Grünes Licht für die Abgeltungssteuer | EditorialLiebe Leser,
nun ist es amtlich: Die Abgeltungssteuer kommt. In der letzten Sitzung vor der Sommerpause hat der Bundesrat heute Vormittag die Unternehmenssteuerreform durchgewinkt. Damit kommen auf die Anleger in Deutschland schwierige Zeiten zu und es ergeben sich viele Frage: Welche Anlageformen sind betroffen? Wie hoch fällt die Steuer nun wirklich aus? Und wie kann ich mein Depot steueroptimiert zusammenstellen?
Mein Kollege Michael Heimrich gibt Ihnen in der heutigen Ausgabe einen ersten Überblick zur anstehenden Abgeltungssteuer. Doch da das Thema so vielschichtig ist, können Sie in Zukunft mit regelmäßigen Artikeln zu diesem Thema rechnen. Denn mit der richtigen Strategie können Sie ohne Frage Geld und Steuern sparen.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen Heiko Böhmer Chefredakteur „Privatfinanz-Letter“
Grünes Licht für die AbgeltungssteuerVon Michael Heimrich
25 Prozent auf alle Einkünfte auf Kapitalvermögen – so werden vom Jahr 2009 an die deutschen Sparer und Anleger einheitlich besteuert. Hinzu kommen noch der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer. Macht unter dem Strich satte 28 Prozent. Die Unternehmenssteuerreform der schwarz-roten Koalition und die mit ihr verbundene Gesetzesvorlage zur Abgeltungssteuer wurden heute erwartungsgemäß vom Bundesrat mit großer Mehrheit endgültig abgenickt. Die neuartige Zinssteuer hat für Sie als Privatinvestor weit reichende Konsequenzen. Die Auswirkungen sind sehr vielfältig. Einige der wichtigsten Aspekte greife ich daher hier für Sie auf.
Private Altersvorsorge wird ab 2009 spürbar teurer
Ab 1. Januar 2009 werden Ihre Zinsen, Dividenden und Kursgewinne pauschal besteuert. Wenn Vater Staat die Steuerschraube kräftiger anzieht, wird Vermögensbildung nicht nur schwieriger, sondern auch ungerechter. Vermögende Bürger, die etwa den aktuellen Spitzensteuersatz von 42 Prozent zahlen, werden durch die Abgeltungssteuer begünstigt, da sich die Steuern für ihre Zinseinnahmen reduzieren. Auf der anderen Seite dürften sich viele normale Privatanleger nach dem 31. Dezember 2008 vermehrt von Aktien abwenden und stattdessen niedrig verzinste Sparformen wählen, wodurch ihre private Altersvorsorge teurer und ineffizienter wird.
Welche Auswirkungen hat die heute von der Länderkammer abgesegnete Abgeltungssteuer nun für einzelne Anlageformen? Die guten Nachrichten zuerst: Wer Immobilienanlagen, Lebensversicherungen, staatlich geförderte Riester- bzw. Rürup-Renten, Sparbücher oder Anleihen hat, muss sich ab 2009 wenig Sorgen um seine Rendite machen. Auch Dachfonds zählen vermutlich zu den Gewinnern der neuen Steuer. Der Charme einer solchen Lösung: Die Abgeltungssteuer wird erst beim Verkauf des Dachfonds fällig und nicht schon dann, wenn der Fondsmanager von einem Fonds in den nächsten umschichtet. Allerdings müssen Anleger befürchten, dass das Gesetz später von der Bundesregierung noch mehrmals nachgebessert wird, um das eine oder andere noch existierende Steuerschlupfloch zu schließen.
Aktionäre und Zertifikatekäufer sind die großen VerliererDoch nun die wirklich schlechte Nachricht: Aktionäre, Aktienfondsbesitzer und Zertifikatekäufer sind die großen Verlierer der neuen Steuer. Wer etwa Anteilsscheine an Unternehmen besitzt, kann bei langjährigen Durchschnittsrenditen am Aktienmarkt von acht bis neun Prozent nach dem steuerlichen Abzug fortan vermutlich nur noch um zwei Prozentpunkte niedrigere Renditen erwarten. Zertifikate haben nach der heutigen Entscheidung eine schwere Übergangszeit vor sich und müssen Nachteile gegenüber Aktien aushalten. Denn nur Papiere ohne Kapitalschutz, wie etwa Index-, Discount- oder Bonus-Zertifikate, die vor dem 15. März 2007 gekauft wurden oder vor dem 30. Juni 2009 verkauft werden, kommen noch in den Genuss der Steuerfreiheit. Voraussetzung ist allerdings, dass sie mindestens ein Jahr gehalten wurden.
Im Folgenden möchte ich Ihnen noch einige Tipps geben, wie Sie sich verhalten sollten, wenn Sie Aktien oder Anteile an Aktienfonds besitzen oder bis zum 31. Dezember 2008 erwerben möchten. Denn noch haben Sie genügend Zeit, um Ihre Depotstruktur steuergünstig zu gestalten.
So schichten Sie Ihr Aktiendepot rechtzeitig umIn eineinhalb Jahren sind Dividenden voll und Kursgewinne jederzeit steuerpflichtig. Einzelaktien und Aktienfonds, die bis Ende 2008 ins Depot kommen, werden bis zum Verkauf nach altem Recht besteuert. Kursgewinne bleiben dann noch lange steuerfrei. Sie sollten daher jetzt Aktien oder Fondsanteile ins Depot nehmen, die Sie lange halten wollen. Bedenken Sie auch: Dividendenstarke Titel verlieren ab 2009 an Attraktivität, weil das Halbeinkünfteverfahren nicht nur bei Kursgewinnen, sondern auch bei den jährlichen Ausschüttungen beendet wird.
Riskante Nebenwerte für kurzzeitige Zockereien sollten Sie in Zukunft meiden, wenn Sie das dafür aufgewendete Kapital für die private Vorsorge "arbeiten" lassen wollen. Standardaktien oder besser noch ganze Indizes wie etwa der Dax gewinnen dagegen an Bedeutung. Von Spezialitätenfonds, die kurzfristige Trends – etwa eine Branche, ein bestimmtes Land oder eine Region – spielen, sollten Sie dagegen besser die Finger lassen. Breit anlegende Aktienfonds sind da attraktiver. Die Fonds sollten sich allerdings über viele Jahre bewährt haben, da ein Wechsel nach 2009 zur Steuerpflicht für den neu erworbenen Investmentfonds führt.
Mit der neuen Zinssteuer hat der Papierkrieg ein Ende
Zu den Vorzügen der neuen Zinssteuer zählt sicherlich ihre Einfachheit. Statt jedes Jahr eine Einkommenssteuererklärung abzugeben und akribisch Kurs- und Zinsgewinne, Freibeträge sowie Aufwendungen für Fahrten zu Hauptversammlungen aufzulisten, werden die Banken und Depotgesellschaften in Zukunft automatisch ein Viertel aller Kapitaleinkünfte an den Fiskus abführen. Getreu dem Motto: Die Steuer sorgt beim Anleger für weniger Kopfweh, wenn er gar nicht erst etwas auf seinem Konto gutgeschrieben bekommt.
Sicherlich wird uns die Abgeltungssteuer an dieser Stelle noch häufiger beschäftigen. Doch ein erstes Fazit schon einmal vorweg: Die neue Steuer auf Zinsen und Aktiengewinne vereinfacht zwar das Sparen, erschwert aber die Altersvorsorge erheblich. Es ist schon paradox: Auf der einen Seite propagiert die Regierung, die Bürger müssten sich eigenständig um ihre private Vorsorge kümmern. Wenn sie es dann tun, wirft der Staat ihnen Knüppel zwischen die Beine. | |