ALTANA Pharma vor unsicherer Zukunft - Komplettverkauf erwartet
Die von Rückschlägen und bevorstehenden Patentabläufen geplagte Pharmasparte der Bad Homburger Pharma- und Spezialchemiegruppe ALTANA AG geht 2006 einer unsicheren Zukunft entgegen. Branchenkenner erwarten, dass Unternehmenschef Nikolaus Schweickart eine nervenaufreibende Hängepartie vermeiden möchte und bis Mitte 2006 einen Käufer für die nach Umsatz größere Pharmasparte bekannt geben wird. Zudem ist für 2006 der Börsengang des zweiten Standbeines, der Chemiesparte, angekündigt. Der langjährige ALTANA-Chef und Klatten-Vertraute Schweickart musste jüngst erstmals öffentlich einräumen, dass der Umsatzausfall durch den 2009/2010 in Europa und den USA auslaufende Patentschutz für Pantoprazol durch die neuen Atemwegsmittel Alvesco und Daxas nicht rechtzeitig ausgeglichen werden kann. Die Umsätze mit Alvesco entwickeln sich schwächer als erwartet und Mitte November zogen die Bad Homburger den Zulassungsantrag für das zweite Atemwegsprodukt, Daxas, bei der europäischen Zulassungsbehörde EMEA zurück. Erst Ende Juni hatte der weltgrößte Pharmakonzern Pfizer die Zusammenarbeit mit ALTANA für Daxas in den USA beendet und damit Zweifel am zukünftigen Erfolg des Mittels geschürt. ALTANA-Chef Schweickart hat nun jüngst die Investmentbank Goldman Sachs mit der Suche nach einem strategischen Partner - oder auch Käufer für die Sparte beauftragt. Eine Zerschlagung oder ein Verkauf an den Meistbietenden hatte der ALTANA-Manager ausgeschlossen. FONDSMANAGER SIEHT GERINGE ERFOLGSAUSSICHTEN FÜR PARTNERSCHAFT Fondsmanager Holger Geißler vom DWS, der Fonds-Tochter der Deutschen Bank, sieht das ALTANA-Management unter Zeitdruck: "ALTANA hat wenig Zeit, eine Lösung für die Pharma-Sparte zu finden. Ich kann nur hoffen, dass sich das Management nicht nur mit dem Börsengang der Chemie-Sparte beschäftigt, sondern Pharma auf die richtige Schiene setzt. Entweder geht ALTANA das Risiko ein und nimmt eine Milliarde Euro für Zukäufe in die Hand, um den generischen Wettbewerb für seinen Kassenschlager Pantoprazol abzupuffern oder es geht den Weg der strategischen Partnerschaft, deren Erfolgswahrscheinlichkeit eher gering ist", resümierte Geißler. QUANDT-ERBIN WILL RISIKO DES PHARMAGESCHÄFTES NICHT MEHR TRAGEN Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass sich die Milliarden-Erbin Susanne Klatten aus dem mit Unsicherheiten behafteten Pharmageschäft komplett zurückzieht und sich zukünftig ganz auf das ALTANA-Chemiegeschäft konzentriert. Während Frau Klatten an der Chemie-Gruppe, die 2006 von der Deutschen Bank an die Börse gebracht werden soll, künftig auch 50,10 Prozent halten werde, werde der Anteil an der Pharma-Gruppe nach dem Einstieg eines Partners geringer sein, sagte Schweickart jüngst vor Journalisten. Pharmaanalyst Karl-Heinz Scheunemann vom Bankhaus Metzler sagte: "Bei ALTANA hat sich wohl auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Pharmasparte mit einem Umsatz von mehr als 2 Milliarden Euro alleine nicht überlebensfähig ist. Bei einem geschätzten Wert des Pharmageschäfts von mehr als vier Milliarden Euro wäre ein Kaufpreis von 5,5 bis 5,8 Milliarden Euro schon ein schöner Aufschlag." NOVARTIS UND SANOFI-AVENTIS HEISSE KANDIDATEN FÜR ALTANA-PHARMA Dem Pharmakonzern Novartis wird bereits ein Interesse an der ALTANA-Sparte nachgesagt. Zwischen beiden Unternehmen habe es bereits Gespräche gegeben, die aber bislang zu keiner Annäherung bei der Bewertung der Pharmasparte geführt hätten. Fondsmanager Markus Manns von Union Investment sagte dazu: "Novartis ist meiner Meinung nach eher an neuen Produkten interessiert." Deshalb sei für ihn eine Übernahme durch die Schweizer eher unwahrscheinlich. Als weiterer möglicher Interessent wird der französische Pharmakonzern Sanofi Aventis gehandelt. Sanofi Aventis ist bereits als ALTANA-Partner bei Entwicklung und Vertrieb von Alvesco im Boot. Sanofi-Aventis-Chef Jean-Francois Dehecq lehnte Anfang Dezember einen Kommentar zu dem Thema ab. In beiden Fällen würden sich nach Einschätzung von Beobachtern Überhänge in Produktion und Marketing ergeben, was auf einen Stellenabbau hinauslaufen würde. "Wir glauben, dass bei einem Verkauf Vereinbarungen zur Standortsicherung eine wesentliche Rolle spielen", sagte Alexander Groschke von der LRP. Da Sanofi die Übernahme von Aventis schon verdaut habe, käme ALTANA Pharma grundsätzlich in Frage, so Groschke. Analysten schließen auch ein Interesse von ALTANA-Partner Wyeth nicht aus. Der US-Pharmakonzern ist derzeit bereits ALTANA-Partner für den Vertrieb des Magen-Darmmedikaments Pantoprazol und würde mit dem Kauf der Sparte sein Standbein in Deutschland aufbauen. "Wyeth könnte sich mit dem Kauf die hohen Lizenzgebühren von 25 Prozent für die Pantoprazol-Vermarktung von Pantoprazol sparen", sagte Karl-Heinz Scheunemann, Analyst vom Bankhaus Metzler. In Deutschland wird immer wieder die Darmstädter Merck KGaA als Interessent genannt. Die frühe Onkologiesparte von ALTANA passe gut zum Merck-Geschäft mit dem Krebsmedikament Erbitux, so LRP-Analyst Groschke: "Die Darmstädter sind der heißeste Kandidat für eine Übernahme der ALTANA-Pharma", urteilt LRP-Analyst Groschke. Gruß Moya |