Wär mir sehr recht, wenn es dazu Meinungen gäbe!!!
Das Coronavirus und die Sehnsucht nach neuen Ängsten
Das Coronavirus breitet sich weltweit aus und sorgt auch in Deutschland für Unruhe.
WELT AM SONNTAG-Herausgeber Stefan Aust ist jedoch sicher, dass schon bald eine neue Sau durchs Land getrieben wird.
WELT AM SONNTAG: In Hamburg sind die Schutzmasken ausverkauft, Unternehmen und Universität stoppen alle China-Kontakte wegen des Coronavirus. Können Sie diese Reaktion verstehen?
Stefan Aust: Das Problem bei neuen Viren ist ja immer, dass die genaue Gefährlichkeit und die Geschwindigkeit der Verbreitung zunächst unklar ist. Deswegen kann ich das rigorose Eingreifen der chinesischen Regierung gut verstehen. Die Reaktion hier in Europa ist allerdings doch anders zu betrachten manchmal hat man ja fast den Eindruck, dass sich viele Menschen nach neuen Ängsten sehnen und jede Möglichkeit zur Panik nutzen. Derzeit löst die Angst vor dem Coronavirus den Klimanotstand etwas ab, aber schon bald wird sicher wieder eine neue Sau durchs Land getrieben.
WELT AM SONNTAG: Früher hätte man von einer Krankheit in China vielleicht nie erfahren, heute sieht sich jeder bedroht. Eine Folge der Erregungsamplitude, die auch bei anderen Themen aus den sozialen Netzwerken schwappt?
Aust: Ganz häufig ist die öffentliche Erregung weit größer als die tatsächliche Gefahr, und das liegt auch am unmündigen Umgang mit dem Internet. Dort verfolgen einige ganz eigene Interessen, oft auch wirtschaftlicher Art, und die Leute fallen darauf rein. Als es nur die klassischen Medien gab, war das weit seltener der Fall.
WELT AM SONNTAG: Diese Entwicklung zeitigt auch sofort wirtschaftliche Folgen, die Aktienkurse sinken weltweit. Zeigt das, wie sich Globalisierung eben auch auswirken kann und wie angreifbar das Wirtschaftssystem ist?
Aust: Ja, denn die Unternehmer wissen häufig nicht, wie sie mit dieser Erregungsamplitude umgehen sollen. Sie haben Angst, vom Markt bestraft zu werden, und handeln zuweilen gegen ihr besseres Wissen etwa, indem die Autoindustrie nun voll auf die Batterieantriebe setzt. Wer Zweifel äußert, wird schnell als Leugner gebrandmarkt. Zweifeln ist heutzutage insgesamt nicht mehr sehr angesagt.
Stefan Aust ist Herausgeber der WELT AM SONNTAG. Die Fragen stellte Jörn Lauterbach. https://www.welt.de/regionales/hamburg/article205496179/2019
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