News - 04.02.08 21:49 Ryanair schürt die Konjunkturangst
Unternehmen mit Hauptgeschäft in Großbritannien bereiten sich und ihre Investoren auf eine schmerzhafte Konjunkturdelle vor. Nun warnte die größte europäische Billigfluglinie Ryanair vor einem drastischen Gewinneinbruch um bis zu 50 Prozent auf 235 Mio. Euro im kommenden Geschäftsjahr.
Der irische Konzern nannte als Grund neben dem hohen Ölpreis das abkühlende Konsumklima in seinem Kernmarkt Großbritannien, von wo aus die Airline operiert. "Es ist der Verbraucher, der uns wirklich Sorgen macht. Wir sind sehr vorsichtig. Mit Ölpreisen um 90 $ und der Gefahr einer Rezession in Großbritannien und anderen europäischen Ländern ist der Ausblick mau", sagte Vorstandschef Michael O'Leary.
Die Prognose des Marktführers im europäischen Billigfluggeschäft nährt Zweifel an der Konjunkturlage Großbritanniens, wo nach jüngsten Prognosen das Wachstum auf 1,8 Prozent fallen könnte - so niedrig wie seit 1992 nicht mehr. Einige Ökonomen sehen sogar die reale Gefahr einer Rezession, also schrumpfender Wirtschaftsleistung.
Der britische Wirtschaftsboom der vergangenen Jahre wurde, ähnlich wie in den USA, weitgehend durch Kredite finanziert, die auf steigende Immobilienwerte aufgenommen wurden. Mit dem Abbröckeln der Preise erhält nun auch die Gesamtkonjunktur einen empfindlichen Dämpfer. "Wegen der engen Abhängigkeit des Konsums von den Hauspreisen ist in den nächsten Monaten mit schwächeren Konsumausgaben zu rechnen", prognostizierte Michael Saunders, Ökonom der Citigroup. Einige britische Einzelhandelskonzerne, darunter Tesco , Marks & Spencer , Woolworths und die Elektronikkette DSG , blieben schon im Weihnachtsquartal deutlich hinter den Umsatzerwartungen zurück - und erlitten zum Teil drastische Kursstürze.
In Deutschland stellen sich Marktbeobachter auf eine ähnliche Entwicklung ein. Die Kursziele der Firmen orientierten sich häufig noch an den Gewinnerwartungen aus einer Zeit besserer Konjunkturprognosen, sagte Kai Tschöke, Leiter der Fusionsberatung der US-Investmentbank Morgan Stanley . "Letztere haben sich aber in jüngster Zeit eingetrübt. Das dürfte sich auch bei einigen deutschen Unternehmen in den nächsten Wochen auf die Gewinnerwartungen niederschlagen - und damit auch auf die Aktienbewertung."
Ryanair-Chef O'Leary erweiterte seinen Pessimismus am Montag auf den Kontinent. Die europäische Luftfahrtbranche drohe auf ein "perfektes Unwetter" zuzusteuern, das durch einen schwächeren Pfund-Kurs und höhere Flughafenkosten vervollständigt werde. "Das Konsumentenvertrauen nimmt in Europa deutlich ab. Im Unterschied zum letzten Ölpreisschub, als höhere Ticketpreise den Effekt ausgleichen konnten, werden die Ticketpreise im kommenden Geschäftsjahr wahrscheinlich unverändert bis niedriger liegen", hieß es im Ausblick für das Geschäftsjahr 2008/09. Treibstoffkosten machen bis zu 30 Prozent der Kosten einer Airline aus. In den USA haben Fluggesellschaften wie Delta Air Lines daher ihre Investoren bereits auf ein Quartal mit Verlusten eingestellt. Der Ölpreis lag zwischen Oktober und Dezember bei durchschnittlich 90 $ pro Barrel, im Januar durchbrach er sogar die Marke von 100 $. Ryanair konnte nach eigenen Angaben in diesem Geschäftsjahr die Kosten durch Absicherungsgeschäfte auf 65 $ begrenzen. Im nächsten Jahr sei man allerdings "im Grunde nicht abgesichert", sagte Ryanair-Chef O'Leary.
Die Ryanair-Aktie stürzte anfangs um 15 Prozent ab. Nachdem O'Leary allerdings angedeutet hatte, dass eine Konjunkturschwäche Wettbewerber aus dem Markt fegen könnte, erholte sich das Papier wieder und schloss mit 1,67 Prozent im Minus bei 3,54 Euro.
Von Titus Kroder (London) und Sven Clausen (Frankfurt)
Quelle: Financial Times Deutschland
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