Sino wird in der Faz am Sonntag 'gefeatured' - ein Artikel - ein interview
Am Tropf der Börse
Von Thomas Schmitt
Der auf Profi-Händler spezialisierte Online-Broker Sino ist aus dem Tritt geraten. Stolz kann die Gesellschaft zwar wohl in Kürze offiziell verkünden: Mit einem Kundenwachstum von 26 Prozent, einem Anstieg der Trade-Zahlen von 55 Prozent und einer Gewinnsteigerung von mehr als 80 Prozent gegenüber dem vorherigen Geschäftsjahr ist Sino der am schnellsten wachsende Online-Broker. Doch das sind Zahlen, die bis Ende September 2006 gelten. Die Rekordumsätze im Mai und der folgende Einbruch im Juni und Juli haben gezeigt, welches Risiko die Aktie birgt. Letztlich hängt Sino an der Börsenstimmung.
Der steile Wachstumspfad der Aktie ist außer Reichweite geraten, und auch von Sino selbst kommen vorsichtigere Töne. Vielleicht ist das Potential der "Heavy Trader" in Deutschland doch nicht so groß wie erhofft. Dennoch ist der Kurseinbruch seit Mai übertrieben - nicht nur, weil Konkurrenz höher bewertet ist. Entscheidend ist: Das Unternehmen ist mehr wert, als der Kurs widerspiegelt. Auch falls Sino wider Erwarten den Gewinn im neuen Geschäftsjahr nicht steigert, lohnt ein Kauf - allein wegen der hohen Dividendenrendite. Das Kursziel von SES Research lautet daher: 20 Euro. Und wer schon auf 2009 blickt, mag sich über die Unternehmensteuerreform freuen, von der Sino profitieren wird. Für Sino könnte sie 20 Prozent mehr Gewinn bedeuten.
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 05.11.2006, Nr. 44 / Seite 54
INTERVIEW
"Der Markt hat uns zu Unrecht abgestraft" Ingo Hillen hält die eigene Aktie derzeit für sehr günstig und hat deshalb seinen Bestand aufgestockt
FRAGE: Herr Hillen, warum ist Ihre Aktie so stark gefallen?
ANTWORT: Unser Geschäft hängt am Börsengeschehen. Im Mai war die Euphorie an den Märkten groß, wir hatten so hohe Börsenumsätze wie seit März 2000 nicht mehr. Bis Juli sind die Börsenumsätze dann um 45 Prozent eingebrochen. Das ist ganz erheblich und für jeden Online-Broker spürbar. Der Konkurrenz erging es ähnlich.
FRAGE: Doch nun läuft die Börse wieder?
ANTWORT: Im Oktober ist der Börsenumsatz zwar gestiegen, liegt aber immer noch unter dem Durchschnitt des ersten Halbjahres und deutlich unter den Rekordwerten vom Mai.
FRAGE: Warum haben Sie Ihre Gewinnprognose angepaßt?
ANTWORT: Unser Geschäftsjahr endete am 30. September 2006. Bis Ende Juni hatten wir 4,48 Millionen Euro verdient und unsere Jahresprognose von 4,6 bis 4,9 Millionen Euro fast erreicht. Aus damaliger Sicht hätten wir also leicht mehr als 5 Millionen Euro verdienen können. FRAGE:
Warum klappte das nicht?
ANTWORT: Der Einbruch der Börsenumsätze von Mai bis August machte einen Strich durch die Rechnung, hinzu kam ein Buchungsfehler von 214 000 Euro. SES Research erwartet nun einen Jahresgewinn von operativ 4,4 Millionen Euro.
FRAGE: Damit haben Sie in ihrem Schlußquartal kein Geld verdient?
ANTWORT: Wir haben operativ natürlich Geld verdient, die Zahlen legen wir in Kürze vor. Im letzten Quartal fielen aber noch besondere Aufwendungen von etwa 200 000 Euro an - etwa Kosten für Gratisaktien und Rückbauverpflichtungen nach unserem Umzug. Unter dem Strich kommen wir dennoch wesentlich besser heraus als ursprünglich erwartet. 2004/05 hat Sino 2,36 Millionen Euro verdient, unsere erste Prognose für 2005/2006 lag bei 3,0 bis 3,3 Millionen Euro.
FRAGE: Trotzdem wurden Sie abgestraft?
ANTWORT: Das ist nicht gerechtfertigt, zumal gleichzeitig die Kurse der Konkurrenten zuletzt deutlich gestiegen sind. Gegenüber den Mitbewerbern hat uns die Börse noch nie mit einem so hohen Abschlag bewertet. Wenn die Märkte und die Umsätze anziehen, sind wir es, die am stärksten profitieren. FRAGE:
Warum kaufen Sie eigene Aktien?
ANTWORT: Vorstand und Aufsichtsrat haben in den vergangenen acht Wochen mehr als ein Prozent des Unternehmens dazugekauft, weil wir den Kurs für zu niedrig halten. Sino notiert mit dem Elffachen des Neun-Monats-Gewinns, die Konkurrenz mit dem Zwanzigfachen. Diese Differenz ist nicht nachvollziehbar.
FRAGE: Die Börse glaubt an Stagnation?
ANTWORT: Wir haben in drei Jahren unseren Gewinn nahezu vervierfacht. Sicher ist es unwahrscheinlich, daß wir so weiterwachsen. Doch wir wollen auch künftig stärker als die Konkurrenten zulegen.
FRAGE: Ihr Top-Argument für die Aktie?
Ein für 2005/06 geschätzter Gewinn pro Aktie von 1,11 Euro bedeutet eine Dividendenrendite von mehr als sieben Prozent. Zudem haben wir netto 4,5 Millionen Euro in der Kasse und eine 43prozentige Beteiligung an der Tick-TS AG. Die Firma vertreibt ein Handelssystem und gewinnt, in Kooperation mit HSBC Trinkaus & Burkhardt, stetig neue institutionelle Kunden. Ich glaube, die Tick-TS kann eine zweite Sino werden. FRAGE: ANTWORT: stt.
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 05.11.2006, Nr. 44 / Seite 54 Gruß Moya |