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Altmaier sucht rot-grüne Lügen Part III /1-?
Seite 1 von 1
neuester Beitrag: 19.02.03 19:43
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eröffnet am: | 19.02.03 16:46 von: | Spitfire33 | Anzahl Beiträge: | 3 |
neuester Beitrag: | 19.02.03 19:43 von: | Spitfire33 | Leser gesamt: | 1953 |
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Quelle am Textende
Eduard Zwick
1982 avancierte Stoiber zum Leiter der Staatskanzlei. Bis zum Tod von Strauß im Jahre 1988 war er dessen "Hausmeier" und will bis heute von allen fragwürdigen Spezl-Geschichten seines damaligen Chefs nichts mitbekommen haben. 1994 erklärte der penible Aktenfresser Stoiber beispielsweise, er kenne den Strauß-Freund und Steuerflüchtling Eduard Zwick gar nicht, der den bayerischen Finanzbehörden 70 Millionen Mark Steuern schuldete, in die Schweiz flüchtete und gegen den die Staatsanwaltschaft im Dezember 1983 einen Haftbefehl erwirkte. Fakt ist jedoch, dass Stoiber 1982 mit seiner Frau an die Cote d´Azur nach Cannes flog, um dort mit Strauß dessen Geburtstag zu feiern. Man tafelte in einem feinen Restaurant. Sowohl das Festmenü als auch das Hotelzimmer der Stoibers bezahlten die Zwicks. Später wollte Stoiber nicht mehr wissen, wer für die Party aufgekommen sei. Mit der Steuersache Zwick sei er nie befaßt gewesen, sie sei nicht über seinen Tisch gegangen - eine kaum glaubhafte Einlassung, wo er doch für Strauß praktisch die Regierungsgeschäfte führte. Der "Spiegel" legte kurz darauf einen Brief vor, der bewies, dass Stoiber Herrn Zwick und seinen Steuerfall sehr wohl kannte. Die "Süddeutsche Zeitung" präsentierte einen Aktenvermerk vom 22. Oktober 1987 mit Tips für die Familie Zwick, den Stoiber als Leiter der Staatskanzlei persönlich abgezeichnet hatte. Darin fand sich der Hinweis, man solle doch Zwick junior vor einem drohenden Haftbefehl gegen seinen Vater warnen. Das roch geradezu nach Rechtsberatung der Staatskanzlei für einen Steuerflüchtling und Strafvereitelung im Amt. Stoiber gab vor, das Papier nur kommentarlos paraphiert zu haben.(1)
Dieter Holzer
Er spricht grundsätzlich nicht mit Journalisten und verkehrt mit Präsidenten und Monarchen, er knüpft Verbindungen, aus denen oft millionenschwere Projekte hervorgehen - Dieter Holzer ist "ein Mann für gewisse Geschäfte" und nicht zuletzt in Bayern einer mit guten Kontakten zur CSU.(1)
Durch die Schreiber-Affäre und den Parteispendenskandal ist er unversehens ins Rampenlicht der Öffentlichkeit geraten, auch wenn von ihm nur wenige, zumeist unscharfe Fotos existieren. Beim Verkauf der Leuna-Raffinerie soll er im Hintergrund die Fäden gezogen, Schmiergelder gewaschen und an Politiker verteilt haben.(2)
Der geheimnisvoll und zwielichtig erscheinende Holzer wird, so die "Welt", mal als Geschäftsmann betitelt, mal als Berater, bisweilen auch als Waffenhändler.(3)
Gerade auch in bayerischen Gefilden ist Dieter Holzer ein Begriff.
So waren Holzer und Stoiber früher gut befreundet. Zwischen 1982 und 1989 verbrachte die Familie Stoiber fast jedes Jahr ihren Urlaub in Holzers Villa in Golfe Juan an der Cóte d´ Azur. Der Aufenthalt soll in der Regel drei Wochen gedauert haben.(4) Den Urlaubsflug nach Südfrankreich übernahm die "Regierungs-Airline" von MBB. Nach Auskunft der Staatskanzlei vom November 1999 endete die Freundschaft zwischen den Stoibers und den Holzers 1989 "wegen tiefer persönlicher Differenzen". Gerüchten zufolge soll Holzers Ehefrau die Gepflogenheiten der Familie Stoiber nicht mehr ertragen haben. Ebenfalls gerüchteweise soll Stoiber das Bekanntwerden von Einzelheiten dieser Ferienaufenthalte fürchten.(5) Im Anwesen Oettingenstraße 22 in München gehören Holzer zwei, Stoibers Ehefrau Karin ein Appartement. Auch die Marianne-Strauß-Stiftung zog dort ein. Aus der Antwort des Leiters der Staatskanzlei, Erwin Huber, auf eine Anfrage des heutigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Franz Maget vom 25. Januar 2000 geht außerdem hervor, dass sich Holzer "bis 1989" in seiner Eigenschaft als libanesischer Honorarkonsul mit verschiedenen Anliegen an Stoiber gewandt hat. Angeblich blieben fast alle Anliegen erfolglos beziehungsweise sei deren Ausgang unbekannt.(6)
Obwohl Stoiber seit 1989 nichts mehr von Holzer wissen will, ist letzterer bis heute eng mit Wirtschaftsminister Wiesheu befreundet und betätigte sich kurz vor der Landtagswahl ´98 als Nothelfer der Bayerischen Staatsregierung. Mitten im Wahlkampf jetteten Wiesheu und Holzer am 24. August 1998 gemeinsam nach Saudi-Arabien, um eine Bürgschaft der staatlichen Landesanstalt für Aufbaufinanzierung (LfA) in Höhe von 40 Millionen Mark zu retten. Die Bürgschaft war für einen Auftrag in Höhe von 1,1 Milliarden Mark an die inzwischen in Konkurs gegangene Firma "Chiemgauer Membran-und Zeltbau" in Rimsting am Chiemsee übernommen worden. Das mittelständische Unternehmen sollte eine im April 1997 abgebrannte Pilger-Zeltstadt wieder aufbauen. Die Vermittlungen von Dieter Holzer hatten jedoch ausnahmsweise keinen Erfolg, die Bayern-Millionen versandeten in Mekka. Noch im November 1999 bestritt die Staatsregierung, dass Holzer für die LfA tätig geworden sei: "Herrn Holzer wurden keine Aufträge erteilt."(7) Später war es dann doch ein bißchen anders. "Es war kein Auftrag an Holzer, es war eine Bitte", so Wiesheu. Er habe ihn angerufen und gesagt: "Du kennst doch da unten ein paar Leute. Kannst Du abklären, wie die Situation ist und welche Möglichkeiten es für uns gibt?"(8) Angeblich hat Holzer - der beim Leuna-Deal etliche Millionen kassierte - sogar die Flugkosten selbst bezahlt und für seine Mittlerdienste keine Gegenleistung vom Freistaat erhalten.
Gegenüber dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Franz Maget offenbarte Wiesheu zu Beginn des Jahres, dass er Holzer darüber hinaus mehrfach zu Verhandlungen mit ausländischen Konzernen im Interesse bayerischer Firmen hinzugezogen habe. Geld soll der Unterhändler jedoch nie erhalten haben.(9)
Sehr zugeknöpft gibt sich die CSU-Riege, was ihre Beziehungen zu Holzer anbelangt. Nur scheibchenweise und auf eindringliches Nachfragen hin wurden all diese Kontakte eingeräumt. Über weitere intensive persönliche Kontakte weigerte sich die Staatsregierung, Auskunft zu geben: "Private Kontakte der Mitglieder der Staatsregierung ... unterliegen nicht der Kontrolle des Landtages."(10) Doch was heißt schon "privat" angesichts der undurchsichtigen Gemengelage aus "Aufträgen", "Bitten", gemeinsamen Flügen und Reisen?
Und es gibt weitere persönliche Beziehungen, die Fragen aufwerfen. Holzer ist mit dem von Zielfahndern des Bundeskriminalamtes gejagten Ex-CSU-Staatssekretär Holger Pfahls befreundet. Sein ältester Sohn war Assistent von Pfahls, als dieser DaimlerChrysler-Repräsentant in Singapur war. Die Fahnder gehen davon aus, dass Holzer und seine Söhne Pfahls beim Untertauchen behilflich waren.(11)
Anmerkungen
(1)"Die Welt" vom 21. Januar 2000: "Ein Mann für gewisse Geschäfte"
(2) "Passauer Neue Presse" vom 21. Januar 2000: "Der Schattenmann"
(3) "Die Welt" vom 21. Januar 2000
(4) "Abendzeitung" vom 16. November 1999
(5) "Abendzeitung" vom 04. Februar 2000: "Edmunds Ferien - ganz privat"
(6) vgl. Antwort des Leiters der Staatskanzlei vom 25. Januar 2000 auf die schriftliche Anfrage des Abgeordneten Franz Maget vom 16. November 1999 betreffend "Kontakte von Mitgliedern der Bayerischen Staatsregierung zu den Kaufleuten Karlheinz Schreiber und Dieter Holzer"
(7) "Abendzeitung" vom 04. Dezember 1999: "Bayern-Millionen in Mekka versandet"; "Augsburger Allgemeine" vom 20. Januar 2000: "Über Nacht kam die Bürgschaft"
(8) "Abendzeitung" vom 04. Dezember 1999
(9) "Süddeutsche Zeitung" vom 02. Februar 2000: "Eine gute Adresse für Schreiber und Holzer"
(10) Antwort der Staatskanzlei vom 25. Januar 2000; siehe auch dpa-Meldung vom 01. Februar 2000: "SPD hakt nach: Staatsregierung soll auch private Kontakte nennen"
(11) "Süddeutsche Zeitung" vom 16. November 1999; "Abendzeitung" vom 16. November 1999
Karlheinz Schreiber
Strauß-Freund und "Trouble-Shooter"
Schreiber ist bekannt als zwielichtiger CSU-Spezi und Waffenhändler, der im Zentrum des CDU-Parteispendenskandals in Deutschland steht und dessen angekündigte Enthüllungen die komplette CSU-Spitze in Bayern fürchtet.
Ins internationale Geschäft stieg er in den siebziger und achtziger Jahren dank engster Kontakte zum damaligen CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß auf. Er selbst beschreibt sich immer als "Vermittler in internationalen Angelegenheiten" und zählt die Mächtigen der Welt zu seinen Gesprächspartnern.(1)
Schreiber ist CSU-Mitglied im Kreisverband Landsberg/Lech, und fand Eingang in den Dunstkreis von Franz Josef Strauß. Der CSU-Übervater erkannte offenbar gleich, dass Schreiber nützlich sein konnte: "Mich hat er gerufen, wenn es gebrannt hat. Ich war Trouble-Shooter... Die haben mir fast die Schulter runtergeprügelt vor Begeisterung", schwärmte Schreiber über seine Glanzzeit im Amigo-Freistaat. Mit dem mächtigen Strauß als Protektor blieb vor Schreiber kaum eine Tür verschlossen.
Korruption - das älteste Gewerbe der Welt?!
Schreibers Lebensinhalt ist es, Geschäfte zu machen und dabei vor allem keinerlei Skrupel zu haben. Sein Geschäfts-Credo: "Korruption ist so unausrottbar wie Prostitution. Auch heute geht kein Geschäft von alleine. Da muss man was tun."
Schreiber wird Steuerhinterziehung in zweistelliger Millionenhöhe sowie Bestechung, Beihilfe zum gemeinschaftlichen Betrug und zur Untreue vorgeworfen.(2) Er soll dem damaligen Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Holger Pfahls, 3, 8 Millionen Mark für die Vermittlung des Panzergeschäfts mit Saudi-Arabien bezahlt haben. Zudem sollen die ehemaligen Thyssen-Manager Jürgen Maßmann und Winfried Haastert Provisionen kassiert haben.(3) Die Ermittler haben auf Tausenden von Seiten Beweismittel gegen Schreiber und die Mitangeklagten zusammengetragen, allein die Anklageschrift ist 165 Seiten lang. Zur Stützung der Anklage wurden 57 Zeugen benannt. Seitdem bekannt wurde, dass zu den verschwundenen Akten aus dem Kanzleramt auch Dokumente über das Panzergeschäft mit Saudi-Arabien zählten, werden die 72 Aktenordner im Augsburger Landgericht besonders gut bewacht. Die wichtigsten Originale sind inzwischen in einem geheimen Versteck, im Zimmer des Vorsitzenden Richters Maximilian Hofmeister stehen nur noch Kopien.(4)
Das Ermittlungsdrama um Schreiber & Co(5)
Das Verfahren gegen Schreiber verlief jedoch nicht immer so sorgfältig, gewissenhaft und vor allem reibungslos, wie es die Verwahrung dieser Akten vermuten läßt. Die Konflikte innerhalb der bayerischen Staatsanwaltschaft sind in den Handakten dokumentiert: Anfragen, Weisungen, Vermerke, Gesprächsnotizen. Vordergründig ging es um ermittlungstaktische Fragen. In Wahrheit lautete die entscheidende Frage: Können Staatsanwälte im CSU-Land Bayern gegen prominente Mitglieder der Union mit besten Verbindungen zur Landes- und zur alten Kohl-Regierung unabhängig ermitteln? Die "Zeit" beantwortete diese Frage mit einem klaren Ja: "Wenn sie bereit sind, gegen ihre Vorgesetzten zu konspirieren, Weisungen und Dienstrecht zu missachten und ihre Karrierechancen der Wahrheitsfindung zu opfern."(6)
Schon vor fünf Jahren gab es Hinweise auf Zahlungen an Unionspolitiker. Am 15. November 1995 las der Augsburger Staatsanwalt Klaus-Jochen Weigand einen Zeitungsbericht aus Kanada: Ein gewisser Karlheinz Schreiber wurde dort beschuldigt, im Dienste des Airbus-Konzerns kanadische Politiker bestochen zu haben. Bis dahin war Schreiber für Weigand lediglich der Hauptverdächtige in einem Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Betrugs, außerdem ein bekannter Spezi des verstorbenen CSU-Chefs und Airbus-Aufsichtsratsvorsitzenden Franz Josef Strauß. Der umtriebige Geschäftsmann sollte Provisionen für den Verkauf von Airbus-Flugzeugen nach Kanada und Thailand nicht versteuert haben. Nun ein neuer Verdacht: Bestechung von Politikern. Weigand setzte sich an jenem 15. November mit Oberstaatsanwalt Dr. Walter telefonisch in Verbindung. Auf Weigands Frage, ob somit bereits jetzt die Ermittlungen auch auf Bestechlichkeit auszuweiten seien, antwortete der Vorgesetzte: "Nein".(7)
Sogar in der bayerischen Staatsregierung gab es im Frühjahr 1996 offenbar jemanden, der sich im Schreiber-Verfahren Behinderungen der Justiz gut vorstellen konnte. Am 19. Februar 1996 jedenfalls berichtete Staatsanwalt Weigand in seiner Handakte über einen seltsamen Anruf eines Kollegen von der Steuerfahndung, die als Hilfsbehörde der Staatsanwaltschaft gegen Schreiber ermittelte. Weigand notierte: "Anfrage des Bayerischen Staatsministers der Finanzen, ob ich durch meinen Minister behindert werde". Auch sonst war die Zusammenarbeit der Justiz- und Finanzbehörde von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Nur durch Zufall erfuhren die Staatsanwälte im Frühjahr 1996, dass die Ermittler von der Steuerfahndung Besuch von Kollegen aus Kanada erwarteten. Die Kanadier wollten sich über den Stand der Ermittlungen in Deutschland informieren. Normalerweise hätten die Steuerfahnder selbstverständlich die Staatsanwälte hinzubitten müssen. Als Staatsanwalt Weigand einem Ermittler der Finanzbehörde diese Geheimniskrämerei vorhielt, erfuhr er zu seiner Verblüffung, so vermerkte er es in seiner Handakte, sein Gesprächspartner sei höheren Ortes "zum Stillschweigen verpflichtet worden und habe daher die Staatsanwaltschaft nicht informiert".
Am 26. April 1999 kam der couragierte Chefermittler der Augsburger Staatsanwaltschaft, Jörg Hillinger, bei einem Autounfall ums Leben.
Zu dieser Zeit stand das Ermittlungsverfahren gegen Schreiber und andere auf der Kippe. Zu den nicht versteuerten Airbus-Provisionen, mit denen die Ermittlungen begonnen hatten, waren weitere Tatkomplexe hinzugekommen: zwei dubiose Waffengeschäfte und die Millionenspende Schreibers an die CDU. Der Augsburger Staatsanwalt Winfried Maier war inzwischen für die Ermittlungen zuständig. Nun blieben kaum mehr als zwei Jahre Zeit, um den Fall abzuschließen, denn im September 2001 drohten etliche Taten endgültig zu verjähren. Maier bat in dieser prekären Lage um Unterstützung.
Dem unvoreingenommenen Ermittler sollte geholfen werden - die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht München hatte hierzu sehr eigene Vorstellungen. Am 27. Mai 1999 wurden Maier und sein neuer Chef Reinhard Nemetz zum Rapport einbestellt. Im Büro des stellvertretenden Generalstaatsanwalts Veit Sauter eröffnete dieser den Augsburger Staatsanwälten, wie aus seiner Sicht dem Ermittlungsnotstand in Sachen Schreiber abzuhelfen sei: Die Augsburger sollten das Verfahren abgeben. Aufgespalten in vier kleine Teilverfahren, sollte es nach dem Wohn- und Tatortprinzip Staatsanwälten in München, Frankfurt, Essen und Kassel übertragen werden. Maier war entsetzt. Wie sollten sich vier bis dato ahnungslose Kollegen so schnell in sein kompliziertes Verfahren einarbeiten? Das Gespräch endete mit einer "zwingenden Anregung" des Generalstaatsanwalts: Maier möge bitte einen Bericht verfassen, in dem er die Aufteilung des Verfahrens als seinen eigenen Wunsch darstelle. Maier weigerte sich, woraufhin der Augsburger Behördenleiter Reinhard Nemetz die erbetene Bitte formulierte. Ein Jahr darauf wies Bayerns Justizminister Manfred Weiß vor dem Rechtsausschuss des Bayerischen Landtags den Verdacht zurück, wonach der Generalstaatsanwalt das Verfahren durch die Aufspaltung habe sabotieren wollen. Es sei doch "zunächst die Staatsanwaltschaft Augsburg" gewesen, die eine Aufspaltung des Verfahrens "in dem genannten Bericht befürwortete". Staatsanwalt Maier verließ die Staatsanwaltschaft im April 2000, nachdem er noch die Anklagen gegen vier der ursprünglich sieben Beschuldigten formuliert hatte. Vorgesetzte hatten ihm zu verstehen gegeben, dass er für eine Karriere in der bayerischen Staatsanwaltschaft nicht mehr infrage komme.(8) Zwei Monate zuvor war Maier bei seiner Anhörung vor dem Berliner Parteispenden-Untersuchungsausschuss vom Vorsitzenden Volker Neumann gefragt worden, ob er denn für das Verfahren zuständig bleibe oder eine Ablösung vorgesehen sei. Maiers listige Antwort: "Kann denn ein Staatsanwalt, der das Recht des unbescholtenen Bürgers auf Nichtentdeckung seiner Straftaten permanent verletzt, hoffen, dass er Karriere macht?"(9)
Schier unglaubliche Pannen unterliefen der Justiz im Auslieferungsverfahren gegen Schreiber. Eine für das Auslieferungsbegehren wichtige Dokumentation erreichte die kanadischen Justizbehörden vier Tage zu spät, nachdem diese zuerst an die falsche Adresse geschickt worden war und schließlich ein Teil der Unterlagen im Frachtraum von Air Canada verschwand. Eine ähnlich wunderlicher Vorfall ereignete sich im Fall Schreiber bereits vor gut drei Jahren, als ein Rechtshilfeersuchen an Kanada in Bonn neun Monate verschollen blieb, bis es auftauchte und doch noch abgeschickt werden konnte. Es gehört nicht besonders viel Phantasie dazu, wenn einem bei diesen Vorgängen die Beziehungen Schreibers zum Bundesnachrichtendienst in den Sinn kommen.
Auf Antrag von SPD und Grünen hat nun im Bayerischen Landtag unter Vorsitz des SPD-Abgeordneten Harald Güller und mit Hildegard Kronawitter als weiterem Mitglied für die SPD ein Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufgenommen, der die Ermittlungen rund um die Schreiber-Affäre durchleuchten soll.
Business wie geschmiert
Schreibers Geschäfte, denen die Staatsanwaltschaft schon seit so vielen Jahren nachgeht, liefen meistens prächtig.
Für Thyssen fädelte er den Verkauf von 36 Spürpanzern an Saudi-Arabien ein. Von dem Auftragsvolumen in Höhe von 446,4 Millionen Mark floss angeblich knapp die Hälfte, 219,7 Millionen Mark für "Provisionen" und "nützliche Aufwendungen" an verschiedene Firmen.(10) Für den französischen Rüstungskonzern Thomson ließ Schreiber seine Beziehungen spielen, damit das österreichische Bundesheer mit Anlagen für Tieffliegererfassungsradar und Zielweisungsradar aus französischer Produktion bedient werden konnte. Für MBB dealte er den Verkauf von zwölf Helikoptern an Kanadas Küstenwache. In diesem Zusammenhang belastete ein ehemaliger MBB-Topmanager, Helge Wittholz, die CSU schwer. Nach Vertragsabschluss erfuhr er, dass MBB Provisionen an Karlheinz Schreiber zahlte, obwohl gerade dies der Vertrag mit den Kanadiern verbot. Er hielt das für illegal und forschte in der MBB-Zentrale nach. Dort beschied man ihm, alles sei ein ganz normales Geschäftsgebaren, im übrigen sei er Idealist und solle, wenn er das nicht mögen würde, besser Kugelschreiber verkaufen.(11)
1988 vermittelte Schreiber die Lieferung von 34 Airbus-Flugzeugen an Air Canada.(12) Zwischen 1987 und 1995 kassierte Schreiber für den Aufbau einer Panzerfabrik in Kanada, das Projekt Bearhead, über acht Millionen Markk Insgesamt beliefen sich die Zahlungen von Thyssen an Schreiber auf über 30 Millionen Mark, der größte Teil floß offenbar über die panamaische Briefkastenfirma "A.T.G".(13) Schreiber hatte jedoch nicht immer "Fortune" beim Geschäftemachen: Bei Grundstücksspekulationen setzte er Millionen in den kanadischen Sand und brachte dabei etliche Prominente und bis dahin gute Kumpel wie die Strauß-Familie oder den Kammersänger Hermann Prey um Erspartes.(14) Allein Max Strauß soll jedoch aus Airbus-und MBB-Geschäften insgesamt 5,2 Millionen Mark erhalten haben, unter anderem als Ausgleich für die mißglückten Immobiliengeschäfte in Kanada.
Dass Provisionen an die Strauß-Familie nicht zuletzt als Wiedergutmachung für die kanadischen Verluste flossen, hat der ehemalige Geschäftspartner von Schreiber und Kronzeuge der Augsburger Staatsanwaltschaft, Giorgio Pelossi, in seiner Aussage bekräftigt. Diese Vorwürfe hat der Strauß-Clan immer wieder heftig bestritten. Vor dem Landtag bestritt Strauß-Tochter und Kultusministerin Monika Hohlmeier die Vorwürfe. Fakt ist jedoch, dass entgegen ihren Einlassungen bis in die jüngste Vergangenheit zwischen ihr und Schreiber Beziehungen bestanden. Erst zu Beginn des Jahres 1999 war sie aus einer von ihren Eltern gegründeten kanadischen Firma ausgeschieden, für die Schreiber bis 1996 tätig war.(15)
"Der Stoiber soll sich warm anziehen"
Schreiber, der sich lange aufgrund seiner Freundschaft zu Franz Josef Strauß für unverwundbar hielt, fühlt sich heute von der CSU im Stich gelassen. In einem Schreiben an Ministerpräsident Edmund Stoiber vom 9. Oktober 1997 versuchte er diesen gehörig in die Pflicht zu nehmen und erinnerte dabei "an die vielen fröhlichen Stunden, die wir gemeinsam mit Franz Josef Strauß in München, in Kreuth und in Südfrankreich verbringen durften. Miteingeschlossen in die Erinnerungen sind Namen wie Flick, Diehl, März, Pückler, Holzer, Haastert, Zwick und der stets zu Späßen aufgelegte Karli Dersch".(16)
Und so droht er Stoiber vom fernen kanadischen Toronto aus immer wieder mit Enthüllungen: "Der Stoiber soll sich jetzt schon warm anziehen, bei dem, was ich gegen ihn habe", so der Waffenhändler.(17) Dabei erwähnt Schreiber nicht zuletzt den MBB-Konzern. MBB (Messerschmidt-Bölkow-Blohm) ist ein heikles Thema für Stoiber und die CSU. Die CSU-Spitze nahm den Flugdienst der halbstaatlichen MBB-Airline nur allzu gern in Anspruch, nicht zuletzt Edmund Stoiber. Sogar seine Schwester wurde, als in der CSU-Landesleitung keine Verwendung mehr für sie war, bei MBB untergebracht.(18)
Die CSU reagiert auf die kryptischen Drohungen sehr zugeknöpft. In einer dürren Erklärung des stellvertretenden Pressesprechers Maximilian Zängl hieß es im März 2000: "Bei den Äußerungen von Herrn Schreiber handelt es sich um die in regelmäßigen Abständen wiederkehrenden Ankündigungen, garniert mit Beleidigungen der CSU-Führung. Es erübrigt sich jeder Kommentar".(19)
Schreiber beschrieb in Interviews seine Kommunikation mit Stoiber folgendermaßen: "Ich schreibe ihm auf Cartoons nette kleine Informationen. Und er schickt mir Briefe mit der Bitte, die finanziellen Grundlagen der CSU zu sichern... Leider bin ich an persönlichen Begegnungen, wie früher, verhindert."
Im März 2001 erhielten die Kreisvorsitzenden der CSU brisante Post von Schreiber. Der Inhalt: zahlreiche Unterlagen, ein Schreiben an Edmund Stoiber und ein dreiseitiger Brief an die Parteifreunde. Darin belastet Schreiber den Ministerpräsidenten und dessen Familie. Die Firma MBB sei über Jahre die "Vorteilsgewährerin" für "Herrn Dr. Stoiber und seine Familie" gewesen. Der von SPD und Grünen eingesetzte Untersuchungsausschuss im Landtag "wird nicht erfreulich für die Behörden, die Staatskanzlei und die CSU ausgehen", prophezeit Schreiber. In seinem Brief fragt der Waffenlobbyist den CSU-Chef: "Waren die Spenden von MBB an die CSU und die sonstigen Vorteile nicht genügend? Nach meiner Einschätzung hätten gerade Sie gegenüber MBB eine besondere Sorgfaltspflicht wahrzunehmen, da Sie doch bekanntermaßen über viele Jahre die Vorteilsgewährungen von MBB mit ihrer Familie genießen durften".(20)
Anmerkungen
(1) "taz" vom 07. September 2000: "Das trojanische Pferd"; "Süddeutsche Zeitung" vom 18. September 1999: "Karlheinz Schreiber - Waffenhändler, Strauß-Freund, Hauptfigur eines Politkrimis"
(2) "taz" vom 07. September 2000
(3) dpa-Meldung vom 01. August 2000: "Vier Männer stehen im Mittelpunkt der Anklage gegen Schreiber"
(4) dpa-Meldung vom 01. August 2000: "Stichwort: Die Ermittlungsakten"
(5) siehe insgesamt hierzu Goetz, John/Neumann, Conny/Schröm, Oliver: "Allein gegen Kohl, Kiep & Co - Die Geschichte einer unerwünschten Ermittlung"
(6) "Die Zeit" vom 25. Mai 2000: "Ein Drama in vielen Akten"
(7) "Die Zeit" vom 25. Mai 2000: "Ein Drama in vielen Akten"
(8) vgl. insgesamt hierzu "Die Zeit" vom 25. Mai 2000: "Ein Drama in vielen Akten"
(9) Goetz, John/Neumann, Conny/Schröm, Oliver: "Allein gegen Kohl, Kiep & Co - Die Geschichte einer unerwünschten Ermittlung", Umschlagsseite
(10) "Süddeutsche Zeitung" vom 02. Februar 1999; "Der Spiegel" 4/1996
(11) vgl. Interview von John Goetz und Markus Deggerich für "Spiegel Online" mit Helge Wittholz; wörtliches Zitat im Hinblick auf die MBB-Hubschrauberlieferung an die kanadische Küstenwache: "Mir wurde erzählt, dass die CSU Geld nach Kanada schleuste, um Brian Mulroney dabei zu helfen, den Parteivorsitz der Konservativen zu übernehmen. Und dass dieses in irgendeiner Weise zurückgezahlt werden muss. Und das würde durch Geschäfte mit deutschen Unternehmen erledigt. Die würden dann das Geld an die Partei zurückgeben."
(12) vgl. "taz" vom 07. September 2000: "Das trojanische Pferd"
(13) "Süddeutsche Zeitung" vom 15. Januar 2000: "34 Millionen Mark für Schreiber"´; "Süddeutsche Zeitung" vom 23. März 2000: "Seitenweise Anschuldigungen"
(14) "Frankfurter Rundschau" vom 15. Januar 2000: "Die Rache des Einsamen"
(15) vgl. Plenarprotokoll des Bayerischen Landtags 14/28 vom 13. Oktober 1999; "Süddeutsche Zeitung" vom 13. Oktober 1999: "Die kanadische Chronik der Familie Strauß"; "Süddeutsche Zeitung" vom 07. Oktober 1999: "Provision soll der Familie Strauß zugestanden haben"
(16) Goetz, John/Neumann, Conny/Schröm, Oliver: "Allein gegen Kohl, Kiep & Co - Die Geschichte einer unerwünschten Ermittlung", S. 99 ff.
(17) "Passauer Neue Presse" vom 14. März 2000; dpa-Meldung vom 13. März 2000: "Waffenhändler Schreiber droht Stoiber mit Enthüllungen"
(18) "Abendzeitung" vom 14. Januar 2000: "Spenden-Affäre: Warum die CSU so fein stillschweigt"; Stiller, Michael: "Die Amigos - Über bayerische Männerbünde und andere Verbindlichkeiten", S. 195 ff. in: "Neue Skandale der Republik", herausgegeben von Georg M. Hafner und Edmund Jacoby
(19)dpa-Meldung vom 13. März 2000: "Waffenhändler Schreiber droht Stoiber mit Enthüllungen"
(20) "Abendzeitung" vom 26. März 2001: "Brisante Post von Schreiber"; "Passauer Neue Presse" vom 27. März 2001: "Post von Schreiber: CSU-Basis bleibt ruhig"
Vetternwirtschaft und Männerfreundschaften haben aus dem System Strauß das System Stoiber gemacht
Seit über einem Jahr gibt es im Bayerischen Landtag den Untersuchungsausschuss "Schreiber". Er wurde auf Antrag der SPD-Fraktion eingerichtet. Den Vorsitz hat der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtags-SPD, Harald Güller, inne. Zweites SPD-Mitglied im Ausschuss ist Dr. Hildegard Kronawitter.
Der Untersuchungsausschuss befasst sich mit den Machenschaften des nach Kanada entschwundenen Waffenhändlers Karlheinz Schreiber. Im ganz konkreten Fall geht es um die greifbaren Folgen von jahrzehntelanger CSU-Alleinherrschaft: Mit Vetternwirtschaft und Männerfreundschaften ist aus dem System Strauß das System Stoiber geworden. In diesem System Stoiber gelingt es den Regierenden der CSU geradezu perfekt, unzulässigen (partei-) politischen Einfluss auf die Justiz und die Verwaltung in Bayern zu nehmen.
Einflussnahmen belegt: Zeugen bestätigen "Auffälligkeiten"
Vor dem Untersuchungsausschuss haben die Zeugen eine Vielzahl von "Auffälligkeiten" bestätigt. Sie belegen Einflussnahmen des Innenministeriums, des Justizministeriums, der Staatskanzlei, der Generalstaatsanwaltschaft München und der Oberfinanzdirektion München.
Staatsanwalt Dr. Winfried Maier hatte anfangs bei der Staatsanwaltschaft Augsburg in Sachen Schreiber ermittelt, bis er sich mit seinem Vorgesetzten überwarf und seine Versetzung betrieb. Dieser Haupt-Zeuge hat vor dem Untersuchungsausschuss das Zusammenspiel von CSU und leitenden bayerischen Justizbeamten aufgezeigt:
Weil "sein" Generalstaatsanwalt dies nicht billigte, konnte Maier als ermittelnder Staatsanwalt einen Durchsuchungsbeschluss der CDU-Bundesgeschäftsstelle ebenso wenig durchsetzen wie die Zeugenvernehmung von Ex-Kanzler Helmut Kohl.
Über den Haftbefehl gegen Ex-CDU-Schatzmeister Walter Leisler Kiep wurde dessen Verteidiger auf ungeklärtem Wege Tage vor der Eröffnung des Haftbefehls informiert. Eine Aufklärung dieses mysteriösen Umstands unterblieb.
Natürlich waren politische Motive entscheidend, auch wenn die Spitze des Justizministeriums unter Amtschef Wolfgang Held - einst engster Mitarbeiter von Franz Josef Strauß, dessen Sohn Max wiederum in den Fall Schreiber verwickelt ist - davon nichts gewusst haben will.
Verschwundene Festplatte und gestoppter Haftbefehl
Die beschlagnahmte Computer-Festplatte von Max Strauß, an den Schreiber-Millionen geflossen sein sollen, verschwindet. Vor dem Verschwinden der Festplatte muss der damalige Augsburger Behördenleiter, der leitende Oberstaatsanwalt Hillinger, auf Veranlassung von oben bestellte Berichte abliefern, nach denen eine Rekonstruktion der gelöschten Daten aus Kostengründen nicht sinnvoll sei, obwohl Hillinger genau der gegenteiligen Meinung ist. Das Bayerische Justizministerium wäscht wieder seine Hände in Unschuld.
Der Hauptbeschuldigte Holger Pfahls - jahrelang engster Strauß-Mitarbeiter, Verfassungsschutzchef, Verteidigungs-Staatssekretär und CSU-Mitglied - soll verhaftet werden. Generalstaatsanwalt Hermann Froschauer stoppt den Vollzug des Haftbefehls für zwei Tage - ein Verhalten, das von mehreren maßgeblichen Zeugen aus Justiz und Oberfinanzdirektion als völlig unüblich bewertet wird. Holger Pfahls ist heute der meistgesuchte Verdächtige des Bundeskriminalamtes.
Zeugenabsprachen und falsche Aussagen
Vor dem Auftritt im Untersuchungsausschuss gibt es nachgewiesenermaßen Zeugenabsprachen des damaligen Münchner Generalstaatsanwalts mit zweien seiner leitenden Mitarbeiter. Die drei gehen gemeinsam für zwei Tage in Klausur. Danach sagen sie vor dem Untersuchungsausschuss einvernehmlich aus. In einem Strafverfahren müssten Staatsanwalt und Richter derartige Zeugenabsprachen aufs Schärfste rügen. Welche Beweiskraft sollen solche abgestimmten Aussagen noch haben?
Vor dem Untersuchungsausschuss machen der Ex-Präsident des Bayerischen Landeskriminalamtes und zwei seiner Mitarbeiter falsche Aussagen zur beschlagnahmten Strauß-Festplatte. Wochen später müssen sie Ihre Aussagen in allen entscheidenden Punkten korrigieren, nachdem Bayerns Innenminister Beckstein damit das Plenum des Landtags eindeutig falsch Informiert hatte.
Spenden und Provisionen
Ein ehemals leitender MBB-Mitarbeiter berichtet von mutmaßlichen Spenden der CSU an den konservativen kanadischen Politiker Mulroney zur Unterstützung seines Wahlkampfs, von späteren überhöhten Provisionszahlungen der kanadischen Regierung (jetzt mit Premierminister Mulroney) an MBB und von ihrer möglichen Weiterleitung an Schreiber und die CSU.
Verflechtung von Staat und CSU
Schon jetzt ist klar: Der Schreiber-Untersuchungsausschuss hat das in Bayern herrschende System der Abhängigkeit der Staatsanwaltschaften bloßgestellt. Geht es nach der Leitung in Generalstaatsanwaltschaft und Justizministerium, sollen Staatsanwälte sich nicht ausschließlich an Recht und Gesetz, sondern vielfach an partelpolitischen Interessenslagen orientieren.
Die Details des Schreiber-Ermittlungsverfahrens machen deutlich, auf welchen Stützen das CSU-System Bayern mit der personellen und inhaltlichen Verflechtung von Staat und CSU seit Jahrzehnten steht: Vetternwirtschaft, Männerfreundschaften und alte Seilschaften aus der Ära Strauß zwischen Wirtschaft und Parteipolitik dominieren höchste Stellen der Verwaltung und Politik in Bayern.
CSU-Abgeordnete blockieren Aufklärung
Die CSU-Vertreter im Untersuchungsausschuss formieren sich zum verlängerten Arm dieses Systems und lehnen mit ihrer Mehrheit jegliche weitere Aufklärung des Skandals ab: Sie sagen die bereits festgelegten Termine für die Zeugen - die derzeitigen CSU-Minister Wiesheu, Hohlmeier und Weiß und die ehemaligen CSU-Minister Leeb, Sauter und Goppel - gegen den Widerstand der Opposition bis auf Weiteres ab. Ihr Vorwand: Erst müsse Schreiber selbst aussagen. Doch Schreiber sitzt in Kanada, und es ist unklar, ob und wann er tatsächlich vor dem Ausschuss aussagen wird.
Hinter dem Blockadeverhalten der CSU steckt die Angst, Schreiber könne in seiner Aussage neue ernst zunehmende Vorwürfe gegenüber der CSU-Prominenz in Bayern erheben, die möglicherweise nicht im Einklang mit den Aussagen der Minister stehen.
Aber: Ein Minister, der die Wahrheit sagt, kann dies jederzeit vor dem Untersuchungsausschuss tun. Er muss nicht die Aussage eines anderen abwarten.
Die schützende Hand - das System Stoiber
Von der schützenden Hand profitieren Betroffene wie Max Strauß und Holger Pfahls. Strauß-Freunde und ehemalige vertraute Mitarbeiter wie Wolfgang Held als Amtschef des Justizministeriums und der inzwischen pensionierte Münchner Generalstaatsanwalt Hermann Froschauer halten dieses System aufrecht. Sie bestimmen maßgeblich die weitere Besetzung höherer Richter und Staatsanwaltsposten und orientieren sich dabei nicht in erster Linie an der Eignung, sondern an der Frage, inwieweit der jeweilige Kandidat konform in dieses System passt.
Der derzeitige Ministerpräsident Stoiber nutzt dieses Geflecht, in dem nur die Nähe zur CSU zählt. Aus dem System Strauß ist ein CSU-System Bayern und das System Stoiber geworden.
Stoibers Leihwagen und MBB-Flüge
Im "Amigo"-Jahr 1993 geriet Stoiber ins Zwielicht, als bekannt wurde, dass er mehrfach mit kostenlos zur Verfügung gestellten Leihwagen von Mercedes, BMW und Audi in Urlaub gefahren war. Stoiber erklärte, die geliehenen Autos habe er als "läßliche Sünden" betrachtet, heute sehe er das anders. Außerdem war Stoiber mehrmals samt Familie mit Flugzeugen von MBB (Messerschmidt-Bölkow-Blohm) zu Strauß´ Urlaubsort nach Südfrankreich geflogen. Stoiber wand sich und erklärte, dass Strauß Wert auf die Verfügbarkeit seiner Mitarbeiter auch im Urlaub gelegt habe. Strauß-Sohn Max meinte hierzu: "Mein Vater hat niemanden gebeten, mit ihm Urlaub zu machen." Einmal flog Stoiber ohne Strauß mit der "CSU-Airline" nach Italien und zu einem Vortrag nach Dresden.(1) Dennoch konnte Stoiber politisch seinen Kopf retten. Im Handstreich brachte er im Mai 1993 die CSU-Landtagsfraktion hinter sich und obsiegte im Machtkampf um das Amt des Ministerpräsidenten gegen seinen als vergleichsweise integer geltenden Kontrahenten Theo Waigel, der seit 1988 den CSU-Vorsitz innehatte.(2)
Doch nicht genug: Bei MBB brachte Stoiber seine Schwester Hannelore Stein unter. Auf "massive Intervention von Herrn Stoiber" will der damalige stellvertretende Geschäftsführer Sepp Hort damals nachgegeben haben.(3)
Anmerkungen
(1) Köpf, Peter: "Stoiber - Die Biographie", S. 170 ff.; "Bild" vom 13. Februar 1993: "Skandal! Wie Stoiber Gratis-Urlaube erklärt"; "tz" vom 12. Februar 1993: "Bananenrepublik Bayern: Stoiber gesteht Gratis-Flüge"; "Süddeutsche Zeitung" vom 12. Feburar 1993: "Privatflüge auf Kosten von MBB"; "Süddeutsche Zeitung" vom 13. Februar 1993: "Sozusagen eine Art Kulanz"; "Abendzeitung" vom 12. Februar 1993: "Die CSU-Airline flog auch für Edmund Stoiber"
(2) Stiller, Michael: "Die Amigos - Über bayerische Männerbünde und andere Verbindlichkeiten", S. 202 in: "Neue Skandale der Republik", herausgegeben von Georg M. Hafner und Edmund Jacoby
(3) Köpf, Peter: "Stoiber - Die Biographie", S. 198
Habe festgestellt, daß eine Woche nicht reichen wird. Also, eine Woche Verlängerung ist angesagt.
http://www.schwarzbuch-stoiber.de/