Hilfe für US-Autobauer
Auch Kanada springt GM und Chrysler bei
Die Überlebenschancen für die US-Autobauer steigen: Nach Washington hat auch Kanada Milliardendarlehen für GM und Chrysler bereitgestellt. Der designierte US-Präsident Obama erinnert derweil schon an die Grenzen der Hilfsbereitschaft.
Die Höhe der vom Weißen Haus am Freitag genehmigten Überbrückungskredite beträgt insgesamt 17,4 Mrd. $. Davon sollen 13,4 Mrd. $ im Dezember und Januar ausgezahlt werden. Weitere 4 Mrd. $ werden später nachgeschossen. Die Summe wird aus dem 700-Mrd.-$-Rettungspaket abgezwackt, das ursprünglich für die Finanzbranche gedacht war.
Auch die kanadische Regierung hat Hilfen für die US-Autobauer angekündigt. Man helfe den kanadischen Zweigen von GM und Ford mit umgerechnet knapp 3,4 Mrd. $, sagte der Premierminister der Provinz Ontario, Dalton McGuinty, am Samstag. Zwei Drittel des Geldes kämen von der Regierung in Ottawa, ein Drittel steuere die Provinz Ontario bei, wo die Werke der US-Konzerne stehen. Ein Regierungssprecher sagte, auch Ford könne Hilfen beantragen.
Kanadas Regierungschef Stephen Harper sagte, die kanadische Hilfe entspreche dem 20-prozentigen Anteil Kanadas an der nordamerikanischen Autoproduktionskapazität. Mit den Hilfen solle ein Abwandern der Industrie aus Kanada verhindert werden, sagte Harper. Die Regierung werde nicht zulassen, dass eine Restrukturierung der US-Konzerne zur Schließung von kanadischen Werken.
Kanadas Premier Harper will Hunderttausende Jobs retten
Er hoffe, das Geld wieder zu bekommen, sehe aber auch die Risiken. In dem Paket sind auch Programme enthalten, die der Zulieferbranche helfen sowie die Kreditaufnahme für den Autokauf erleichtern sollen.
Einer aktuellen Studie zufolge stünden in Kanada bei einem Kollaps der Autobauer 600.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. "Im ganzen Land gibt es buchstäblich Hunderttausende, wenn nicht Millionen Familien, die von den Problemen der Autoindustrie betroffen sind", sagte Harper.
Obama mahnt faire Lastenverteilung an
Bushs designierter Nachfolger Barack Obama begrüßte die staatliche Rettungsaktion. Gleichzeitig mahnte er aber, jede Hilfsbereitschaft habe Grenzen. "Die Geduld der Amerikaner geht zu Ende", sagte der künftige Präsident auf einer Pressekonferenz in seiner Heimatstadt Chicago. Die Chance "zur Reform schlechter Managementpraktiken" dürfe von den Chefs der Autobauer nun nicht verspielt werden.
Obama sagte, er wolle dafür sorgen, dass nicht die Arbeiter am meisten unter der von den Konzernen angekündigten Restrukturierung litten: "Meine Priorität ist es, 2,5 Millionen neue Jobs zu schaffen. Und einige davon sollen in der Autoindustrie entstehen." Konkrete Vorschläge machte er nicht.
Rettung nur vorübergehend
General Motors (GM) und Chrysler hatten erklärt, sie benötigten noch in diesem Jahr zusammen 14 Mrd. $, um eine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Die Lage der "Großen Drei" hat sich in den letzten Monaten dramatisch zugespitzt. Allein im dritten Quartal haben sie insgesamt fast 18 Mrd. $ an Barreserven verbrannt. Die Kredite werden den Konzernen zumindest erst einmal Luft verschaffen, um akute Forderungen zu begleichen. "Ein Zusammenbruch der Autobauer könnte die USA in eine noch tiefere und längere Rezession schicken", sagte Bush.
Chrysler-Chef Robert Nardelli sagte, sein Konzern werde zunächst 4 Mrd. $ in Anspruch nehmen. GM teilte mit, die Staatshilfen würden die langfristige Sanierung des Konzerns beschleunigen.
Ford ist nicht Teil des Rettungsprogramms, gilt allerdings auch als der finanziell stabilste der großen drei US-Autobauer. Das Weiße Haus teilte mit, Ford brauche keinen kurzfristigen Kredit. Der Konzern teilte mit, seine Finanzierung sei gesichert.
Der Betriebsratschef der deutsche GM-Tochter Opel, Klaus Franz, verlangte rasch weiteres Geld: "Die 17,4 Mrd. $ sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie helfen nicht wirklich weiter", sagte Franz der Fachzeitschrift "auto motor und sport".
Opel werde sich weiter um eine Bürgschaft beim deutschen Staat bemühen. "Unabhängig von der Situation in den USA braucht Opel weiterhin eine Bürgschaft. Schließlich haben wir kein eigenes Kreditrating und können ohne Bürgschaft nicht am Kapitalmarkt tätig werden", sagte Franz.
Opel müsse investieren, um auf die aktuelle Absatzkrise mit neuen, attraktiven Fahrzeugen antworten zu können, sagte Franz, der auch im Aufsichtsrat von Opel sitzt. In den USA sei nun entscheidend, was die neue Regierung unter Barack Obama unternehme, um den großen drei US-Autoherstellern zu helfen. "Es werden aber sicherlich weitere Staatshilfen notwendig sein", sagte Franz
Das Weiße Haus knüpft die Kredite an Auflagen: Während der Inanspruchnahme dürfen die Autobauer keine Dividenden auszahlen, zudem sollen die Managergehälter begrenzt werden. Die Regierung hat überdies ein Vetorecht bei Finanztransaktionen, die über 100 Mio. $ hinausgehen.
Die Kredite sind im Falle einer Insolvenz vorrangig vor allen weiteren Schulden der Konzerne. Bis zum 31. März müssen die Autobauer ihre Überlebensfähigkeit belegen. Ansonsten müssen sie die Kredite zurückzahlen.
Konzerne müssen umbauen
Die Überbrückungskredite sind eine erste Hilfe, doch auf die Autobauer kommt noch viel Arbeit zu, um sich dauerhaft aus der Schieflage zu befreien. GM-Chef Rick Wagoner hatte bereits zugesagt, im Falle einer staatlich finanzierten Rettung schneller Kosten zu senken. Der Sparplan sah bislang unter anderem vor, in den kommenden vier Jahren bis zu 30.000 Stellen abzubauen. Zudem plant GM, sich von zahlreichen Marken zu trennen: Für Saab, Pontiac und Saturn wird ein Ausstieg geprüft.
Auch Ford plant, sich von seiner skandinavischen Tochter Volvo zu trennen. Verkäufe dürften derzeit allerdings für alle Automarken schwierig sein.
Die ehemalige Daimler-Tochter Chrysler ist dringend auf der Suche nach Kooperationen, Allianzen oder gleich nach einem neuen Investor. Der deutsche Autohersteller hatte die Fusion mit Chrysler wieder aufgelöst, ist aber noch mit 20 Prozent beteiligt. Der Rest liegt in der Hand des Finanzinvestors Cerberus.
Alle drei US-Konzerne wollen sich künftig auf die Entwicklung umweltfreundlicher Modelle konzentrieren. Daran arbeiten alle Hersteller weltweit fieberhaft und die Amerikaner sind dabei deutlich im Rückstand.