Schröder droht indirekt mit Rücktritt
Quälende Debatten über Vermögensteuer, Mehrwertsteuer, Hartz, Rente - Kanzler Schröder gelingt es nicht, die Kakofonie in der Regierung abzustellen. Die Nerven des Regierungschefs liegen blank: Auf der Vorstandssitzung der SPD soll er nach einem Streit mit Fraktionschef Müntefering sein Amt angeboten haben.
DPA Gerhard Schröder: Standpauke für die SPD-Spitze Berlin - "Wer glaubt, dass er es besser kann, der soll es machen", zitierten die "Bild"-Zeitung und die "Frankfurter Rundschau" den Bundeskanzler am Montag im SPD-Vorstand. Er habe die Bundestagswahl gewonnen und nicht die SPD, soll Schröder gewettert haben. Bei der Montags-Sitzung des Führungsgremiums habe es zum ersten Mal einen offenen Streit zwischen Schröder und Müntefering gegeben, berichtet die "Frankfurter Rundschau" unter Berufung auf Sitzungsteilnehmer. Schröder habe heftig kritisiert, dass es der Partei insbesondere bei der Sozial- und Steuerpolitik an Geschlossenheit fehle, und das, obwohl er mehrfach daran appelliert habe. Er sei nicht bereit, das "andauernde Stimmengewirr weiter zu tolerieren", zitierte die "Bild" den Kanzler.
"Mit Steuererhöhungen kann man keine Wahlen gewinnen", habe Schröder Müntefering beschuldigt. Der SPD-Fraktionschef hatte am vergangenen Wochenende - wie schon eine Woche zuvor - die Vermögensteuerpläne der Länder begrüßt, nachdem er sie Mitte der Woche nach dem Eingreifen Schröders zurückgewiesen hatte. Und er habe sie auch am Montag im Bundesvorstand wieder eine "Forderung der SPD" genannt, wie es heißt.
Müntefering konterte laut dem Bericht die Vorwürfe des Kanzlers mit der Bemerkung, die Partei müsse wissen, was diskutiert werden solle und was nicht. Wie schon bei den Vorschlägen der Hartz-Kommission könnten auch die Vorstellungen der Rürup-Kommission nicht eins zu eins umgesetzt werden. Die Atmosphäre der Vorstandssitzung wurde von Teilnehmern als "sehr deprimierend" beschrieben, wie die Zeitungen berichteten.
SPD-Generalsekretär Olaf Scholz, auch einer, dessen Querschüsse der Kanzler unterbinden will, teilte nach der Sitzung mit, dass der Vorstand die Berufung von Franz-Josef Lersch-Mense zum Bundesgeschäftsführer der Partei offiziell bestätigt habe. Lersch-Mense ist Nachfolger von Matthias Machnig und war zuvor Abteilungsleiter Politik in der SPD-Zentrale. Außerdem kündigte Scholz kündigte an, dass die SPD beim Europa-Wahlkampf 2004 mit einer eigenen Bundesliste antreten werde.
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