Die Krones-Aktie hat im frühen Handel 1,9 Prozent an Wert verloren. Grund ist weiterhin die Entscheidung zum Rauswurf aus dem MDAX. "Warum hat die Börse da Krones nicht vorgewarnt?", fragte sich ein Frankfurter Börsianer. Krones zeigte sich am Mittwoch überrascht, dass die Ernennung eines früheren Finanzchefs zum Vorsitzenden der Prüfungskommission für den Corporate Governance Codex den Anforderungen der Index-Gesellschaft Qontigo nicht genügt hat.
"Sicherlich kann Krones das Problem schnell lösen", so ein anderer Marktteilnehmer. Qontigo könnte die Entscheidung aber wohl nicht rückgängig machen, denn dann würden United Internet nicht in den MDAX aufsteigen und Ionos nicht in den SDAX.
Es ist definitiv die Hammer-Gnadenlos-Entscheidung der jüngsten Index-Revision der Deutschen Börse AG: Die Aktie von Krones wird nicht nur aus dem MDAX verbannt, sondern fliegt gleich komplett aus der Indexwelt der Deutschen Börse. Dabei war das MDAX-Gründungsmitglied von 1994 erst im Juni 2023 – nach einem dreijährigen Gastspiel im SDAX – zurück in den Midcap-Index befördert worden. Angesichts eines auf den Streubesitz entfallenden Börsenwerts von rund 1,5 Mrd. Euro dachten wohl nicht wenige Investoren an ein Versehen der Deutschen Börse bzw. von Qontigo. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Eschborn und weiteren Standorten wie etwa Zug, wurde 2019 durch Zusammenschluss von STOXX, DAX und Axioma gegründet, gehört zur Familie der Deutsche Börse AG und bestimmt seit einiger Zeit formal die Auf- und Absteiger des DAX-Index-Universums.
Fingerspitzengefühl gibt es seitdem nicht mehr, alles läuft nach einem formalisierten Prozess. Das kann dazu führen, dass die Software AG mitten im Übernahmeprozesse vom SDAX in den MDAX gehievt wurde, um sie dann wenig später wieder komplett zu streichen. Oder auch zur zwischenzeitlichen Verbannung eines Index-Urgesteins wie dem Biotech-Unternehmen Evotec, weil dieser nach einem Cyber-Angriff die Veröffentlichung seiner Berichte zeitlich verschieben musste. Was also haben die Indexhüter bei dem so traditionsreichen Spezialmaschinenbauer Krones zu monieren? Technisch gesehen geht es um den Punkt C.10 des Deutschen Corporate Governance Kodex. Dort heißt es: „Der Aufsichtsratsvorsitzende, der Vorsitzende des Prüfungsausschusses sowie der Vorsitzende des mit der Vorstandsvergütung befassten Ausschusses sollen unabhängig von der Gesellschaft und vom Vorstand sein. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses soll zudem auch unabhängig vom kontrollierenden Aktionär sein.“
Ein Punkt, gegen den Krones offenbar durchaus bewusst verstoßen hat, als sie auf der Hauptversammlung am 23. Mai 2023 den zuvor bis Ende 2022 als Finanzvorstand von Krones amtierenden Norbert Broger direkt in den Aufsichtsrat berufen haben. Immerhin heißt es in der HV-Einladung auf Seite 31 mit Blick auf die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK): „Herr Broger ist nach Einschätzung des Aufsichtsrats daher als nicht unabhängig einzustufen.“ Das eigentliche Ausschlusskriterium ist jedoch, dass Norbert Broger am 23. Mai 2023 auch zum Vorsitzenden des Prüfungsausschusses von Krones gewählt wurde. Dieser Ausschuss wurde vom Gesetzgeber Mitte 2021 eingeführt – und zwar als eine Konsequenz des Wirecard-Skandals. Demnach soll sich dieses Gremium explizit um neuralgische Themen wie Rechnungslegung, interne Revision oder auch die Abschlussprüfung kümmern.
Fachlich wäre Norbert Broger als ehemaliger CFO für den Posten auch prädestiniert – aber eben nicht bei Krones, da es hier zu Interessenskonflikten kommen kann. Entsprechend drastisch sind die Konsequenzen der Deutsche Börse: Wer gegen den Punkt verstößt, verletzt die Kriterien für eine Indexaufnahme. Viel spricht dafür, dass Krones damals nicht überrissen hat, wie weit die Konsequenzen der Nominierung von Norbert Broger als Vorsitzenden des Prüfungsausschusses reichen – nämlich zum Ausschluss aus der Indexlandschaft. Das ist nicht gut, so sehr man den Rauswurf von Krones inhaltlich auch für eine völlige Fehlentscheidung halten mag. Dabei ist bekannt, wie wichtig der MDAX-Platz aus Investor Relations-Aspekten für Krones ist. Insofern kann man beinahe davon ausgehen, dass in der Konzernzentrale in Neutraubling mächtig Alarm ist und wohl alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um den Missstand so schnell es geht zu beheben. Daher hat das Unternehmen in Reaktion auf die Entscheidung des Aktienindex-Betreibers nun Maßnahmen angekündigt, um den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex erneut in vollem Umfang gerecht zu werden. Wenn diese Anpassungen vorgenommen sind, könnte Krones bei der nächsten Überprüfung am 5. Dezember 2023 erneut für eine Aufnahme in die DAX-Indexfamilie in Betracht gezogen - dann könnte möglicherweise der SDAX neue „Heimat“ der Krones-Aktie werden.
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