06. Januar 2021 https://www.nachdenkseiten.de/?p=68546 Peter Ford britischer Exbotschafter in Syrien im Interview Syrien und seine Verbündeten haben einen Regime Change verhindert, doch die USA und ihre Verbündeten quetschen die syrische Bevölkerung weiter aus – mittels harscher Sanktionen, die alle Bereiche des Lebens treffen, und durch die US-Militärbesatzung von Syriens Brotkammer im Nord-Osten. Peter Ford, früherer britischer Botschafter in Syrien und Co-Vorsitzender der „British Syrian Society“, analysiert den Stellvertreterkrieg in Syrien und den Propaganda-Feldzug, mit dem man ihn reinwaschen will. Die NachDenkSeiten veröffentlichen hier ein Interview, das Aaron Maté vom Medium „The Grayzone“ mit Peter Ford geführt hat. Übersetzung: Susanne Hofmann.
Peter Ford: "Nun ja, die Situation ist seit einem Jahr nahezu unverändert. Seit die syrischen Regierungstruppen einen Streifen des südlichen Idlib im März zurückerobert haben, herrscht praktisch ein Patt.Zu jenem Zeitpunkt hat die türkische Armee massiv eingegriffen und die Kriegshandlungen praktisch beendet. Heute kontrollieren die Truppen der syrischen Regierung rund 70 Prozent des Landes. Daneben gibt es die widerständigen dschihadistischen Kämpfer, die die Provinz Idlib und einige Gebiete in den Nachbarprovinzen kontrollieren, und dann haben wir das große Land-Dreieck – das ich den Wilden Osten Syriens nenne – Tausend Meilen entlang der türkischen Grenze und dann südlich entlang der Grenze zum Irak. Und dieses Gebiet ist praktisch ein US-Protektorat. Dort sind US-Truppen, die von kurdischen Milizen, den sogenannten syrischen demokratischen Kräften, unterstützt werden. Und durch ihre bloße Anwesenheit verhindern sie das Vorrücken der syrischen Regierungsstreitkräfte. Die Folge ist, dass das syrische Volk keinen Zugang zu den großen Ölreserven und der Kornkammer in dieser Region bekommt. Insofern ist der Krieg im vergangenen Jahr eher ein Wirtschaftskrieg denn ein militärischer Krieg gewesen."
AARON MATÉ: Der bisherige US-Vertreter der Anti-IS-Koalition, der Gesandte James Jeffrey, hat kürzlich eine Reihe von Interviews gegeben, in denen er die aktuelle US-Strategie für Syrien recht offengelegt hat. Er sagt: „Es geht im Grunde in erster Linie darum, der Assad-Regierung den militärischen Sieg zu verweigern… Und natürlich haben wir Assads Isolation und den Sanktionsdruck verschärft, wir haben darauf bestanden, dass Syrien keine Hilfe beim Wiederaufbau bekommt, die das Land unbedingt braucht. Sie sehen ja, was mit dem syrischen Pfund passiert ist, was mit der gesamten Wirtschaft passiert ist. Es war also eine sehr effektive Strategie.” PETER FORD: Das ist moralisch absolut verkommen. Total erschütternd. Ein Geständnis, dass es die US-Strategie war, das syrische Volk zu bestrafen, weil man hoffte, so an Assad ranzukommen. Die Politik ist insofern effektiv, als das syrische Volk darunter jeden Tag leidet. Die Menschen müssen sich lange anstellen, um Brot oder Benzin zu bekommen. Die Sanktionspolitik und die Verweigerung von Wiederaufbauhilfe erweist sich als effektiv, aber was ist das bitteschön für eine Politik, die versucht, ein ganzes Land ins Elend zu stoßen? ..... |