Detroit (WB). Der Volkswagen-Konzern hat 2010 erstmals die Sieben-Millionen-Marke bei den Verkaufszahlen geknackt. Das Ziel, die Nummer eins in der Autobranche zu werden, rückt näher. Auf diesem Weg wird VW-Vorstandsvorsitzender Martin Winterkorn (63) das Unternehmen bis 2016 weiter führen. Mit Winterkorn sprach Redakteur Wolfgang Schäffer. Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zur Vertragsverlängerung bis Ende 2016. Mussten Sie überlegen, ja zu sagen? Winterkorn: Auf keinen Fall. Das Programm was wir angeschoben haben, das muss man einfach zu Ende bringen. Und sich jetzt zu drücken, das wäre einfach der falsche Zeitpunkt. Was hat Ihre Frau dazu gesagt, dass ihr Mann jetzt noch weitere fünf Jahre kaum zu Hause ist? Winterkorn (lacht): Da müssen sie sie schon selber fragen. Doch im Ernst: Meine Frau hat gesagt, wenn ich fit bin und mich dabei gut fühle, dann soll ich es tun. Das Jahr 2010 war für VW unglaublich erfolgreich. 7,14 Millionen Autos weltweit wurden verkauft. Ein Absatzplus von 13,5 Prozent. Was erwarten Sie von 2011 und den weiteren Jahren? Winterkorn: Ich denke, es wird noch ein wenig besser. Wir haben ja bekanntlich unseren Strategieplan 2018. Wachstum, Ergebnisverbesserung, Kundenzufriedenheit und zufriedene Mitarbeiter sind die Ziele, die wir uns gesteckt haben. Das Wachstumsziel ist dabei leichter zu erreichen als die Kundenzufriedenheit. Aber wir sind auf einem guten Weg und haben die Spitzenposition in der Automobilindustrie weiter fest im Visier. Dafür werden wir bis 2015 weltweit mehr als 50 Milliarden Euro investieren. Bisher war der VW-Konzern eher ein Jäger. Werden Sie aufgrund des ständig wachsenden Erfolgs zum Gejagten? Winterkorn: Wir schauen nicht nach hinten. Wir werden unsere Stärken in Europa ausbauen, in den USA in den nächsten Jahren richtig angreifen und auf dem chinesischen Markt weiter kräftig punkten. Und dann kommt etwas langfristiger gesehen auch noch Indien dazu. Die Ziele für die USA sind? Winterkorn: Bis 2018 werden wir in den USA eine Million Autos verkaufen, 800 000 Volkswagen und 200 000 Audis. Wie wichtig ist dabei das neue Werk in Chattanooga, in dem der Passat für die USA gebaut wird? Winterkorn: Für den US-Markt gab es keine andere Entscheidung. Unsere Ingenieure haben auch erkannt, dass die Zulieferbranche in den USA besser ist als ihr Ruf. Hier hat sich unglaublich viel getan. Reichen die Kapazitäten im neuen, noch nicht einmal geöffneten Werk in Chattanooga aus, um die hohen Absatzziele in den USA zu erreichen? Winterkorn: Sollte es tatsächlich so gut weiterlaufen, dann haben wir die notwendige Flexibiliät, um darauf entsprechend zu reagieren. Was erwarten Sie speziell von Indien? Und wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit Suzuki in diesem Zusammenhang? Winterkorn: Indien wird ein Wachstumsmarkt werden. Die Inder wollen Mobilität. Für mich wird Indien langfristig in Sachen Absatzmöglichkeiten ein neues China werden. Suzuki spielt in Indien mit Maruti eine große Rolle. Nicht umsonst haben wir eine Partnerschaft mit Suzuki. Diese Partnerschaft werden wir nutzen, damit wir in Indien gemeinsam erfolgreich sind. Wird diese Partnerschaft in Zukunft weiter ausgebaut? Winterkorn: Partnerschaften muss man leben und pflegen. Ja, wird werden diese Partnerschaft ausbauen, keine Frage. Zurück nach Deutschland. Wie weit ist die Zusammenarbeit mit Porsche fortgeschritten? Winterkorn: Die Integration von Porsche ist schon sehr weit fortgeschritten. Unsere Zusammenarbeit läuft hervorragend. Wie wichtig ist für VW der Standort Osnabrück, wo aus Karmann jetzt VW Osnabrück geworden ist? Winterkorn: Wir haben mit VW Osnabrück einen tollen Partner, der in Rekordzeit noch in diesem Jahr das neue Golf Cabrio ans Band bringen wird. Sind für die Zukunft an diesem Standort weitere Produktionen denkbar? Winterkorn: Der Standort macht uns mit seiner Kompetenz was den Fahrzeugbau betrifft, mit seiner Kompetenz der Menschen viel Freude. Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, dass wir da noch einiges machen - konzernweit. Gilt das auch beispielsweise für den Porsche Boxster? Winterkorn: Durchaus. Die vorhandene Kompetenz von Karmann gerade hinsichtlich der Cabrios müssen wir weltweit nutzen. Sie haben die Kompetenz in Sachen Cabrios von Karmann angesprochen. Wie sieht es mit der Kompetenzverteilung in Sachen Elektromobilität im Konzern aus. Gibt es einen Streit um die richtige Strategie zwischen VW und Audi? Winterkorn: Jede Marke darf entwickeln und Vorschläge unterbreiten. Aber am Ende des Tages muss entschieden werden, was das Richtige ist. Es gibt derzeit eine Reihe von Ideen und Konzepten. Wir werden alle prüfen und dann entscheiden, was für den Konzern der beste Weg ist. Zur PersonVolkswagen-Chef Martin Winterkorn ist verheiratet und hat zwei Kinder. Radfahren und Joggen sind seine Hobbys. Der ehemalige Audi-Chef gilt als grundsolider Schwabe, zugleich als enger Vertrauter von Ferdinand Piëch. Die Wege des Managers kreuzten sich immer wieder mit denen des heutigen Volkswagen-Aufsichtsratschefs. In der Autobranche genießt Winterkorn den Ruf als Mr. Qualität. Am 1. Januar 2007 übernahm er vom bisherigen Vorstandschef Bernd Pischetsrieder die Konzernspitze der Volkswagen AG. Kürzlich wurde sein Vertrag um weitere fünf Jahre bis Ende 2016 verlängert. Winterkorn, der am 24. Mai 1947 in Leonberg bei Stuttgart geboren wurde, lernte das Management von der Pike auf. Seine Stationen: Bosch, Audi und jetzt Volkswagen. http://www.westfalen-blatt.de/start.php?id=45478&artikel=reg |