Bedrohliches Szenario Prognose für Metro verfinstert sich von Katja Wilke (Hamburg) Auf den Handelskonzern Metro kommt aus Sicht von Branchenkennern ein neues Problem zu: Eine Abkühlung der Konsumstimmung in Osteuropa dürfte der Großhandelstochter Cash & Carry empfindlich zusetzen.
"Gegenwind aus Osteuropa hätte spürbare Auswirkungen auf die Metro", warnte Thilo Kleibauer, Analyst beim Bankhaus M.M.Warburg. Dabei ringt der Konzern schon jetzt damit, dass der Verkauf der Kaufhof-Warenhäuser wegen der Finanzkrise nicht in Gang kommt und der geplante Börsengang der Elektronikhandelstochter Media-Saturn auf Eis liegt.
Eine Schwäche in Osteuropa wäre für Metro brisant: Es ist die Vorzeigeregion des Düsseldorfer Konzerns. Die Cash&Carry-Tochter, die im vergangenen Geschäftsjahr mit 31,7 Mrd. Euro fast die Hälfte des Konzernumsatzes erwirtschaftete, hatte jahrelang regelmäßig zweistellige Zuwachsraten in Osteuropa erreicht. Allein im ersten Halbjahr 2008 stiegen die Erlöse dort um 14,4 Prozent auf 6 Mrd. Euro.
Schon jetzt zeigt sich aber zum Beispiel in der Türkei und in Griechenland eine deutlich gedämpfte Konsumstimmung - Metro zählt diese Länder mit zum Osteuropageschäft. Schlechte Prognosen stellen Experten auch dem ungarischen und dem russischen Markt aus. Ein Metro-Sprecher wollte sich zu diesem Thema nicht äußern.
Das Großhandelsgeschäft des Konzerns stagniert in Westeuropa schon längerDas Szenario ist für Metro besonders deshalb bedrohlich, weil das Großhandelsgeschäft in Westeuropa schon länger stagniert. In Großbritannien, Portugal und auch auf dem deutschen Markt war der Umsatz zuletzt rückläufig.
Konzernchef Eckhard Cordes gerät angesichts der wachsenden Probleme immer stärker in die Kritik. Seit der Ex-Daimler-Manager vor einem Jahr den früheren Metro-Chef Hans-Joachim Körber abgelöst hat, ist der Börsenwert des Handelskonzerns deutlich gesunken: Vor einem Jahr stand der Aktienkurs noch bei 66 Euro. Am Mittwoch notierte das Papier bei 26,07 Euro - ein Tagesverlust von zehn Prozent. Größter Verlierer ist der Duisburger Familienkonzern Haniel. Der Hauptaktionär hatte 2007 über 3 Mrd. Euro für die Aufstockung seiner Metro-Anteile um 15,7 Prozent gezahlt.
Umsatz der Metro-Sparte Cash & Carry nach RegionenKritiker räumen ein, dass es auch Rivalen von Metro im jetzigen Börsenumfeld kaum besser geht. Doch Aktionärsvertreter wie die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) vermissen ein Konzept beim Metro-Chef, das über die Strategie seines Vorgängers hinausgeht. Gemäkelt wird auch immer wieder an Cordes' Doppelrolle: Er sitzt sowohl bei Haniel als auch bei Metro auf dem Chefsessel.
Baustellen gibt es bei Metro derzeit zuhauf: Cordes hatte auf der Hauptversammlung im Mai unter anderem angekündigt, Kaufhof abstoßen zu wollen, und hatte den defizitären Real-SB-Warenhäusern eine letzte Bewährungsfrist gegeben, um wieder in die Gewinnzone zu kommen. Beim bisherigen Wachstumstreiber Cash & Carry will Cordes durchgreifen. Nach Metro-Angaben ist in Deutschland nun der Abbau von "einigen Hundert" der insgesamt 17.000 Stellen geplant. Zudem will sich der Konzern künftig wieder auf seine Kernkundschaft - Hotels, Gastronomie und Catering - konzentrieren. Daneben läuft ein Testbetrieb für einen Lieferservice. Experten sind skeptisch: "Lieferservice ist ein hochkomplexes und schwieriges Geschäft", sagte ein Berater. "Gut möglich, dass Metro dabei nur Lehrgeld bezahlen wird." Zudem hätte man früher auf die wegbrechenden Käufer reagieren müssen.
Selbst die erfolgreiche Elektronikhandelssparte Media-Saturn dürfte Metro derzeit wenig Freude bereiten. An den geplanten Börsengang ist im derzeitigen Börsenumfeld nicht zu denken.
Wenige Tage vor der Präsentation der Zahlen für das dritte Quartal des Geschäftsjahres am kommenden Donnerstag wachsen zudem unter Analysten die Zweifel, ob Cordes bei seiner Prognose für das Gesamtjahr bleibt. Der Metro-Chef erwartete bisher ein Umsatzwachstum von sechs Prozent sowie ein Plus beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern von sechs bis acht Prozent. "Das wird er wohl nicht mehr so selbstbewusst verteidigen können", sagte ein Analyst. Er geht davon aus, dass das dritte Quartal für Metro noch ein "ordentliches" Ergebnis bringen wird. Für das vierte - in der Regel umsatzstärkste - Quartal erwartet er hingegen schwächere Geschäfte.
Aus der FTD vom 23.10.2008 © 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD.de
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