Wall Street: Viele E-Commerce-Aktien bröckeln
HANDELSBLATT, Sonntag, 09. Januar 2000
hus/wsje NEW YORK. An der technologielastigen Nasdaq-Börse verlieren viele Internetaktien bereits seit Wochen an Wert. Besonders bei den Aktien junger Internet-Einzelhändler scheint bereits ein Ausleseprozess im Gange. Die Anleger verlieren offenbar die Geduld, wenn sich keine Gewinne abzeichnen. Die Wall Street wartet jetzt gespannt auf die Ergebnisse aus dem Weihnachtsgeschäft.
Zwar hat der Internet-Index von Dow Jones 1999 mit einer Zunahme von 168 % alle anderen Börsen-Indizes der Wall Street geschlagen. Aber der spezifischere Index für die Einzelhändler im Netz habe seit 13.12. bereits rund 12 % verloren, berichtet das „Wall Street Journal". Wenn man die von Spekulanten begünstigten Börsenneulinge außer Acht lässt, haben sogar 30 % der entsprechenden Firmen seit November an Wert verloren. Das berichtet der Informationsdienst CommScan. „Sie können nicht mehr einfach nur ein 'Punkt Com' an Ihren Firmennamen setzten und Geld einstreichen", sagt der für globalen Handel zuständige Stratege der Deutschen Bank, Laszlo Birinyi.
So hatte sich die Aktie des Internet-Versandhändlers Value America an ihrem ersten Handelstag von 23 $ auf 74 $ verbessert, zum Jahresende war sie nur noch 5 $ wert. Es war nämlich bekannt geworden, dass das Unternehmen fast die Hälfte seiner Mitarbeiter entlassen muss. Auch für den Spielzeugversender E-Toys endete das Jahr enttäuschend: Mit einem Kurs von 26,25 $ lag E-Toys nach einem Höhenflug bis zu 86 $ nur wenig über dem Ausgabekurs von 20 $. Selbst das als erstklassig geltende Papier von AOL hat seit seinem Jahreshoch von knapp 96 $ am 13. Dezember mehr als 10 % abgegeben. Über das größte Online-Service-Unternehmen der USA wurden dabei 60 % aller Internet-Weihnachtseinkäufe getätigt. Doch die Gewinne von AOL fielen bisher mager aus und das Unternehmen hat noch keine Dividende ausgeschüttet.
Die virtuellen Einzelhändler zeigen größere Schwächen als Unternehmen im Firmenkundengeschäft. Zum einen wird vermutet, dass ein Konjunktureinbruch die konsumabhängigen Unternehmen stärker treffen würde. Zudem wird den Internet-Unternehmen, die vornehmlich Firmenkunden haben, ein höherer Nutzeffekt zugeschrieben. „Die Geschäfte der Firmen untereinander wurden bisher weniger effektiv abgewickelt. Hier ist noch ein größerer Profit zu erzielen", glaubt der Geschäftsführer Michael Yagemann des Investmenthauses Michael Yagemann & Co. LLC.
Manche Investoren stört auch der Umfang, in dem die jungen Internet-Unternehmen Aktien-Optionen und neue Aktien ausgeben. |