Wurde irakische Armee unterschätzt?
 | Alliierte stoßen nach wie vor auf heftigen Widerstand der irakischen Armee. |
Die Euphorie der ersten Kriegstage ist längst verflogen. Gleichzeitig mehren sich Hinweise auf eine irakische Gegenoffensive. Alliierte sehen sich zu Strategiewechsel und Truppenverstärkung gezwungen.
Zu Beginn der zweiten Kriegs-Woche hat die US-Armee mit dem Aufbau einer Nordfront begonnen. Bis zu tausend Fallschirmjäger landeten am Mittwochabend auf einem Flugplatz in dem von Kurden kontrollierten Gebiet, wie ein Vertreter des Verteidigungsministeriums in Washington mitteilte. Bagdad wurde auch am Morgen wieder von einer Serie von Explosionen erschüttert.
Bildershow: Die Großoffensive der Alliierten
Im Süden des Landes griffen britische und US-Truppen eine umfangreiche Militärkolonne der irakischen Armee aus der Luft an. Rund 120 T55-Panzer sowjetischer Bauart, Artillerie und gepanzerte Mannschaftstransportwagen seien zuvor von der belagerten Millionenstadt aus aufgebrochen. Nach britischen Angaben bewegt sich die irakische Kolonne südöstlich in Richtung der britischen Stellungen auf der Halbinsel Fau. Bei einer öffentlichen Debatte des UN-Sicherheitsrates veruteilte die Mehrzahl der Redner den Krieg.
Die irakischen Kämpfer leisteten mit Guerillataktik heftigen Wiederstand. Etwa 250 Iraker seien getötet worden, als die 1. Brigade eine Brücke im Norden von Nadschaf gesichert habe, sagte der Geheimdienstoffizier John Altman von der 1. Brigade. Weitere 200 Kämpfer seien im Westen von Nadschaf ums Leben gekommen, die anderen 200 Iraker seien an verschiedenen Orten getötet worden. Auf US-Seite habe es keine Todesopfer gegeben.
Bildershow: Bodeninvasion der Truppen
 | (AFP/EPA) Bilder, die das amerikanische Publikum nicht sehen soll: Gefangener US-Soldat in Bagdad. |
Nach Angaben eines Pentagon-Beamten geriet das 7. Kavallerie-Regiment der US-Streitkräfte in der Region von Nadschaf unter irakischen Artilleriebeschuss. Danach hätten sich die US-Soldaten heftige Gefechte mit der irakischen Infanterie geliefert. Auf US-Seite seien lediglich einige Militärfahrzeuge beschädigt.
Terrorgefahr durch Irak-Krieg? freenet.de fragte Dr. Henner Fürtig, Irak-Experte und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Orient Institut in Hamburg.
Bagdad lag wegen des heftigen Sturms unter einer Sandwolke. Zudem legten die seit Samstag brennenden Ölgräben dichte Rauchwolken über die irakische Hauptstadt; offenbar soll dies die Sicht für angreifende Kampfjets behindern. Ein Markt im Norden der Stadt sei von mindestens zwei Raketen der britischen oder US-Armee getroffen worden, teilte der Leiter der irakischen Zivilverteidigungskräfte mit. Dabei seien 14 Menschen getötet und mindestens 30 verletzt worden. Auch die nordirakische Stadt Mossul wurde laut TV-Berichten erneut bombardiert.
Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon bestätigte Berichte über einen schiitischen Aufstand und über Angriffe irakischer Soldaten auf die Zivilbevölkerung im umkämpften Basra. "Wir wissen, dass es Versuche der Miliz gegeben hat, das eigene Volk anzugreifen", sagte Hoon dem Rundfunksender BBC. Diese Information stamme aus "verschiedenen Quellen". Ein britischer Offizier, der mit seinen Truppen vor Basra stand, berichtete von einem Aufstand im Norden der Stadt. Ein Reporter des katarischen Fernsehsenders El Dschasira in Basra hatte dagegen berichtet, er könne keinen Aufstand beobachten.
Der Irak-Krieg: ein Völkerrechtsverstoß?
Entgegen ihrer ursprünglichen Strategie hatten die US-geführten Streitkräfte die Entscheidung getroffen, die seit Tagen umkämpfte Millionenstadt Basra doch zu besetzen. Etwa tausend irakische Soldaten leisten in Basra weiter heftigen Widerstand.
Verbleib Saddam Husseins unklar
 | (AFP/EPA) TV-Ansprache Saddam Husseins nach den Angriffen. |
Wie der amerikanische Fernsehsender ABC berichtete, sollen Augenzeugen dem US-Geheimdienst CIA berichtet haben, Saddam sei auf einer Bahre aus dem zerbombten Gebäude getragen worden. Sanitäter hätten ihn mit einer Sauerstoff-Maske beatmen müssen.
Ein anderer Regierungsmitarbeiter sagte, Beweise deuteten darauf hin, dass der irakische Staatschef in einem Gebäude gewesen sei, das zerstört wurde. Er habe das Gebäude vor den Angriffen nicht verlassen, sagte ein dritter Regierungsbeamter der Zeitung. Die US-Regierung bestätigte die Informationen der "Washington Post" zunächst nicht. Nach den Angriffen hatte sich Saddam Hussein in einer Rede an sein Volk gewandt. Unklar war aber, ob die Rede schon vorher aufgezeichnet wurde.
Nach irakischen Angaben haben Saddam Hussein und seine Familie die US-Angriffe auf Bagdad überlebt. Sie seien "in Sicherheit und wohlauf", sagte der irakische Informationsminister Mohammed Said el Sachaf. Die am Donnerstagabend abgefeuerten US-Bomben hätten auf die Residenz der Familie von Saddam Hussein gezielt, doch "durch den Schutz Gottes haben sie die Angriffe überlebt", erklärte Sachaf bei einer Pressekonferenz in Bagdad. "Sie sind in Sicherheit". |