Hochinteressanter Bericht über den Thielert-Insolvenzverwalter Dr. Kübler. Es dürfte in der BRD wohl keinen erfolgreicheren Insolvenzverwalter geben, ein großes Plus für alle Aktionäre.
Den Thielert betreffenden Absatz vorab, anschliessend der gesamte Text des Handelsblattes:
Aktuell pendelt Kübler weiter zwischen West und Ost: Im Westfälischen berät er im Rahmen der so genannten Eigenverwaltung ein großes Kaltwalzwerk mit zwölf Auslandstöchtern und 1 500 Mitarbeitern im Konzern, im Erzgebirge führt er seit mehr als zwei Jahren einen Hersteller von Flugzeugmotoren in der Insolvenz fort, dessen Produkt ständig weiterentwickelt wird. 2011 soll der Betrieb an einen Investor verkauft werden.
Medienberichte über uns/unsere Partner Handelsblatt 30.09.2010 Überflieger in rettender Mission
Insolvenzanwalt Bruno Kübler: Überflieger in rettender Mission
Insolvenzverwalter, Unternehmer, Verleger. Bruno Kübler trägt viele Hüte, und wechselt sie oft täglich. Schlaf findet er nicht so wichtig. Das Porträt eines "besessenen Arbeiters".
KÖLN. Ein kalter Januarmorgen, 4 000 Meter über dem Ärmelkanal. Bruno Kübler düst mit knapp 300 Stundenkilometern durch die Lüfte. Mit geübter Pilotenhand lenkt der Insolvenzanwalt seine Propellermaschine in Richtung London, wo ein Schiedsgerichtstermin auf ihn wartet. Unter ihm ziehen graue Wolkenungetüme ihre Bahn, hinter ihm studiert Küblers Anwaltskollege ein letztes Mal die Akten.
Kurz vor der Landung knackt es plötzlich im Funklautsprecher. Der Londoner Tower informiert Kübler, er möge am Boden sofort sein Kölner Büro anrufen. Minuten später erfährt er, dass er als Verwalter eines Automobilzulieferers mit 1 000 Beschäftigten im Bergischen Land eingesetzt wurde. Kübler lässt sich beim Schiedsgericht entschuldigen und macht umgehend kehrt.
Zwei Stunden später taucht Küblers weiße Piper Seneca über dem verregneten Himmel von Köln auf. Noch in London hat sich der Verwalter die wichtigsten Daten des neuen Falls durchgeben lassen. Die nächsten Monate ist Kübler mit der Sanierung des Bremsbelagherstellers beschäftigt und kann den Gläubigern im Sommer dank der Fortführung des Betriebes und des Verkaufs an einen englischen Konzern die außergewöhnlich hohe Quote von 85 Prozent zusagen. Dann ist Kübler bereit für den nächsten Fall.
Kübler arbeitet bundesweit, viele andere nur vor eigener Tür
Der Verband der Insolvenzverwalter führt keine Statistik darüber, mit welchen Fortbewegungsmitteln ihre Mitglieder zu ihren Einsatzplätzen gelangen. Sicher jedoch ist, dass Bruno Kübler nicht nur in der Kategorie Mobilität seit mehr als 30 Jahren eine Sonderstellung einnimmt.
Während die meisten Vertreter seiner Zunft traditionell nur vor der eigenen Hoftür um Mandate buhlen, hat Kübler im Laufe der Jahre eine bundesweite Präsenz aufgebaut, ein Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und Büros in 28 Städten. Und Kübler selbst, so scheint es oft, ist überall zugleich.
"Wenn es einen gibt, der die Ubiquität gern als persönliche Eigenschaft hätte, dann ist es Kübler", sagt Rechtsprofessor Reinhard Bork, der an der Universität Hamburg lehrt.
Bork kennt Kübler seit mehr als 20 Jahren und fragt sich immer noch, wie der Insolvenzverwalter es eigentlich anstellt, morgens in Dresden, mittags in München, abends in Köln zu sein - und dann nachts auch noch E-Mails beantwortet. "Er braucht nur vier Stunden Schlaf, darum beneide ich ihn sehr", sagt Bork. "Kübler ist wirklich im positiven Sinne ein besessener Arbeiter." Geschwindigkeit bestimmt Küblers Lebenslauf. (Bild: PR) Quelle: PressebildLupe
Geschwindigkeit bestimmt Küblers Lebenslauf. (Bild: PR) Quelle: Pressebild
Kinosaal statt Audimax
Und so wurde Geschwindigkeit zu einem bestimmenden Merkmal im Lebenslauf des heute 65-Jährigen. Ausbildung, Familie, Beruf, es gibt nichts, was Kübler nicht früh begonnen hätte, meist viel früher als andere. In der Schule in Essen überspringt er eine Klasse und schafft sein Abitur mit 17. Er nutzt eine Besonderheit in der Promotionsordnung der Kölner Rechtsfakultät und schreibt sich im vierten Semester als Doktorand von Professor Hans Carl Nipperdey ein.
Als Kübler mit 21 Jahren seine erste juristische Staatsprüfung ablegt, zeigt der Kalender das Jahr 1967. An der Universität ist das Studium für viele eher Nebensache. Es wimmelt von Marxisten, Trotzkisten, Maoisten, die alle den einzig wahren Weg zur Revolution ausrufen. Doch all das lässt Kübler unberührt. Statt in den Hörsaal geht er schon im ersten Semester vor allem in einen Kinosaal, den der unter Studenten legendäre Repetitor Wolfgang Kallwass für seine Intensivkurse in der Kölner Innenstadt angemietet hat.
Während Küblers Kommilitonen gegen die Professoren, den Vietnamkrieg, das System an sich demonstrieren, paukt er selbst bis zum Umfallen. Mit 22 Jahren gibt er seine Doktorarbeit ab.
An diesem Abend sitzt Kübler wieder in Köln. Für ein Gespräch über seinen Lebensweg hat er ein kleines, aber schickes Restaurant in der Kyffhäuser Straße ausgewählt, der Kellner begrüßt ihn mit Handschlag. Bei der Erinnerung an seine Studienzeit plagt Kübler kein Bedauern. "Ich habe von den Demos kaum etwas mitbekommen", sagt der Anwalt und greift zur Karte. "Ich habe früh geheiratet, meine Frau brachte ein Kind mit in die Ehe, ich trug Verantwortung."
Der junge Kübler gibt Siemens einen Korb
Doch der Zwang, Geld zu verdienen, kann den Berufsweg von Kübler nur zum Teil erklären. Er hätte auf Nummer sicher spielen können, damals, 1970. Sein erstes Angebot kommt von keinem Geringeren als Siemens. Der Münchener Weltkonzern würde sich gern mit einem frisch zugelassenen und noch dazu promovierten Juristen schmücken - und offeriert eine Stelle in New York. Die Frage, wie Kübler seine Familie versorgen kann, scheint langfristig geklärt.
Aber Kübler gibt Siemens einen Korb. Er startet seine Karriere im Freiberuf, bei einer Steueranwaltskanzlei in Köln. 1971 hat Kübler seine Zulassung als Fachanwalt für Steuerrecht in der Tasche, 1974 macht er sich selbstständig.
Nun zeigt sich, dass Kübler nicht nur das Juristenhandwerk versteht. Noch als freiberuflicher Lektor für den Düsseldorfer Werner-Verlag hat er in den Jahren zuvor Kontakt zu Wilhelm Uhlenbruck aufgenommen. Er überzeugt den Kölner Konkursrichter, sein erstes insolvenzrechtliches Buch zu schreiben. Für Kübler ist es die Vorbereitung seiner langen, bald hocherfolgreichen Karriere als Verleger, für Uhlenbruck der Beginn einer vielbeachteten Karriere als Fachautor.
Ein Streit mit Folgen
Bücher sind oft schwere Geburten, Kübler und Uhlenbruck lernen sich zwischen Manuskriptbergen und Druckfahnen kennen und schätzen.
Als Uhlenbruck sieht, dass Kübler sich selbstständig macht, hat er ein Angebot: Die Herstatt-Bank ist gerade zusammengebrochen. Ob sich der junge Mann nicht ein paar Gläubiger suchen wolle, um sich für den Gläubigerbeirat zu qualifizieren? Kübler willigt ein, und seine Arbeit imponiert dem Konkursrichter. Als der Jungspund dann zwei Jahre später auch noch einen eigenen, dem Insolvenzrecht gewidmeten Verlag gründet und 1977 mit Uhlenbruck aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Konkursordnung einen großen Fachkongress organisiert, entwickelt sich eine fruchtbare Zusammenarbeit.
Doch dann, Anfang der 80er Jahre, folgt ein Drama. Ein Streit, der bis vor das Bundesverfassungsgericht führt. "Ach, die alte Sache", sagt Kübler, und nimmt einen Schluck Weißwein. Das Thema scheint ihm unangenehm, schließlich hat er sich schon vor mehr als 20 Jahren wieder mit Uhlenbruck, dem großen alten Mann der Insolvenzszene, "unter dem Klang der Domglocken" ausgesöhnt.
Und dennoch: Der Schlagabtausch, den sich Kübler mit Uhlenbruck lieferte, ist in Juristenkreisen Legende. Kübler soll sich angeblich gegenüber Uhlenbruck unsachlich geäußert haben und erhielt eine Rüge der Anwaltskammer, was Kübler nicht auf sich sitzen ließ. Er ging durch alle Instanzen. Das Bundesverfassungsgericht gab ihm schließlich 1987 in der als Bastille-Beschluss berühmt gewordenen Entscheidung recht und erklärte das gesamte Standesrecht für nichtig.
Kübler ließ sich von dem Streit weder ablenken noch aufhalten. Er riskierte sogar an anderer Stelle Ärger. Statt sich wie üblich auf einen Standort zu konzentrieren, etablierte sich der junge Anwalt an verschiedenen Konkursgerichten in Nordrhein-Westfalen als Verwalter - ein Tabubruch.
"Es gab damals noch viel stärker als heute die Meinung, Insolvenzverwalter sollten sich nicht gegenseitig ins Gehege kommen und nur in ihrem eigenen Revier Mandate annehmen", sagt Siegfried Beck, der Vorsitzende des Verbands der Insolvenzverwalter Deutschlands. "Man kann sagen, dass Bruno Kübler hier prägend tätig war, so wie er die Branche insgesamt sehr stark geprägt hat."
Denn Kübler sieht seinerzeit nicht ein, warum er seine Praxis begrenzen soll - schon gar nicht, als sich eine historische Chance auftut. Als einer der Ersten erkennt Kübler, dass mit dem Fall der Mauer eine Auftragslawine für Insolvenzverwalter losgebrochen ist. Schon 1990 eröffnet er ein Büro am Alexanderplatz in Berlin, 1991 eines in Dresden. Während Kübler riesige Sanierungen von ehemaligen Ostbetrieben durchführt, expandiert seine Kanzlei immer schneller.
Balztanz auf Gerichtsfluren
Es ist die Zeit, in der Kübler seinen Status der Allgegenwärtigkeit erreicht. Er wird Präsident des Europäischen Branchenverbands, wirkt als Sachverständiger an der Reform des Insolvenzrechts im Deutschen Bundestag mit, und jedem Juristen sind sein Fachverlag RWS und besonders seine "Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP)" vom ersten Semester an ein Begriff. Seine wirtschaftliche Bilanz nach 36 Jahren als Kanzleichef sucht ihresgleichen.
Aktuell pendelt Kübler weiter zwischen West und Ost: Im Westfälischen berät er im Rahmen der so genannten Eigenverwaltung ein großes Kaltwalzwerk mit zwölf Auslandstöchtern und 1 500 Mitarbeitern im Konzern, im Erzgebirge führt er seit mehr als zwei Jahren einen Hersteller von Flugzeugmotoren in der Insolvenz fort, dessen Produkt ständig weiterentwickelt wird. 2011 soll der Betrieb an einen Investor verkauft werden.
Es sind die Früchte unermüdlicher Arbeit, die Kübler heute genießen könnte. Doch während Außenstehende nur die Insignien des Erfolgs sehen - das Flugzeug, die Fahrer, die edlen Büros - ist sich Kübler auch an diesem Abend der Schattenseiten seines Metiers bewusst.
Denn anders als in den meisten Berufen kann Kübler sich nicht einfach auf seine Leistung berufen, um seine Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Bei der Akquise von Neugeschäft ist er vor allem vom Wohlwollen von Amtsrichtern und Rechtspflegern abhängig. Nur sie entscheiden, welcher Anwalt welchen Fall erhält - und sie müssen ihre Wahl bisher weder begründen noch rechtfertigen.
Mag sein, dass diese Eigenart des deutschen Insolvenzrechts die nächste Reform nicht überlebt. Doch bis dahin gilt: Wen der Richter nicht mag, der zieht im Vergabeverfahren immer den Kürzeren. So führen selbst Koryphäen der Anwaltsszene auf den Fluren deutscher Amtsgerichte einen sonderbaren Balztanz vor, Kübler eingeschlossen.
Er stellt sein Weinglas ab. Es ist weit nach Mitternacht, Zeit zu gehen. Draußen wartet sein Fahrer. Kübler wird heute nicht in Köln schlafen, sondern im hessischen Grünberg, wo er am nächsten Morgen vor Insolvenzrichtern einen Vortrag zum neuen Sanierungsrecht hält. Die zwei Stunden Fahrt dorthin nutzt er wie immer - mit dem Studium von Akten. "Keine Bange", sagt Kübler zum Abschied. "Da bleibt mir danach noch genügend Zeit zum Tiefschlaf."
Vita Bruno Küblers
1945 Bruno Kübler wird in einem Kloster bei Düsseldorf geboren, wo seine Eltern Zuflucht fanden.
1963 Beginn eines Jura- sowie BWL-Studiums in Köln.
1970 Die Kölner Steuerkanzlei Felix Heinemann & Partner stellt den jungen Assessor ein.
1974 Selbstständigkeit, Mitglied im Herstatt-Gläubigerbeirat.
1976/80 Gründung RWS Verlag sowie der "Zeitschrift für Wirtschaftsrecht" (ZIP).
1986 Kübler gründet den Gravenbrucher Kreis, eine Vereinigung von Sanierungsverwaltern.
1991 Präsident des europäischen Insolvenzverwalterverbands.
1997 Der Großkommentar "Kübler/Prütting" zur Insolvenzordnung erscheint.
2010 Kübler blickt auf Dutzende Großmandate zurück, etwa für den Postzusteller PIN, den Automobilzulieferer Sachsenring, Happich, RH-Alurad und Beral und den Motorradhersteller MZ. |