Stiegler schimpft über "Professoren-Geschwätz"
Trotz Kanzler-Machtwort: Rot-Grün streitet weiter
In der Regierungskoalition sorgt das Thema Rente weiterhin für erhitzte Gemüter. Führende Genossen erteilten Forderungen der Grünen nach weiteren Reformen bei der Rente eine Abfuhr.
dpa/rtr BERLIN. Trotz des Machtwortes von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) geht der Koalitionsstreit um die Rente weiter. Nach SPD-Generalsekretär Olaf Scholz erteilte auch der SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler Forderungen der Grünen nach weiteren Reformschritten bei der Rente noch vor der Bundestagswahl 2006 eine harsche Absage. Dies werde „nicht passieren“, sagte Stiegler dem „Tagesspiegel“. Er zweifelte zugleich am Sinn der Rürup-Kommission.
Stiegler sagte, große Veränderungen bei der Rente werde es in nächster Zeit nicht geben. Er sei auch gegen die von Schröder angeregte Einrichtung der Kommission zur Reform der sozialen Sicherungssysteme gewesen, da durch die Kommission der Eindruck erweckt werde, es werde eine umfassende Reform geben. Scholz habe Recht mit der Aussage, vor 2010 sei keine Reform nötig
. Massiv ging Stiegler die Kommission-Mitglieder an, die in den vergangenen Tagen öffentlich Vorschläge zur Reform des Rentensystems gemacht hatten, darunter Kommissions-Chef Bert Rürup. "Ich habe die Schnauze voll davon, dass wir vor unseren Mitgliedern und Wählern täglich den Kopf hinhalten müssen für dieses Professoren-Geschwätz." Er fügte hinzu: "Ich erwarte, dass Professoren wie Herr Rürup uns nicht länger mit ihrer Ejaculatio praecox (vorzeitiger Samenerguss) beglücken." Den Grünen, die mehrfach eine umfassende Reform des Rentensystems gefordert hatten, warf Stiegler Profilierungssucht vor.
Schröder hatte die Koalitionspolitiker am Montag in scharfer Form zur Disziplin ermahnt und davor gewarnt, mit ständig neuen Einzel-Vorstößen die Regierungspolitik zu gefährden.
HANDELSBLATT, Dienstag, 03. Dezember 2002, 15:50 Uhr |