Virtueller Horror Die Bundesregierung will kein völliges Verleih- und Verkaufsverbot für Gewaltmedien. Das Werk erschien so verderbt, dass die Kontrollbehörde es aus ethischen, erzieherischen sowie grundsätzlichen Erwägungen auf den Index setzte. Jugendlichen, so hieß es, seien im Interesse ihrer sittlichen Festigung derartige Abgründe der menschlichen Natur besser nicht zugänglich zu machen. Man schrieb das Jahr 1954, und der Titel des ersten von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indizierten Mediums lautete: „Tarzan, der Dschungel brennt.“
Das Groschenheftchen über die Taten des leicht geschürzten Dschungelkönigs ist geradezu ein schützenswertes Kulturgut im Vergleich zu den Splatter-Movies von heute, den expliziten Folter- und Morddarstellungen in Horrorfilmen, den interaktiven Spielen voller Blut und Leichen. Die Bundesregierung will trotzdem kein völliges Verleih- und Verkaufsverbot für derartige Gewaltmedien, wie die Lesung des neuen Jugendschutzgesetzes im Bundestag erwies. Ihr Entwurf wurde konzipiert nach dem Schulmassaker von Erfurt, denn der Todesschütze war nach solchen PC-Games und Filmen wohl geradezu süchtig gewesen. Aber gerade wegen dieser Vorgeschichte ist das Gesetz eine verpasste Chance.
Es geht schlicht nicht weit genug. Zwar will es Jugendlichen den Zugang zum virtuellen Horror erschweren. Doch was nützt es, wenn Medien künftig leichter auf dem Index landen, der die Abgabe an Minderjährige verbietet, wenn diese den Index als Hitliste nehmen? Solange der Schund legal bleibt, ist er leicht zu beschaffen. Bayerns Vorschlag eines Totalverbots wäre den Versuch wert gewesen. Zu verlieren hätten nur Hersteller und Verleiher etwas gehabt, nicht aber die Kunstfreiheit. Denn wo keine Kunst ist, kann man sie nicht einschränken. |