vom 06.03.2008
„Ich sehe in den nächsten 30 Jahren keine Alternative zur Kernkraft“
PRAG. „Windkraft ist in Tschechien schwerer durchzusetzen als Atomkraft“, sagt der Vorstandschef des Temelin-Betreibers und größten tschechischen Energiekonzerns CEZ, Martin Roman, im OÖN-Exklusivinterview.
OÖN: Der Börsekurs von CEZ hat sich in den vergangenen vier Jahren verneunfacht. Was macht CEZ so erfolgreich?
Roman: Der Hauptgrund ist wohl das Portfolio unserer Kraftwerke. Zum einen sind unsere Kernkraftwerke sehr profitabel. Zum anderen liegen unsere Kohlekraftwerke günstig – daher haben wir fast keine Transportkosten. Der zweite Grund für die Erfolge der vergangenen Jahre liegt in internen Restrukturierungen, durch die wir viel Geld gespart haben. Auch die internationale Expansion liefert schon Geld zurück.
OÖN: Durch die Diskussion um den Klimaschutz scheint es eine Renaissance der Atomenergie zu geben. Trifft das zu?
Roman: Wenn Sie schauen, wie viele Projekte in Vorbereitung und in Bau sind und das mit den 80er- und 90er-Jahren vergleichen, gibt es eine Renaissance. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie die EU ihre ambitionierten Ziele zur CO2-Reduktion ohne Kernkraft erreichen kann. In 30 Jahren wird die Photovoltaik vielleicht so billig und effektiv sein, dass sie eine Alternative ist, aber bis dahin sehe ich kaum eine Alternative zur Kernkraft.
OÖN: Aber die Atomenergie hat abseits der Angst vieler Menschen davor auch Schattenseiten. Der Rohstoff Uran ist nicht unbegrenzt.
Roman: Der wird in den nächsten 200 Jahren sicher nicht erschöpft sein.
OÖN: Und das Problem des Atommülls?
Roman: Ich betrachte das nicht als Müll, sondern als neuen Rohstoff. Wenn wir ein Zehntel des Geldes aus Europa, das wir heute in die Entwicklung erneuerbarer Energien investieren, in die Kerntechnologie stecken würden, dann hätten wir wohl innerhalb von zehn Jahren eine Lösung für die Wiederverwertung. Derzeit benutzen wir nur drei Prozent des Urans in den Brennstäben. Abgesehen davon gibt es eine Lösung: sichere Endlager.
OÖN: CEZ engagiert sich auch in der erneuerbaren Energie: Windkraft, Photovoltaik und Wasserkraft. Wo sehen Sie das größte Potenzial in Tschechien?
Roman: Wir würden gerne weitere Wasserkraftwerke bauen, aber das Potenzial an Wasserkraft ist in Tschechien so gut wie ausgeschöpft. Bei der Windkraft sind wir sehr aktiv, aber auch hier gibt es Widerstand von Umweltschützern.
OÖN: Wo haben Sie größeren Widerstand: Bei Wind- oder Kernkraft?
Roman: Beim Wind. Wir wollten in der Nähe des AKW Dukovany eine Windkraftanlage bauen – die Leute haben das in einem Referendum mit mehr als 90 Prozent abgelehnt. Die überwiegende Meinung war: Baut doch, wenn nötig, weitere Blöcke beim Kernkraftwerk, aber keine Windräder.
OÖN: In Österreich gibt es Aufregung, dass es neue Reaktorblöcke in Temelin geben könnte. Werden Sie dort weitere zwei Blöcke bauen?
Roman: Derzeit beschäftigen wir uns in Temelin primär mit der Verfügbarkeit der beiden heutigen Blöcke, deren Jahresleistung wir auf 15 Terrawattstunden erhöhen wollen. Aber es wäre nicht normal, wenn wir uns nicht auch mit der Idee beschäftigen würden, Temelin komplett zu bauen. Das Kraftwerk war ja projektiert für vier Blöcke und hat Platz für vier Blöcke. Aber das hängt von vielen Umständen ab.
OÖN: Vor allem von der Zustimmung der Regierung, in der die Grünen einen Ausbau verhindern.
Roman: Ja.
OÖN: Rechnen Sie damit, dass die tschechische Regierung, noch in dieser Legislaturperiode ihr Nein zum Ausbau der Atomkraft aufgibt?
Roman: Ich bin nicht Regierungsmitglied, das kann ich daher nicht beantworten
OÖN: Premierminister Mirek Topolanek hat jüngst erklärt, das Melker Abkommen zu Temelin habe sich „politisch überlebt“. Sehen Sie das auch so?
Roman: Wir sehen es vor allem so, dass wir alles erfüllt haben, was technisch im Melker Protokoll verlangt wird. Wir haben selbst das größte Interesse, dass unsere Kraftwerke sicher sind.
OÖN: Sie expandieren stark in Mittel- und Osteuropa. Sind Investitionen in Österreich für CEZ ein Thema?
Roman: Sicher, am ehesten wären das Investitionen bei den erneuerbaren Energien. Da beobachten wir Investitionsmöglichkeiten.
OÖN: Sie haben wohl auch die Diskussion um die Teilprivatisierung der Energie AG verfolgt. Wären EAG-Anteile für CEZ interessant gewesen?
Roman: An Minoritätsanteilen wären wir nicht interessiert gewesen, an Mehrheitsanteilen allerdings schon.
OÖN: Auch in Tschechien gibt es eine Diskussion über die Höhe der Managergehälter. Das betrifft Sie persönlich, nachdem Sie Aktienoptionen geltend gemacht haben, die Ihnen 26 Millionen Euro gebracht haben. Wie viel dürfen Manager verdienen?
Roman: Mein Gehalt ist mit weniger als einer Million Euro im Jahr für eine Firma mit einer Marktkapitalisierung von über 30 Milliarden Euro nicht unangemessen. Die hohen Zahlen machen die Aktienoptionen aus – aber fast alle großen Aktiengesellschaften motivieren ihre Manager mit solchen Aktienoptionen. Denn was erwarten die Aktionäre von der Firma? Hohe Dividenden und einen steigenden Aktienkurs. Das können sie nur erreichen, wenn die Manager diese Motivation haben.
http://www.nachrichten.at/politik/landespolitik/...fc8537a58d519b2488