Pixelnet: "Wir erhöhen Planzahlen"
Pixelnet AG bietet internetbasierte Dienstleistungen rund um den digitalen Fotomarkt an. Dabei verbindet das Wolfener Unternehmen Digitalfotografie, E-Commerce und Teile der klassischen Fotografie. Zum Service gehören ein eigenes Internetportal, Entwicklungsdienstleistungen für analoge und digitale Fotografie, ein Web-Shop für Hardware-Produkte wie Digitalkameras, Scanner oder Drucker sowie Zusatzleistungen wie Communities und eine Bildergalerie. Vor dem Hintergrund der Übernahme von Photo-Porst durch Pixelnet sprach Instock mit dem Vorstandsvorsitzenden Matthias Sawatzky.
Instock: Sie haben Porst zum symbolischen Preis von 1 Mark übernommen. Wieso kaufen Sie ein Unternehmen, dass kurz vor der Pleite steht? Sawatzky: Das ist der falsche Ansatz. Ich sehe die Chancen, die sich bei Porst bieten, als ungleich größer an als die Risiken. Porst ist ein überlebensfähiges Unternehmen. Es bietet mit 2000 Standorten in Deutschland, einer sehr ausgeprägten Bilderkompetenz sowie bei einer Neuausrichtung in der Telekommunikation gewaltige Chancen für die Weiterentwicklung der Pixelnet-Konzepte.
Instock: Die wären? Sawatzky: Pixelnet ist angetreten, im Bildermarkt einen nennenswerten Marktanteil zu generieren. Dabei konzentrieren wir uns selbstverständlich auf den neuen Bereich der digitalen Dienstleistung. Derzeit greifen wir aber auch sehr stark auf das analoge Bildvolumen zu. Hier bietet uns der Einstieg bei Porst hervorragende Möglichkeiten.
Instock: Der ehemalige Besitzer von Porst, das belgische Fotounternehmen Spector, attestierte Porst Liquiditätsprobleme. Wie groß sind die derzeit? Sawatzky: Die gibt es nicht mehr. Wir haben darüber hinaus durch eine Eigenkapitalausstattung Porst in die Lage versetzt, eine wirkliche Vorwärts-Strategie mit uns durchzuführen.
Instock: Wieviel Geld haben Sie dafür in die Hand genommen? Sawatzky: Wir haben gemeinsam mit den Banken dargestellt, dass die bisherigen Kreditlinien, die eingefrorenen waren, wieder geöffnet wurden. Zusätzlich haben wir das Eigenkapital von Porst um 20 Millionen Mark aufgestockt.
Instock: Wäre es nicht billiger gewesen, mit Porst oder einem ähnlichen Unternehmen eine Vertriebspartnerschaft zu vereinbaren? Sawatzky: Wir haben die verschiedensten Varianten angedacht, teilweise auch schon initiiert. Doch der Durchgriff auf 2000 Vertriebsstellen wäre ohne diese Akquisition überhaupt nicht möglich gewesen. Wir haben dadurch sofort eine flächendeckende Marktpräsenz in ganz Deutschland.
Instock: Porst ist ein Franchise-Geber. Haben die Franchise-Nehmer beim Besitzerwechsel besondere Rechte? Sawatzky: Die Verträge laufen unabhängig von den Investoren oder den Eigentümern der Firma Porst weiter.
Instock: Müssen alle Franchise-Nehmer Ihre Produkte, beispielsweise den Scann-Service, ins Programm nehmen? Sawatzky: Es gibt meines Wissens nach beidseitig keinerlei Verpflichtungen. Ich glaube aber, dass, wenn wir das Konzept mit seinen Chancen den Franchise-Partnern vorstellen, wir auch die Verdienstmöglichkeiten richtig darstellen können.
Instock: Wie hoch schätzen Sie das Marktvolumen im Bereich Scann-Service in Deutschland ein? Sawatzky: Wie hoch das Marktvolumen ist, wird an einem Beispiel deutlich. Es werden in Deutschland jährlich rund 6 Milliarden Fotos auf konventionelle Art gefertigt. Wenn ich nun die letzten 20 Jahre nehme und sage, dass in Schuhkartons unsortiert rund 20 mal 6 Milliarden Papierbilder, Negative und Dias liegen könnten, so besteht durch die Digitalisierung eine gigantische Chance.
Instock: Das ist pure Theorie. Schließlich haben nur rund ein Drittel aller Haushalte einen Computer, und die Besitzer von digitalen Kameras sind für Sie als Kunden auch verloren. Sawaszky: Hier muß ich etwas klären. Es geht hier nicht um das Neubilder-Volumen. Darum bemühen wir uns als Internetanbieter ohnedies. Das Altbild-Volumen, über das ich rede, ist vom Verfall bedroht und muss auf moderne Art gespeichert und archiviert werden.
Instock: Wieso sollten Computerbesitzer, die über ein halbwegs vernünftiges Equipment verfügen und ihre Bilder selber scannen können, Ihr Angebot nutzen? Reduziert sich Ihre Zielgruppe dadurch nicht dramatisch? Sawatzky: Das ist wie immer eine Frage der Kosten-Nutzen-Relation. Denjenigen, der selber scannt und seine Fotos zu Hause ausdruckt, kostet der einzelne Abzug zirka 2,50 Mark. Die Möglichkeiten der Speicherung und der weiterführenden Kommunikation außerhalb einer Bilddatenbank oder eines Service-Providers, der wir zukünftig auch sein werden, sind zudem sehr begrenzt. Darüber hinaus bestand ja auch in der Vergangenheit die Möglichkeit, seine Bilder in einem Heimlabor selber zu entwickeln. Davon machten aber lediglich knapp 1 Prozent Gebrauch. Wenn es Dienstleistungsangebote gibt, die preiswerter und komfortabler sind, so werden die auch angenommen.
Instock: Mit welchen Umsätzen und Gewinnen rechnen Sie in den nächsten Jahren für diesen Geschäftsbereich? Sawatzky: Wir werden unsere überarbeiteten Planzahlen am 20. März auf unserer Bilanzpressekonferenz vorstellen. Ich kann heute davon ausgehen, dass wir gemeinsam mit Photo-Porst unsere Ziele deutlich überschreiten werden. Ich glaube, dass wir ein Konzept vorlegen können, aus dem hervorgeht, dass wir das Bildergeschäft bei Porst deutlich beleben und auch den Telekommunikationsbereich deutlich nach vorne bringen werden. Ich gehe davon aus, dass wir alle Mitarbeiter und Partner bei Porst davon überzeugen können.
Instock: Das heißt, dass Sie im März erhöhte Planzahlen für 2001 vorlegen werden? Sawatzky: Das ist richtig.
Instock: Sie sprachen eben das Telekommunikationsgeschäft an. Mit welchen Änderungen kann der Kunde bei Porst rechnen? Sawatzky: Porst hat heute bereits eine hohe Kompetenz im Bereich Telekommunikation. Der Umsatzanteil beträgt meines Wissens nach rund 30 Prozent. Wenn ich davon ausgehe, dass diese Dienstleistung noch erhöht werden kann, dass künftig mobile Bilderkommunikation stattfindet und wir die Möglichkeiten der heutigen Telekommunikation wahrscheinlich noch um UMTS-Angebote erweitern werden, dann ist es das, was wir in Zukunft verstärkt anbieten werden.
Instock: Ist nicht der moderne Telekommunikationsmarkt ? Stichwort Handy ? schon an seine Wachstumsgrenzen gestoßen? Sawatzky: Die erste Woge der Euphorie neigt sich einem Zenit zu. Ich gehe allerdings davon aus, dass wir schon den ersten Ersatzbedarf haben. Dass das Spiel von vorn beginnt, zeigt sich daran, dass immer neue Dienstleistungen und immer neue, bessere Geräte angeboten werden.
Instock: Wird sich durch Ihren Einstig für den Porst-Kunden etwas ändern? Sawatzky: Mit Sicherheit durch erhöhte Werbeaufwendungen im Markt. Hier nur ein Gedankenspiel: Wenn man in der Lage ist, in 2000 Filialen in Deutschland Auktionsware zu präsentieren, ähnlich wie es Tchibo und Aldi machen, dann gibt es nicht viele Organisationsstrukturen, die so etwas in Deutschland anbieten können.
Instock: Heißt das, bei Porst wird es auch Kaffee und BHs geben? Sawatzky: Weniger, aber Sie werden eine hohe Kompetenz in der elektronischen Welt bekommen.
Instock: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Helmut Harff.
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