beiden früheren Kapitalerhöhungen, bei denen CFG die 18,6% Aktienanteil an ESS übernahm, werden jedoch bei CFG mit aller Wahrscheinlich zu einem echten Vermögensschaden führen. Dieser ist jedoch sehr stark auf "Verwässerung" beschränkt, nicht auf ein Verheizen der Barmittel von Conister. Denn mit Ausnahme eines kleinen Teilbeitrags von 0,3 Mio Pfund hatte CFG für diese 18,6% Anteil mit neu ausgegebenen CFG-Aktien gezahlt (ausgegeben zu einem Kurs von 73p bzw. 74p). Man könnte jetzt sagen, dass der Worst Case darin besteht: 1) ESS sieht von den geklauten Vermögenswerten nie wieder etwas wieder, und alle ESS Aktien sind wertlos. 2) Die geklauten CFG-Aktien werden über die Börse verschachert, weil es niemand schafft, den isländischen Konkursverwaltern Einhalt zu gebieten. Dann ergibt sich daraus der folgende Schaden: 1) Bei Conister kam es zu einer Verwässerung der Altaktionäre um rund 20%. 2) Der CFG-Kurs wird so lange weiter plumpsen, bis sich jemand erbarmt und eine Geldorder über 19,9% des CFG-Aktienkapitals in den Markt legt. Was man schon heute mit Sicherheit sagen kann: 1) Weil CFG letztlich nur 0,3 Mio Pfund Bargeld in den ESS Deal gesteckt hat, besteht keine Gefahr für die Barreserven / das Banken-Kernkapital von Conister. Jedwedes Aufregen in Stile von "Ist der Laden pleite?" geht total an den Fakten vorbei. 2) Die nicht börsennotierten und somit kaum fungiblen Transend-Aktien, die bei ESS liegen (und die im Zweifelsfall auch in Island unter die Räuber kamen), können relativ einfach (per öffentlichem Aufruf) für unwirksam erklärt werden. Wenn die Anwälte von CFG bei der Rückabwicklung des Deals wie zu erwarten erfolgreich sind, kommen mindestens 41% der Transend-Anteile (eventuell auch die 10% die von Altair gehalten werden) wieder zu CFG zurück. Zusätzlich: 3) Die britische Regierung ist ja sichtlich bemüht, den Problemfall mit den Isländern zu lösen. Wenn man mal davon ausgeht, dass zumindest ein Teil des ESS-Vermögens aus den Klauen der isländischen Konkursverwalter gerettet werden kann, dann ist die Verwässerung für CFG-Aktionäre weniger als 20%. Werden alle von ESS gehaltenen Vermögenswerte zurückgebracht (wovon eigentlich auszugehen ist), dann sind diese natürlich im Zuge der Baisse im Wert gefallen. Aber die Verwässerung dürfte am Ende eher um die 10% liegen, so mein Tipp. Ich würde also als Zusammenfassung sagen: - Im worst-case wurden die Conister-Aktionäre um 20% verwässert. Falls ESS mehr als Null wert ist, liegt die Verwässerung niedriger. Wahrscheinlich reden wir um plus/minus 10% Verwässerung, die sich aus diesem fehlgeschlagenen Deal ergeben. - Transend gehört bald wieder zu 90% oder sogar zu 100% zu CFG. Dann muss CFG erneut nach jemandem suchen, der diese Tochter operativ mit vorwärts bringen kann. - Für die Barreserven von Conister besteht keine Gefahr, mit Ausnahme einer winzigen Summe von 0,3 Mio Pfund und den jetzt fälligen Anwaltskosten für die Rückabwicklung dieser Transaktion. - Vermutlich besteht gerade bei verschiedenen Leuten ein Interesse an einem eher niedrigen Kurs, um einen grossen Block Aktien billig aufnehmen zu können. Eine Begebenheit am Rande: Vermutlich gibt es für diesen grossen Anteil noch weniger Käufer, als es derzeit wegen der Börsenlage eh schon gäbe. Denn ein Käufer von mehr als 10% muss wegen des Bankenstatus der Gesellschaft erst durch die Bankenkommission der Isle of Man zugelassen werden muss! Damit grenzt sich das Interessentenfeld für dieses Aktienpaket - so es denn wirklich auf den Markt kommt - sehr stark ein. Ich will ja keineswegs schlechte Deals verteidigen, und dieser Deal mit ESS ging einfach schief. Die Öffentlichkeitsarbeit von CFG ist mies. Aber von einer existenzbedrohenden Krise, wie es der Kurs derzeit suggeriert, kann keine Rede sein. Ich würde als Fazit mal mutmassen: Da wird irgendjemand abgekocht und/oder es wird der Boden für Pakettransaktionen bereitet. Denn nur damit lässt sich diese unglückliche ESS-Transaktion (wer hätte mit diesen isländischen Bankenpleiten gerechnet UND dann noch den Diebstahl durch die isländischen Konkursverwalter erwartet?) möglichst schnell in die Vergangenheit verbannen. |