Das Kapital: Zehn schwache Gründe für den Dollar Zumindest in einem Aspekt scheinen sich die Aktienstrategen Europas einig: dass ein weiter fallender Dollar die Fete an den Märkten vermasseln könnte. Ein weiteres Thema in diesem Kapital ist SAP.
Direkt über fallende Gewinnspannen im US-Geschäft und durch US-Konkurrenz auf den Weltmärkten, da die Lohnstückkosten im verarbeitenden Gewerbe des gesamten Euro-Raums im Verhältnis zu jenen in den USA laut OECD-Daten ja kaum nachgegeben haben. Und indirekt, weil der Euro vorläufig dauernd schneller zum Dollar aufwertet als die Währungen wichtiger Handelsrivalen wie Japan; da sind selbst die fallenden Lohnstückkosten in Deutschland kein rechter Trost, weil sie in Japan ja - fast - genau so stark sinken wie hierzulande. Aber ist eine weitere Dollarabwertung wirklich noch wahrscheinlich? Immerhin spricht auch eine Reihe von Gründen für die US-Währung.
Dollar-Kaufgründe?
Erstens ist sie an der Kaufkraftparität gemessen deutlich unterbewertet zum Euro. Stimmt, so um ein Sechstel. Nur ist das schon seit ein paar Jahren weitgehend der Fall, ohne dass sich der bilaterale Handelssaldo zugunsten der USA verbessert hätte, im Gegenteil.
Doch hat sich, zweitens, das US-Warendefizit insgesamt nicht eindeutig stabilisiert? Na ja, wenn man von industriellen Vorleistungsgütern (inklusive Öl) absieht, lag das reale Defizit in den ersten beiden Monaten 2007 trotz der US-Investitionsschwäche leicht über dem Vorjahr. Damit ist auch das dritte Pro-Dollar-Argument hinfällig, das jene anführen, die die Weltwirtschaft mit Blick etwa auf den OECD-Frühindikator für anfälliger halten als der Konsens und betonen, dass der Dollar eine eher defensive Währung ist. Denn, wenn überhaupt, geht die Schwäche ja von den USA aus.
Haben die USA, viertens, nicht das höhere Potenzialwachstum, sodass ihre Vermögensmärkte, fünftens, eine höhere Verzinsung versprechen? Hmm, die Bevölkerungsentwicklung mag etwas günstiger sein als in Europa. Aber dafür hat der US-Zuwachs der für die Vermögensmärkte wichtigeren Arbeitsproduktivität zuletzt empfindlich abgenommen, während er im Euro-Raum eher anzuziehen scheint. Entsprechend bringen französische inflationsgekoppelte zehnjährige Staatsanleihen inzwischen nahezu die gleiche (mickrige) Rendite wie ihre US-Pendants. Dass die US-Vermögensmärkte - neben Anleihen auch Aktien und Immobilien - relativ teuer und insbesondere mit Blick auf das Währungsrisiko unattraktiv sind, vernachlässigen übrigens jene, die, sechstens, mit der unaufhörlichen Vorliebe der Welt für US-Aktiva hausieren gehen.
Ist die Stimmung gegen den Dollar, siebtens, nunmehr nicht derart negativ, dass er - ähnlich wie Ende 2004 - fast nur noch steigen kann, weil alle längst gegen ihn positioniert sind? Gut möglich. Bloß ist die Abwertung zum Euro seit Ende 2005 bisher noch nichts gegenüber jener zwischen 2002 und 2004.
Aber was ist, achtens, mit dem im Euro-Raum ausufernden Geldüberhang, dem in den USA ein seit Mitte 2003 rückläufiger entgegensteht? Das könnte den Euro früher oder später in der Tat in Mitleidenschaft ziehen. Wie die Vergangenheit zeigt, ist es jedoch unmöglich zu sagen, wann - zumal ja auch der US-Geldüberhang bereits wieder zuzunehmen scheint.
Und wenn die US-Wirtschaft, neuntens, im zweiten Halbjahr wieder anzieht, wie es die meisten glauben? Das könnte durchaus Entspannung bringen, aber kaum die Wende. Denn wenn die US-Nachfrage zunimmt, dürfte auch das Handelsdefizit wieder steigen. Derweil würde der deutsche Maschinenbau erst recht an die Kapazitätsgrenze stoßen, womit die EZB noch wachsamer werden müsste.
Trotzdem sind, zehntens, verbale Interventionen der europäischen Politik wohl nur eine Frage der Zeit, falls der Dollar weiter nachgibt, nicht? Absolut. Aber dazu muss er eben erst mal noch ein Stückchen fallen.
SAP
Nahe am Stimmungstief reicht es SAP , Quartalszahlen im Rahmen der Erwartungen abzuliefern, um die Aktie ins Plus zu hieven. Zwar gibt es auch diesmal eine Mängelliste - schwache Wartungserlöse und Cashflow, Gefahr eines weiterhin schwachen Dollars - doch bei einem bereinigten 2008er-KGV von 18 scheinen die Chancen zu überwiegen.
Im Wettkampf mit Oracle hat SAP wieder die Nase vorn. Doch zählt das wirklich? Obwohl beide als Wachstumsfirmen gelten, sieht die Langzeitbetrachtung düster aus. SAP gab es zum heutigen Kurs bereits im Mai 1998 zu kaufen, bei Oracle war es der November 1999. Und das, obwohl sich SAPs Umsatz von 1996 bis 2006 von 1,9 auf 9,4 Mrd. Euro fast verfünffachte, Oracle sich auf 14,4 Mrd. $ mehr als verdreifachte. Dafür konnte Oracle seine Nettomarge von 13 auf 24 Prozent anheben, SAP immerhin noch von 15 auf 20 Prozent. Bei beiden soll der Aufwärtstrend weitergehen. Kapitulieren da die Aktien vor dem Gesetz der großen Zahlen oder vor der Gefahr einer Marktsättigung? Quelle: Financial Times Deutschland Servus, J.B. "Second thoughts are ever wiser." (Euripides) |