Das ist die Liste der unverwüstlichen Dividenden-Aktien Stand: 12:57 Uhr | Lesedauer: 7 Minuten Von Daniel Eckert, Holger Zschäpitz
Quelle: Infografik WELT In Deutschland ist die Dividendensaison wegen der Viruskrise erst mal verschoben. Doch das bietet Anlegern die Chance, sich rechtzeitig neu zu positionieren. WELT stellt die verlässlichsten Ausschütter vor, wo jetzt ein Einstieg lohnt.
Millionen Deutsche sitzen dieser Tage zu Hause und verfolgen beinahe genüsslich die Turbulenzen an den Börsen. Ein Glück, dass ich nicht dabei bin, denken sich wohl viele. Schließlich bleiben mir so Verluste erspart, lautet der Gedanke.
Doch selbst die zu Schadenfreude neigenden Bundesbürger sollten sich nicht zu sehr freuen. Denn wer sein Geld einfach auf dem Girokonto liegen lässt, macht ebenfalls Verluste. Die Inflation zehrt am Vermögen. Allein in diesem Jahr dürften durch die Kombination Geldfraß und Nullzins gut 33 Milliarden Euro an Kaufkraft vernichtet werden.
Erwartet werden weiter Dividenden in Höhe von 44,6 Milliarden Euro. Das entspricht einer durchschnittlichen Dividendenrendite von 3,4 Prozent, die Aktionäre deutscher Börsengesellschaften zugute kommt.
Zwar fordert die Krise auch bei den Ausschüttungen ihren Tribut, doch eine ganze Reihe von Firmen kann dem Absturz trotzen. Wer jetzt auf die verlässlichsten Zahler setzt, darf darauf hoffen, finanziell gut durch die Krise zu kommen und dabei auch Rendite zu machen. Zehn unverwüstliche Gesellschaften versprechen stabile Ausschüttungen in schwierigen Zeiten.
„Der Dividendenjahrgang steht ganz im Zeichen der Corona-Krise und des damit einhergehenden Zielkonflikts: Aktionäre sollten zwar prinzipiell einen Anteil an den im Vorjahr erwirtschafteten Gewinnen erhalten, in Anbetracht des aktuellen wirtschaftlichen Schockfrosts hat jedoch die Sicherung der Liquidität zunächst Vorrang“, sagt der Berliner Investor und Autor Christian W. Röhl.
Quelle: Infografik WELT All das hat Röhl, der als deutscher Dividendenpapst gilt, jetzt in seiner großen Dividendenstudie 2020 analysiert. Die Untersuchung, die dieses Jahr zum elften Mal erscheint, wurde von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und der FOM Hochschule unterstützt. Dieses Mal trägt sie den Untertitel: „Im Bann des Virus: Zwischen Ausschüttung und Ausfall“. Längst ist die Expertise im deutschsprachigen Raum zum Standardwerk avanciert. Röhls Opus magnum zeigt, wie unterschiedlich sich die Krise auf die einzelnen Branchen niederschlägt.
Eines ist 2020 neu: Erstmals in der deutschen Wirtschaftsgeschichte werden bereits zugesagte und in Aussicht gestellte Ausschüttungen kurzfristig wieder kassiert.
Bis zur Hauptversammlung können Anteilseigner nicht sicher sein, dass die Dividende dieses Jahr auch wirklich fließt. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Aktionärstreffen auf unbestimmte Zeit verschoben worden sind. Da die Gutschrift der Ausschüttung in der Regel drei Tage nach der Hauptversammlung (HV) erfolgt, heißt das: Warten und Bangen. Gleichzeitig bleibt unklar, ob und in welchem Ausmaß Firmen von der neu geschaffenen Möglichkeit Gebrauch machen werden, unabhängig vom HV-Termin auszuschütten.
Lufthansa-Aktionäre gehen leer aus Fest steht: Die Anteilseigner der Lufthansa müssen 2020 komplett auf eine Gewinnbeteiligung verzichten, nachdem ursprünglich 0,80 Euro erwartet worden waren. Noch bitterer entwickelt sich das Jahr für Aktionäre des Dax-Neulings MTU Aero Engines. Die Triebwerksfirma, die die Dividende nach einem famosen Geschäftsjahr 2019 ursprünglich kräftig anheben wollte – und zwar auf 3,40 Euro – hat die Gewinnbeteiligung inzwischen komplett gestrichen.
Quelle: Infografik WELT Bei anderen Firmen wie zum Beispiel den Autobauern ist es noch offen, ob sie ihre zum Teil deutlich reduzierten Dividenden wie vorgeschlagen zahlen oder am Ende doch noch ganz ausfallen lassen. Denn in der Krise könnte es schwer vermittelbar sein, warum zum Beispiel Kurzarbeiter in dem Sektor Geld vom Staat und den Sozialkassen erhalten, gleichzeitig aber Liquidität das Unternehmen verlässt, auch wenn beides nicht direkt etwas miteinander zu tun hat. Im Finanzsektor hat die Europäischen Zentralbank als Aufsichtsbehörde Dividendenzahlungen sogar faktisch untersagt. Bankaktionäre gehen also leer aus.
Umso mehr differenziert sich dieses Jahr das Feld der Aktiengesellschaften in Dividendenhabenichtse, -wackler, und -aristokraten. Eine gute Aktienauswahl ist mehr wert denn je.
Welche Aktien kann ich jetzt noch kaufen? Stabil und nahezu unverrückbar erscheinen die Dividenden nach menschlichem Ermessen bei dem Gase-Spezialisten Linde plc. Das Traditionsunternehmen, das seinen Sitz nach einer Fusion mittlerweile im britischen Guildford hat, kann auf eine Historie von 25 Anhebungen in Folge zurückblicken. Gemessen am jetzigen Kurs wird die Rendite 2020 bei rund zwei Prozent liegen.
Bei dem Gesundheitskonzern Fresenius erwartet Anteilseigner eine Dividendenrendite von 2,4 Prozent, die Tradition der jährlichen Steigerung ist ebenso makellos wie bei Linde.
Auch das Schwesterunternehmen Fresenius Medical Care, ein Spezialist für Dialysesysteme, hebt bereits seit zwei Dekaden die Dividende Jahr für Jahr an.
Eine Dividendenrendite von sogar drei Prozent erwartet Aktionäre des weltweit erfolgreichen Schmierstoff-Herstellers Fuchs Petrolub. Zwar halten nicht wenige Anleger Fuchs in erster Linie für einen Automobilzulieferer. Doch das Geschäft hängt keineswegs nur an dem zyklischen Fahrzeugsektor, vielmehr steht die Firma mit Sitz in Mann auch für Spezialanwendungen im Hochtechnologie- oder Lebensmittelbereich.
Der Biotech-Ausrüster Stratec hat 16 Jahre in Folge die Ausschüttungen angehoben, auch wenn die Rendite mit 1,1 Prozent eher niedrig ausfällt. Die Börsennotierungen haben gegen den Markttrend seit Jahresanfang um 14 Prozent zugelegt. Investoren erwarten, dass das Unternehmen von der zunehmenden Test- und Forschungsaktivität im Gesundheitsbereich profitiert.
Für risikofreudige Anleger kann sich auch ein Blick auf CTS Eventim lohnen. Der Konzertveranstalter hat sich in der vergangenen Dekade als verlässlicher Dividendenzahler einen Namen gemacht. Nun steht die Firma vor der größten Anfechtung ihrer Geschichte, CTS könnte sich gezwungen sehen, die Anleger in diesem Jahr leer ausgehen zu lassen. Dennoch gilt: Nach aktuellem Stand wollen die Münchner Mitte Mai 0,69 Euro überweisen. Sicherer scheint die Dividende beim Softwarekonzern SAP. Die Walldorfer haben seit einer Dekade ihre Ausschüttungen jedes Jahr erhöht.
Ein heimlicher Ausschüttungskönig in der Liste der Unverwüstlichen ist die Münchener Rück. Gemessen am aktuellen Kurs beträgt die Rendite 5,6 Prozent. Diese Woche hat die Rückversicherungsgesellschaft zwar ihr Aktienrückkaufprogramm ausgesetzt, den Dividendenvorschlag für die Hauptversammlung aber bestätigt. Einen noch höheren laufenden Ertrag bieten am hiesigen Kurszettel nur wenige Werte, und schon gar nicht solche, die als Dividendenadelige zu bezeichnen wären.
CORONA-VERHALTENSREGELN So stark breitet sich Atemluft beim Husten in Räumen aus Allerdings gibt es auch einen Lichtblick aus unerwarteter Richtung. „Ausgerechnet frühere Sorgenkinder des deutschen Aktienmarkts zeigen in der Krise Stabilität“, sagt Röhl und meint damit die Versorger. So dürfe E.on dieses Jahr die Dividende trotz aller Widrigkeiten erhöhen, und zwar um sieben Prozent, RWE zahlt sogar 14 Prozent mehr. Mit die höchste Rendite im Dax zahlen die Allianz und die Deutsche Telekom mit knapp sechs Prozent. Ihre Zahlungen gelten ebenfalls als ziemlich gut abgedeckt.
Auch Andreas Hürkamp, Chefanlagestratege bei der Commerzbank, zählt Tech-Unternehmen und Versorger zur Gruppe der Firmen, die in geplanter Höhe Geld ausschütten werden. Dazu gesellen sich aus seiner Sicht die Deutsche Börse AG als Betreiber der Frankfurter Börse, der Konsumgüterhersteller Beiersdorf und der Pharmaspezialist Merck KGaA. „Hier ist die Dividende sicher“, sagt Hürkamp.
Auch der Chemie- und Pharmariese Bayer wird wohl an seinem Vorschlag festhalten und 2,80 Euro pro Aktie zahlen. „Daran sollten sich die Gesellschaften ein Beispiel nehmen, die aufgrund ihres Geschäftsmodells oder ihrer Liquiditätslage nicht Gefahr laufen, wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in eine finanzielle Schieflage zu kommen“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Anlegerschutzvereinigung DSW.
Nach Röhls Berechnungen entwickeln sich Aktien mit lückenloser Dividendenhistorie an der Börse deutlich besser als Unternehmen, die ihre Ausschüttungen häufig kürzten oder kappten. „Adelige“ im Depot zu haben, dürfte sich im nächsten Aufschwung also doppelt auszahlen. Nicht nur in Form sicherer Dividenden, sondern auch in Form üppiger Kursgewinne. |