Frankfurt Anleger setzen auf zurückgebliebene Werte Dax legt erneut zu - Lufthansa größter Gewinner im Leitindex - Umlaufrendite am Rentenmarkt sinkt deutlich Frankfurt/Main - Die Anleger haben sich am deutschen Aktienmarkt auch am Donnerstag in Kauflaune gezeigt. US-Notenbankchef Ben Bernanke habe die Stimmung gehoben und den Markt aus der Lethargie gerissen, so Händler. Die von Bernanke ausgelösten Spekulationen auf ein baldiges Ende der Zinserhöhungen in den USA hatten bereits am Mittwoch weltweit die Aktienkurse in die Höhe getrieben. Angesichts schwacher US-Börsen betrug das Plus im Dax am späten Nachmittag allerdings nur noch 0,2 Prozent auf 5552 Punkte. Am Mittwoch hatte er bereits 2,6 Prozent zugelegt. Der MDax legte 0,5 Prozent auf 7678 Zähler zu; der TecDax kletterte um 0,6 Prozent auf 600,38 Punkte.
"Die kleine Euphoriewelle, die wir gesehen haben, könnte bald aber wieder abebben, wenn in den nächsten Tagen nicht genügend Anleger mit einsteigen", warnte Marktanalyst Christian Schmidt von Helaba Trust. "Der Nahostkonflikt und damit verbunden der Ölpreis und die Unsicherheit über die Konjunkturentwicklung sind weiter da", meinte Händler Stefan Chmielewski vom Brokerhaus Lang & Schwarz.
Die jüngsten Quartalszahlen großer US-Konzerne fielen sehr unterschiedlich aus. Während der weltgrößte Chipproduzent Intel und der US-Autobauer Ford die Anleger mit ihren Zwischenberichten enttäuschten, konnten der Computerhersteller Apple und der Handyproduzent Motorola überzeugen.
Am Rentenmarkt sank die durchschnittliche Umlaufrendite der börsennotierten Bundeswertpapiere auf 3,94 (Vortag: 3,98) Prozent. Der Rentenindex Rex legte um 0,16 Prozent auf 116,93 Punkte zu. Der Kurs des Euro stieg kräftig. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,2643 (Mittwoch: 1,2482) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7910 (0,8012) Euro.
Die Aufwärtsbewegung bei den Dividendenpapieren hielt am Donnerstag an. "Die Aktien, die zuletzt besonders gelitten hatten, holen jetzt am deutlichsten auf", konstatierten Marktteilnehmer. So legten Continental 1,2 Prozent auf 74,26 Euro zu. In den vergangenen fünf Handelstagen hatten die Aktien des Reifenherstellers mit Verlusten von sechs Prozent noch zu den größten Verlierern unter den Standardwerten gezählt. Größter Dax-Gewinner waren mit einem Anstieg von 2,1 Prozent auf 14,64 Euro aber die Titel der Lufthansa. Grund: Die viertgrößte US-Fluggesellschaft Continental Airlines präsentierte trotz gestiegener Treibstoffkosten im zweiten Quartal eine Gewinnverdoppelung.
Gefragt waren zudem besonders auch zyklische Werte, da die Hoffnung auf Ende des US-Zinsanstiegs bei vielen Akteuren auch den Konjunkturpessimismus dämpft. So legten Pfleiderer um 2,7 Prozent auf 19,50 Euro zu, Salzgitter verbesserten sich um 1,9 Prozent auf 64,31 Euro und Bilfinger Berger stiegen um zwei Prozent auf 40,81 Euro.
Angesichts des überraschenden Quartalsverlusts bei Ford fielen Kursaufschläge bei den deutschen Autowerten allerdings eher mager aus. Bei Volkswagen stand ein Plus von 0,3 Prozent auf 53,46 Euro zu Buche, BMW kletterten um 0,2 Prozent auf 38,49 Euro. Hier zeigte der verkündete Wechsel an der Konzernspitze praktisch keine Resonanz. DaimlerChrysler rutschten dagegen um 0,3 Prozent auf 38,25 Euro ab.
Die Aktien von SAP verloren nach der Vorlage des vollständigen Quartalsberichts zwei Prozent auf 144,53 Euro. Bereits in der Vorwoche war die Aktie kräftig unter Druck geraten, nachdem der Software-Hersteller erste Eckdaten bekannt gegeben hatte, die unter den Erwartungen lagen.
Im MDax standen mit Vivacon die größten Verlierer der vergangenen vier Handelswochen mit einem Plus von sechs Prozent auf 16,85 Euro an der Spitze der Gewinnerliste. Einige Analysten haben die Aktie des Immobilienkonzerns wieder empfohlen, nachdem die Absage des Börsengangs eines britischen Ablegers in London den Kurs im Juni gedrückt hatte.
Artikel erschienen am Fr, 21. Juli 2006
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