In der Zone haben sie wieder den Sozialismus

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neuester Beitrag: 21.12.06 23:53
eröffnet am: 21.12.06 22:26 von: Karlchen_II Anzahl Beiträge: 6
neuester Beitrag: 21.12.06 23:53 von: johannah Leser gesamt: 1225
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21.12.06 22:26
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12175 Postings, 8413 Tage Karlchen_IIIn der Zone haben sie wieder den Sozialismus

eingeführt:


Vielleicht muss diese Geschichte mit einer Treppe beginnen. Sie schraubt sich hinauf zum Turm der Stadtkirche von Bad Schmiedeberg. Es sind genau 187 Stufen, Heinz Stegert hat sie alle gezählt. Er steigt diese Treppe mehrere Male am Tag hoch. Er ist 53, ein wortkarger Mann mit zwei Händen, die es gewohnt sind, zuzupacken. Aber das Treppensteigen fällt ihm schwer. Er hat es mit der Bandscheibe. Er leidet unter Höhenangst. Doch er reißt sich zusammen. Vielleicht ist das seine letzte Chance.

Stegert steht auf dem Kirchturm und blickt auf seine Stadt hinab, mit einem Gesicht, das vor Kälte rot ist. Stegert ist Elektronikmeister, bis vor kurzem war er arbeitslos. Seit dem 1. Dezember jobbt er als Hausmeister in der evangelischen Kirchengemeinde. Als Erstes hat er einen Adventskranz auf dem Kirchturm installiert, vier Leuchten an jeder Ecke, in 64 Meter Höhe. Angeblich ist es Deutschlands höchster Adventskranz, aber der Grund, warum die ganze Republik derzeit auf den Ort schaut, ist ein anderer.

Als erste deutsche Stadt hat Bad Schmiedeberg Hartz IV abgeschafft – mit Ergebnissen, die wie ein Wunder wirken. Im September war jeder sechste Bewohner arbeitslos, die Quote lag bei 15,6 Prozent. Jetzt sind es noch 7,8 Prozent. Anfang nächsten Jahres soll sie weiter sinken, angepeilt werden drei Prozent. So haben sich das Reiner Haseloff und Rainer Bomba gedacht. Der eine ist in der CDU und Sachsen-Anhalts Minister für Wirtschaft und Soziales, der andere Regionaldirektor der Bundesagentur für Arbeit in Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Bad Schmiedeberg ist ein kleiner Kurort in der Dübener Heide nahe der Lutherstadt Wittenberg. Wer das Ortsschild passiert, rollt auf einer huckeligen Straße vorbei an einer Kleingartenanlage, die „Frohes Schaffen“ heißt, um diese Jahreszeit aber ausgestorben wirkt. Eine Kirche, 4200 Bewohner. Die Straßen sind nahezu besenrein. Hinter jeder Ecke trifft man Menschen, mit orangefarbenen Westen über den Parkas.

Gerhard Bauermeister, genannt „Gockel“, wird das unheimlich. Bis vor kurzem traf sich an seinem Grillhähnchen-Imbiss vor dem Rathaus eine Clique von Hartz-IV-Empfängern. Jetzt bleibt „Gockel“ auf seinem Geflügel sitzen. „Meine Kunden“, seufzt der 56-Jährige, „sind alle im Forst.“

Rainer Bomba, dunkler Anzug, rote Krawatte, schwere Armbanduhr, dicker Siegelring, sitzt im Ratssaal von Bad Schmiedeberg und erklärt, wie er die Arbeitslosenquote halbierte, ohne einen einzigen Investor in den Ort gelockt zu haben. Alles begann Anfang November. Da teilte die regionale Arbeitsagentur den 331 Erwerbslosen des Ortes mit, dass sie zum 1. Dezember einen Job bekämen.

Seitdem erledigen selbst schwer vermittelbare Hartz-IV-Empfänger Arbeiten, die sonst keiner machen will. Sie säubern städtische Grünanlagen, sie üben das Krippenspiel mit Kindern in der Kirche ein, sie lesen Altenheimbewohnern Geschichten vor, sie bringen den Fuhrpark der freiwilligen Feuerwehr in Schuss. Und sie bekommen dafür Geld – im Schnitt monatlich 825 Euro brutto.

Statt Wohnungszuschüsse, Eingliederungshilfen und Arbeitslosengeld II jeweils direkt an die Betroffenen auszuzahlen, fließt das Geld in eine kommunale Gesellschaft. Sie stellt die Erwerbslosen dafür an, „marktfern“, „wettbewerbsneutral“ und „sozialversicherungspflichtig“, sagt Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haselhoff. Seiner Idee hat er einen wohl klingenden Namen gegeben: Bürgerarbeit.

Bevor Haseloff Wirtschaftsminister wurde, leitete er zehn Jahre das Arbeitsamt Wittenberg. Er meint, dass die Krux darin bestehe, dass der Staat die Folgen von Arbeitslosigkeit lediglich lindere, anstatt selbst Arbeitsplätze zu schaffen.

Das klingt nach ABM-Maßnahme oder Ein-Euro-Job. Reiner Haseloff widerspricht. Er sagt, eine ABM-Maßnahme koste den Staat 30 Prozent mehr. Ihr Erfolg sei aber fragwürdig, wie eine Bilanz der Arbeitsmarktreformen gerade ergeben habe. In der Tat bekommen die Leute bei der Bürgerarbeit weniger als bei einer ABM-Stelle. Ausgeglichen wird das möglicherweise durch einen psychologischen Faktor: Im Gegensatz zu ABMlern und Ein-Euro-Jobbern zahlen Bürgerarbeiter ihre Sozialabgaben selbst.

Von der Bürgerarbeit profitierten trotzdem alle Beteiligten, verkündet Rainer Bomba im Rathaus. Bad Schmiedeberg, eine Stadt, in der die Pro-Kopf-Verschuldung mit 2600 Euro doppelt so hoch ist wie im bundesweiten Durchschnitt, bekomme saubere Straßen und Grünanlagen, glücklichere Altenheimbewohner und reparierte Löschfahrzeuge. Und die Bewohner hätten endlich wieder das Gefühl, gebraucht zu werden.

Vorerst jedenfalls. Der Laborversuch ist auf ein Jahr befristet. Er soll von einem unabhängigen Forschungsinstitut evaluiert werden. Die Wissenschaftler sollen herausfinden, wie wichtig Arbeit für das Wohlbefinden der Menschen ist. Und was das für die Demokratie bedeutet.

In Bad Schmiedeberg will der Minister beweisen, dass der Staat an seinen Arbeitslosen sparen und das zugleich als Wohltat deklarieren kann. Wenn die Rechnung aufgeht, soll das Modell Bad Schmiedeberg flächendeckend eingeführt werden. Sachsen-Anhalt will dann 2007 eine entsprechende Initiative im Bundesrat starten.

Christoph Krause, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde, sagt: „Mir wäre es peinlich, wenn ich einen Mann wie Heinz Stegert jahrelang unter diesen Voraussetzungen beschäftigen müsste. Der Mann hat zwei goldene Hände.“ Er würde eigentlich ein anständiges Gehalt verdienen. Doch das, muss der Pfarrer einräumen, könne ihm die Kirche nicht zahlen.

Im Landkreis Wittenberg kommen auf 300 offene Stellen 10 000 Bewerber. Darunter sind wohl auch jene acht Bad Schmiedeberger, die noch vor zwei Jahren als Angestellte der städtischen Gärtnerei öffentliche Grünanlagen in Schuss gehalten haben. Der Betrieb wurde geschlossen, die Arbeit erledigen jetzt Ein-Euro-Jobber.

Demnächst sollen die auch in das Programm „Bürgerarbeit“ aufgenommen werden. „Eine schöne Aussicht“, murrt eine 56 Jahre alte Ein-Euro-Jobberin, die vor dem Bahnhof die letzte Zigarettenkippe aufliest. Mit ihrem Job kommt sie auf 465 Euro im Monat, das Sozialamt zahlt zudem 300 Euro für die Miete. Macht unterm Strich 765 Euro. „Vom Bürgerlohn würden mir nur 600 Euro netto übrig bleiben“, rechnet die Frau vor. „Und davon müsste ich auch noch die Miete selber bezahlen.“

Rainer Bomba verkündet im Rathaus, die Bürgerarbeit solle Erwerbslose wieder motivieren, sich um einen Job in der freien Wirtschaft zu bewerben. Doch vielleicht liegt das Problem gar nicht an dieser Stelle. An Motivation scheint es den Menschen aus Bad Schmiedeberg nämlich gerade nicht zu mangeln.

Da ist Antje Litschewski, 28, gelernte Einzelhandelskauffrau im Zoohandel. 2001 wurde ihr Sohn geboren, seither hat sie keine feste Arbeit mehr und 20 Kilo zugenommen. Dabei, sagt sie, habe sie sich auch um Stellen beworben, die nicht ausgeschrieben worden seien. Eine Zeitlang hat sie beim Drogeriemarkt an der Kasse gejobbt, jetzt liest sie Alten und Dementen im örtlichen Seniorenheim Geschichten vor oder schmiert ihnen die Brote. Die Bürgerarbeit macht ihr Spaß, sie hofft, dass sie zum Sprungbrett für sie wird. Demnächst eröffnet ein neues Seniorenheim im Ort, dort will sie sich bewerben. Um einen regulären Job.

Heinz Stegert steigt die Treppe vom Kirchturm wieder herunter. Er sagt, der Job als Hausmeister sei wie ein Weihnachtsgeschenk gewesen. Er sei gerade dabei gewesen, seinen Hartz-IV-Antrag auszufüllen, als ihm das Angebot ins Haus geflattert sei. Stegert hat 30 Jahre lang als Elektronikmeister gearbeitet. Nichts fürchtet er mehr, als in eine Ecke mit jenen 30 Prozent aller Langzeitsarbeitslosen gestellt zu werden, von denen Reiner Haseloff sagt, sie müssten sich damit abfinden, dass sie nie wieder reguläre Arbeit finden. Dafür verzichtet Stegert auch auf Geld. Er sagt, in seinem Flur stapele sich schon wieder Baumaterial. Er sprühe vor Elan. „Meine Frau findet: Ich sei wieder ganz der alte.“
 

21.12.06 22:40
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204 Postings, 7110 Tage Dag99was verstehst Du unter Sozialismus ?

hier mal eine Erläuterung :


Der Sozialismus ist neben dem Liberalismus und dem Konservatismus eine der drei großen politischen Ideologien die sich im 19. Jahrhundert voll entfalteten. Die Trennung zwischen der Weltanschauung selbst, den theoretischen Grundlagen und der sozialen Bewegung ist gerade beim Sozialismus schwierig, da anfangs auch die sozialistischen Politiker sich um die Fortentwicklung der Theorie bemühten.

Sozialistische Positionen betonen besonders die Werte Gleichheit und Solidarität und befürworten mittels staatlicher Eingriffe in die Produktion und Verteilung von Gütern eine egalitärere Verteilung. Ursprünglich sahen die sozialistischen Vertreter dazu staatliche Lenkung von Produktionsmitteln als notwendig an.

In der Theorie des 'klassischen' Sozialismus wird die Auffassung vertreten, dass die Profitinteressen der Kapitaleigner die Produktion im Ergebnis nicht nach dem Bedarf der Gesellschaft ausrichten. Profitinteresse bringe privates Kapital dazu, sich in wenigen Händen zu konzentrieren. Diese Entwicklung führe zu einer finanziellen Oligarchie, deren Macht auch von einer demokratischen Gesellschaft immer weniger kontrolliert werden könne. Daraus wird in der Theorie des klassischen Sozialismus der Schluss gezogen, dass es notwendig sei, die Produktionsmittel mittels Vergesellschaftung oder Verstaatlichung (beispielsweise von Industrieunternehmen) der Verfügungsgewalt der Klasse der Kapitalisten zu entziehen.

Im Unterschied zum Liberalismus bezieht sich die sozialistische Theorie nicht allein auf Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz, sondern auf die materielle Gleichheit im Ergebnis (gleiche Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums), im Idealfall mit dem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft. Freiheit wird als Möglichkeit zur Emanzipation verstanden, die sich nur durch eine soziale Integration aller Menschen in die Gesellschaft erreichen lasse. Der Sozialtheoretiker Karl Marx ging davon aus, dass nach der Weltrevolution der Staatsapparat mit der Zeit überflüssig sein und absterben werde (ausführlicher erläutert in Lenins "Staat und Revolution"). Der Staat habe vorallem die Aufgabe, die erwirtschafteten Güter zum Wohle aller sozial gerecht zu verteilen.

Die Theorie des sozialistischen Anarchismus hingegen lehnt staatliche Strukturen als Herrschaftsinstrument ab. Der Anarchismus baut auf die freiwillige Verbindung der Individuen in Kollektiven, Räten und Kommunen, um dieselben Ziele zu erreichen. Insofern versucht der Anarchismus eine Synthese zwischen individueller Freiheit und kollektiver Verantwortung.

Eine explizit sozialistische Bewegung entwickelte sich erst in Folge von Aufklärung und industrieller Revolution zwischen Ende des 18. Jahrhunderts und Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie war eng verwoben mit der Entstehung der Arbeiterbewegung. Wie bei allen -ismen trat der Sozialismus historisch in vielfältigen Formen auf: Von den genossenschaftlichen Ideen der Frühsozialisten über die parteipolitische Organisation in sozialdemokratischen, sozialistischen und danach Kommunistischen Parteien, die im Verlauf des 20. Jahrhunderts oft unterschiedliche Ausprägungen annahmen, bis hin zu den verschiedenen Auslegungen des sozialistischen Anarchismus. Inwieweit die moderne Sozialdemokratie, die sich in einigen Staaten (Großbritannien, Deutschland u.a.) den Ideen des Neoliberalismus gegenüber geöffnet hat, noch als sozialistisch betrachtet werden kann, ist hingegen umstritten.

und nun ?
immer noch der Meinung der Sozialismus wird eingeführt  

21.12.06 22:43

534 Postings, 7891 Tage SchwedenkugelSozilalismus bedeutet nichts anderes als Rundumver

sorgung für alle auf niedrigem Niveau, unsere Politiker praktizieren das gerade, allerdings nicht auf dem genannten Niveau.  

21.12.06 22:54

12175 Postings, 8413 Tage Karlchen_IISo läuft das...

Darunter sind wohl auch jene acht Bad Schmiedeberger, die noch vor zwei Jahren als Angestellte der städtischen Gärtnerei öffentliche Grünanlagen in Schuss gehalten haben. Der Betrieb wurde geschlossen, die Arbeit erledigen jetzt Ein-Euro-Jobber.  

21.12.06 23:38

8051 Postings, 7733 Tage RigomaxPaß auf, daß Dir der Talisker nicht ein JIMPS

21.12.06 23:53

3491 Postings, 7028 Tage johannahDag99 in #2.

Der Sozialismus ist etwas, was keiner braucht und inh nur wenige, und zwar nur die von deiner Enstellung geprägten, verstehen glauben.

Im Übrigen ist dein Gesülze in Bezug auf "Sozialistische Positionen" ein selten dämliches Geschwätz.

MfG/Johannah  

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