Unter Führung der UBS Investment Bank sollen die Aktien des Stahl- und Metallhändlers am 28. Juni, dem Tag des 100-jährigen Firmenjubiläums, im Amtlichen Markt platziert werden. Der Emissionspreisabschlag ist ungewöhnlich hoch gewählt.
Abgaben überwiegen Rund 100 Mio. Euro werden dem Unternehmen durch den Börsengang direkt zufließen. Der Löwenanteil der angebotenen Aktien stammt allerdings aus dem Eigentum von Lindsay Goldberg & Bessemer (LGB). Der Private Equity-Investor hatte die Anteile erst im März 2005 übernommen und möchte nun die erste Ernte einfahren, wobei er nach dem IPO allerdings immer noch mit rund 50 % am Börsenneuling beteiligt sein wird. Voraussichtliches Ende der Zeichnungsfrist ist der 27. Juni. Das Emissionsvolumen liegt bei maximal 333 Mio. Euro rund ein Drittel unter den ursprünglichen Planungen. LGB habe derartige Abstriche hingenommen, um den Börsengang von Klöckner & Co. auf jeden Fall über die Bühne zu bringen. Zumal LGB noch einen anderen Kandidaten, Wacker Construction, in Kürze an die Börse führen und daher ihre Karten offensichtlich nicht überreizen möchte.
Buying large, selling small Gemessen am Umsatz handelt es sich bei Klöckner um den größten produzentenunabhängigen Stahl- und Metalldistributeur im Gesamtmarkt Europa und Nordamerika. Dabei sieht sich das Unternehmen weniger als Stahlhändler, denn als Distributionsspezialist, der seinen Kunden über die Beschaffung der gesamten Palette metallischer Produkte weitere Serviceleistungen offeriert. So bietet die Gesellschaft neben der technischen- sowie der Produktberatung auch die Einlagerung von Materialien und Produkten an. Bei Bedarf werden zudem verschiedene Anarbeitungs- und Veredelungsdienstleistungen erbracht. Das spekulative Stahltrading gehört dagegen nicht zu den Geschäftsaktivitäten des Börsenneulings. Bei einem durchschnittlichen Rechnungsvolumen von 2.000 Euro weist Klöckner mit rund 200.000 aktiven Kunden, die überwiegend aus der Bauindustrie und dem Maschinenbau kommen, ein überaus diversifiziertes Kundenportfolio ohne besondere Abhängigkeit von einzelnen Großabnehmern auf.
Volatile Erträge Bei einem Umsatzvolumen von knapp 5 Mrd. Euro (Vj.: 4,82 Mrd. Euro) erwirtschaftete Klöckner in 2005 einen Jahresüberschuss von 132 Mio. Euro, was im Vergleich zum Vorjahr einem Rückgang von 6 % entspricht. Noch stärker gingen das EBITDA (-9 %) und das um außerordentliche Einflüsse bereinigte EBITDA zurück. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese beiden Ertragszahlen in erheblichem Maße von Preisveränderungen der gehandelten Rohstoffe beeinflusst werden. Auch wenn Klöckner nicht gezielt auf steigende oder fallende Stahlpreise spekuliert, unterliegen die Lagerbestände, die im Schnitt alle 60 Tage umgeschlagen werden und Ende März einen Wert von 741 Mio. Euro darstellten, doch gewissen Preisschwankungen. Je nach Richtung entstehen dadurch Windfall Profits (wie insbesondere 2004) oder Losses. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum konnten die Umsätze im 1. Quartal des laufenden Geschäftsjahres um 9,6 % auf 1,32 Mrd. Euro gesteigert werden.
Optimierung durch „Star-Initiative“ Zur Reduzierung der Ertragsvolatilität, aber natürlich auch zur Erhöhung der Profitabilität, hat das Management unter dem Namen „Star“ Mitte 2005 ein umfangreiches Optimierungsprogramm aufgelegt. Nach Einschätzung der Geschäftsleitung wird die erfolgreiche Umsetzung, die bis Ende 2007 erfolgen soll, positive Auswirkungen auf das EBITDA von jährlich 40 bis 60 Mio. Euro haben. Kernpunkte sind dabei die weitere Bündelung des Einkaufes sowie Verbesserungen bei der Distribution und dem Bestandsmanagement. Zudem sind die Konsolidierung von Standorten und der Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen vorgesehen. Hieraus wurden im ersten Quartal bereits 20 Mio. Euro an Mittelzuflüssen generiert, für das Gesamtjahr wird das Sechsfache dieses Betrags angepeilt.
Erwartungen massiv reduziert Unter Berücksichtigung der Star-Initiative sowie durchschnittlicher Umsatzzuwächsen von ca. 5 % jährlich prognostizieren die Analysten der Deutschen Bank für das laufende und das kommende Geschäftsjahr ein adjustiertes EBITDA von 271 bzw. 305 Mio. Euro. Während US-amerikanische Stahldistributoren derzeit mit einem EV/EBITDA-Verhältnis von 6,4 (2007e) bewertet werden, beträgt das entsprechende Multiple bei europäischen Industriedistributoren aktuell ca. 7,4. Mit dem gewählten Emissionsdiscount wird Klöckner mit einer MarketCap von maximal 837 Mio. Euro bewertet, also dem gerade einmal Dreifachen des adjustierten 2006er EBITDAs. Inklusive langfristiger Verbindlichkeiten von rund 870 Mio. Euro liegt der Enterprise Value bei maximal 1,7 Mrd. Euro. Dem Vernehmen nach wollten die Konsortialbanken den Börsengang durch diesen außergewöhnlich hohen Bewertungsabschlag retten, anstatt ihn wie andere Kandidaten verschieben/absagen (ItN Nanovation) bzw. die Parameter später ohnehin abändern zu müssen (wie bei Demag Cranes).
Risiken unbedingt beachten Etwas intensiver als bei manch anderem Wert sollte der Blick auf mögliche Risiken ausfallen. So ist das Geschäft des Börsenneulings von hoher Konkurrenz sowie einer starken Zyklik geprägt. Selbst kleinere Stahlpreisveränderungen können nachhaltig auf die Quartalsergebnisse durchschlagen. Auch wenn die Verschuldung laut Finanzvorstand Gisbert Rühl „kein Thema“ sei, ist diese als Risikofaktor, „durch den die Geschäftstätigkeit und Handlungsfähigkeit der Gesellschaft beeinträchtigt werden könnten“, im Emissionsprospekt explizit genannt. So betrug die Eigenkapitalquote Ende März weniger als 15%. Zwar hat sich dieser Wert durch ein inzwischen in Eigenkapital umgewandeltes Gesellschafterdarlehen auf über 20% erhöht, die Mittel aus dem Börsengang, die zur teilweisen Ablösung einer mit 10,5% verzinsten Hochzinsanleihe dienen sollen, sind – schon allein unter diesem Aspekt – aber zweifellos sehr willkommen. Ebenfalls im Prospekt aufgeführte Risiken aus einem Rechtsstreit im Zusammenhang mit der früheren Beteiligung der Balli Gruppe an der ehemaligen Klöckner & Co. AG betreffen aus Sicht des Managements dagegen lediglich die Altaktionäre, nicht jedoch die Gesellschaft selbst.
Fazit Bei der gut positionierten Klöckner & Co. handelt es sich um einen interessanten Wert mit moderaten Wachstumsaussichten. So soll das organische Wachstum jährlich bei 2 bis 2,5 % liegen und noch einmal derselbe Wert durch kleinere Übernahmen, von denen allein im letzten Jahr vier realisiert wurden, hinzukommen. Aufgrund der nicht zu vernachlässigenden Unsicherheiten sowie der zu erwartenden hohen Volatilität ist die Aktie trotz des außergewöhnlich hoch gewählten Bewertungsabschlags zur Emission nur für risikobewusste Investoren geeignet. Die niedrige Bewertung sollte langfristig aber eine gute Ausgangsbasis für eine positive Kursentwicklung bilden.
Dr. Martin Ahlers, Falko Bozicevic
Klöckner & Co. AG – Emissionsparameter
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