Comroad: Absturz eines Stars Anleger erwarten weitere Fakten Die Comroad-Aktie crasht weiter. Trotz eines offenen Briefes an die Platow-Redaktion erwarten die Anleger weitere Fakten, welche die harten Vorwürfe gegen Comroad widerlegen können. Eine Bilanz des Absturz der einstigen Lieblings-Aktie des Nemax50 gibt w:o-Mitarbeiter Klaus Singer.
Die Comroad-Aktie stürzt, das Unternehmen steht im Kreuzfeuer. Die „Platow Börse“ greift Meldungen der Prior-Börse auf, die von ihrem ehemaligen Redakteur Egbert Prior herausgegeben wird. Diese sind im Kern schon länger bekannt und münden in der Aussage, die Comroad-Umsätze beruhen nicht auf "seriösen Geschäftsbeziehungen". In zwei Fällen wird dasselbe Strickmuster ausgemacht: Kooperationspartner sollen utopische Mengen an Comroad-Gerät abnehmen, um die Planzahlen zu erreichen. Im Gegenzug beteilige sich Comroad mit einer Kapitaleinlage, zumindest im Falle der englischen Skynet. Die Redaktion des Platow-Briefes beklagt ferner, dass das Unternehmen trotz mehrfacher Nachfrage Unterlagen vorenthalte. Auch der Jahresabschluss 2000 sei immer noch nicht fertig. Soweit die Vorwürfe.
Vorstandvorsitzender Bodo Schnabel hat diese zurückgewiesen und angemerkt, dass die beiden Vertriebspartner von Comroad im Rahmen von Analysten-Roadshows Anfang April die Planzahlen in aller Öffentlichkeit bestätigt haben. Die Redaktion des Briefes habe ihn im übrigen nicht kontaktiert. Schnabel stellt die nicht ganz unberechtigte Frage, wie mit einer Kapitalspritze von vergleichsweise mageren 1 Mio.$ bei Skynet die Einlagerung von je nach Lesart 8.000 bis 15.000 „Einheiten“ in diesem Jahr finanziert werden soll.
Eine sehr kleine Auswahl von letzten Marktkommentaren: „Comroad bei 20€ kaufenswert“ (WiWo heute, 2. April); „Comroad will Autohersteller noch 2001 beliefern“ (VWD, 3. April); „Comroad Marktperformer“ (SES Research, 6. April); „Comroad kaufen“ (SEB, 6. April); „Trading Buy“ (Hornblower Fischer, 9. April); „Comroad – klarer Kauf“ (Oberbayrischer Börsenbrief, 9. April); „Comroad geraten unter Wettbewerbsdruck“ (VWD, 12. April). Auch der Platow-Brief hatte Comroad übrigens noch am 6. April als „aussichtsreich“ bezeichnet, wenngleich man vor dem Einstieg eine Bodenbildung abwarten solle. Einige Stimmen vermuten, dass systematisch Kurse gedrückt werden, weil Großinvestoren einsteigen wollen. Andere vermuten genau das Gegenteil: Fonds wollen sich zurückziehen. In welche Richtung sich der Kurs auch immer bewegt, die Umsätze sind stets beträchtlich.
Was sagen uns diese Zahlen von Comroad? Bei Umsatzerlösen von 43,87 Mio.€ wird ein EBIT von 9,22 Mio.€ erzielt, immerhin 21% vom Umsatz. Der Materialaufwand macht mit 32,41 Mio.€ fast 74% vom Umsatz aus. Der Personalaufwand ist demgegenüber mit nicht einmal 660.000€ mickrig. Unter dem Strich wird ein Jahresüberschuss von 4,15 Mio.€ und ein DVFA-Ergebnis von 0,26€ je Aktie ausgewiesen. 1999 war ein Periodenverlust von 346.000€ angefallen. Zum Jahresende 2000 verfügt das Unternehmen über liquide Mittel von über 50 Mio.€ sowie 15,9 Mio.€ an Wertpapieren zur Verfügung. Vor einem Jahr hatten sich 40,83 Mio.€ in der Kasse befunden. Der Börsengang hatte 51,7 Mio.€ in die Kassen gespült. Der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit war mit 17,37 Mio.€ ebenso negativ, wie der aus Investitionstätigkeit (minus 8,24 Mio.€).
Alles in allem ergibt sich das Bild eines stark wachsenden Unternehmens mit solider Finanzgrundlage. Und im Unterschied zu anderen Skandalgeschichten am Neuen Markt konnte man bisher auf die Einhaltung der Wachstumsprognosen vertrauen. Zumindest sofern sich die Platow-Vorwürfe als haltlos erweisen.
Daher erwarten die Anleger jetzt Fakten aus dem Unternehmen. Der heute morgen als Reaktion auf die Platow-Veröffentlichung verbreitete offene Brief wird nicht ausreichen. Die Auswirkungen auf den Neuen Markt als Ganzes sind in jedem Fall verheerend, egal was am Ende übrig bleibt . Autor: Klaus Singer, 13:53 17.04.01 |