An Drohungen an die Adresse der CDU lässt es Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) dieser Tage nicht fehlen. Direkt wie selten zuvor skizziert der Politiker einen möglichen Bruch der Potsdamer Großen Koalition. Im SPIEGEL schwärmte Platzeck nun ganz offen von den Qualitäten des zweiten möglichen Regierungspartners, der PDS, die er als "demokratische Partei" bezeichnete. In der Berliner Stadtkoalition zeige die PDS, "dass sie auch einen harten Sparkurs" mittrage. Unausgesprochen schwingt in jeder Zeile Platzecks mit, dass die PDS gleiches wohl auch in der Mark leisten könne, wo die Haushaltslage ähnlich gespannt ist wie in der Hauptstadt. Für den ehemaligen Bundeswehrgeneral Jörg Schönbohm wird es nun eng. Wesentlich offener als Platzeck äußern sich seine Genossen zur Zukunft des CDU-Hardliners. Konkret wird schon der Rücktritt des ehemaligen Innensenators von Berlin gefordert, um den Fortbestand des Bündnisses mit seiner Partei zu ermöglichen. "Die Koalition geht mit Schönbohm definitiv nicht weiter", sagte die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Katrin Molkentin gegenüber SPIEGEL ONLINE. "Die CDU hat jetzt die Wahl: Entweder sie kippen Schönbohm oder das Bündnis platzt", so Molkentin weiter.
Verhandlungen mit der PDS laufen schon
Mit den Eskapaden der letzten Tage hat Schönbohm den Bogen der Toleranz bei den Genossen heftig überspannt. Erst forderte er in einem Interview eine Lockerung des Folterverbots für Terror-Verdächtige. Kurz darauf wurde bekannt, dass er gemeinsam mit 26 anderen CDU-Politikern aus Brandenburg und Berlin ein Entschuldigungsschreiben an den US-Präsidenten George W. Bush sandte, in dem aber vor allem die rot-grüne Bundesregierung an den Pranger gestellt wird.
Für die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Katrin Molkentin ist die Ära Schönbohm zu Ende Diese und diverse andere Ausrutscher in den letzten Monaten haben Regierungschef Platzeck so erzürnt, dass dieser bereits zu sehr konkreten Verhandlungen mit der PDS zusammensaß. Selbst mögliche Ministerkandidaten wurden bei einem Glas Wein bereits festgezurrt und Detailfragen einer möglichen Regierung besprochen. "Auch wenn sich Herr Schönbohm immer wieder entschuldigt und herausredet, können wir einfach nicht mehr glauben, dass dies die letzten Ausrutscher waren", beschwert sich die Vize-Parteichefin Molkentin.
Landesverband will nicht mehr mit Schönbohm
Sicherlich ist Molkentin eine der Anführerinnen des Widerstands gegen Schönbohm, der vor allem bei den jungen Sozialdemokraten Konjunktur hat. Die Worte des eher gemäßigten SPD-Landesgeschäftsführers Klaus Ness gehen jedoch in die gleiche Richtung. Auch für ihn liegt die Entscheidung über die rot-schwarze Zukunft in den Händen der CDU. Die Union müsse sich nun schnell überlegen, ob sie einen pragmatischen Kurs verfolgen oder "Speerspitze gegen Rot-Grün" sein wolle. Diese symbolische Spitze aber ist fest verbunden mit dem Namen Jörg Schönbohm. Gespannt schauen die Genossen nun auf die erwartungsgemäß heftig ausfallende Rede des Ex-Generals beim politischen Aschermittwoch.
Dieser Brief diverser CDUler an George W. Bush war der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum überlaufen brachte Ob der Streit um die Person Schönbohm überhaupt noch so lange dauern wird, ist fraglich. Die neuen und scharfen Äußerungen aus der SPD stellen ihm, vor allem aber seinen Parteifreunden ein klares Ultimatum. Bereits am Freitagabend wird der Landesausschuss der Sozialdemokraten zusammenkommen und Platzeck seine Sicht der Dinge darstellen. Mitglieder des Gremiums wollen dem Ministerpräsidenten bei der Abendsitzung deutlich sagen, dass sie mit Schönbohm nicht mehr weitermachen wollen.
Weiter mitregieren oder an Schönbohm festhalten?
Am kommenden Montagabend trifft sich in Potsdam der Parteivorstand und wird über die Zukunft der Koalition beraten. "Wenn von der CDU bis dahin kein klares Signal gegen Schönbohm kommt, ist die Sache gelaufen", schätzt SPD-Frau Molkentin. Sie betonte allerdings, dass es für die CDU nach einem Abgang Schönbohms noch Chancen gebe. "Die Herren und Damen müssen sich nun zu dem Schritt entscheiden, sonst läuft auch ihre Zeit ab", so die SPD-Vize des Landes.
Bisher gibt es aus der CDU aber keine Signale für einen Königsmord. Am Freitag ließ der Generalsekretär der Union, Thomas Lunacek, über die Deutsche Presseagentur mitteilen, zur Großen Koalition in Brandenburg gebe es keine reale Alternative. Der Unions-Mann gestand zwar "erhebliche Irritationen" ein, jedoch sei die "Koalition dringend gefordert" und werde "wieder zusammenrücken". Neben allen Friedensbekundungen aber stellte der CDU-Generalsekretär auch klar, dass jegliche Forderungen nach einer Ablösung Schönbohms "weltfremd" seien. "Schönbohm ist innerhalb der Union unangefochten", so Lunacek. Unabhängig von dieser Loyalitäts-Adresse an Schönbohm wird sich die Partei überlegen müssen, was ihnen wichtiger ist: Der Platz auf der Regierungsbank oder ihr Landesvorsitzender.
...Da kann man nur hoffen, dass es in Brandenburg Neuwahlen gibt.
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