von Oliver Wihofszki (Stuttgart)
Anleger und Finanzexperten rechnen nach dem Milliardenangebot von US-Investor Kirk Kerkorian mit einem Bieterkampf um den US-Autobauer Chrysler. Dabei könnte der Mutterkonzern DaimlerChrysler nach Berechnungen der Investmentbank Dresdner Kleinwort für die kriselnde Pkw-Sparte sogar Geld einnehmen.
Bislang hatten viele Analysten erwartet, dass DaimlerChrysler einem potenziellen Chrysler-Käufer eher eine milliardenschwere Mitgift mitgeben müsste, um die hohen Kosten für Krankenversicherung und Rentenansprüche der Chrysler-Mitarbeiter abzudecken.
Am Wochenende hatte Kerkorian eine Barofferte von 4,5 Mrd. Euro für Chrysler abgegeben. Das Übernahmeangebot erhöht den Druck auf DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche, eine Entscheidung über Chryslers Zukunft zu treffen. Denn erstmals liegt jetzt ein konkreter Kaufpreis auf dem Tisch, an dem sich Anleger und Analysten orientieren können. "Das Angebot erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Chrysler verkauft wird", schreiben die Analysten von Dresdner Kleinwort in einer am Dienstag veröffentlichten Studie.
Der DaimlerChrysler-Aktienkurs stieg am Dienstag in Frankfurt am ersten Handelstag in Deutschland nach dem Angebot um 3,6 Prozent auf 62,33 Euro. Die DaimlerChrysler-Aktie war damit Tagessieger im Dax.
Anleger erwarten höhere Gebote
Gleichzeitig zwingt die Kerkorian-Offerte mögliche andere Bieter in die Defensive, weil Anleger von ihnen nun höhere Gebote erwarten. Als Interessenten für die angeschlagene Chrysler-Gruppe gelten neben Kerkorians Investmentfirma Tracinda auch die Beteiligungsgesellschaften Cerberus und Blackstone sowie der Autozulieferer Magna aus Kanada.
Wegen des Kekorian-Angebots hat Dresdner Kleinwort den Marktwert Chryslers neu berechnet. Die Finanzexperten bewerten Chrysler nun mit 341 Mio. Euro. Zuvor hatte Dresdner Kleinwort wegen der hohen Belastungen durch die Gesundheitskosten für Mitarbeiter einen negativen Wert von 2,94 Mrd. Euro errechnet.
Die Aufwertung um über 3 Mrd. Euro begründen die Analysten mit Details aus dem Angebot Kerkorians. So fordert er, dass bei einem Chrysler-Verkauf die Pensionsverpflichtungen und Krankenversicherungskosten gerecht verteilt werden. Dresdner Kleinwort leitet daraus ab, dass eine Summe von rund 12,6 Mrd. Euro zu gleichen Teilen auf Käufer, Verkäufer und Mitarbeiter umgelegt werden müsste. Das bedeutet, dass Kerkorians Gebot bereits etwa 4,2 Mrd. Euro für Gesundheitskosten beinhalte. Die mächtige US-Autogewerkschaft UAW müsste für ihre Arbeiter auf dieselbe Summe verzichten. "Bei diesem Szenario müsste DaimlerChrysler 4,2 Mrd. Euro Bargeld einschießen, um Chrysler verkaufen zu können", urteilen die Analysten. Bei dem von Kerkorian gebotenen Kaufpreis von 4,5 Mrd. Euro ergibt das eine Bewertung Chryslers mit rund 300 Mio. Euro.
Preis zwischen 6 und 9 Mrd. Euro erwartet
Bislang wurde in Finanzkreisen über Preise für Chrysler von zwischen 6 Mrd. Euro und 9 Mrd. Euro spekuliert. Allerdings blieb dabei immer unklar, wie die Gesundheitsbelastungen verrechnet werden. In der Kerkorian-Offerte gibt es dagegen erstmals Anhaltspunkte, wie dieses Problem gelöst werden könnte.
DaimlerChrysler gibt keinen Kommentar zu einem möglichen Chrysler-Verkauf. Auf der Hauptversammlung des Konzerns in der vergangenen Woche bestätigte Konzernchef Zetsche allerdings, dass mit Kaufinteressenten gesprochen werde. Eine Entscheidung über die Zukunft Chryslers ist trotzdem noch nicht gefallen. "Richtig ist auch, dass wir uns weiterhin alle Optionen offenhalten", sagte Zetsche.
Neubewertung
Chrysler Die Barofferte über 4,5 Mrd. Euro des US-Investors Kirk Kerkorian für Chrysler liefert Analysten erstmals Anhaltspunkte, wie Chrysler auf dem Markt für Fusionen und Übernahmen bewertet wird.
Aktie Die Investmentbank Dresdner Kleinwort korrigierte den bisher errechneten negativen Chrysler-Wert um über 3 Mrd. Euro nach oben. Die Banker erhöhten das Ziel für die Daimler-Aktie von 65 auf jetzt 69 Euro.
Bieter Kerkorians Offerte könnte mögliche Interessenten dazu zwingen, ihre Gebote anzuheben.
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uS |