Immer mehr Wechselwähler Krise der FPÖ bringt Hunderttausende Unentschlossene.
Enorme Wählerbewegungen sagen Politikwissenschaftler und Meinungsforscher für die Wahl am Sonntag voraus: Die Unsicherheit, welche Stimmen wohin wandern werden, mache Voraussagen praktisch unmöglich.
24 Prozent Unentschlossene
Entscheidend für den Wahlausgang würden die Unentschlossenen sein, meinte Ernst Gehmacher von der SPÖ-nahen Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft (SWS). Nach deren am Montag präsentierten Umfrageergebnissen macht diese Gruppe rund 24 Prozent der Wahlberechtigten aus.
Alle könnten noch punkten
Noch könnten aber alle Parteien Stimmen von enttäuschten ehemaligen Anhängern zurückgewinnen, erklärte der Meinungsforscher - auch die FPÖ, welche die meisten "Ex-Wähler" hat.
Wegen der hohen Zahl an Unentschlossenen sei es auch verständlich, dass die Parteien so stark auf "Gefühle, Gesichter und Versprechen" setzen würden. Längerfristig würde das die Zahl der Unentschiedenen aber sogar noch erhöhen.
Wird SPÖ zulegen?
Sämtliche Umfragen gehen davon aus, dass die SPÖ aus der Opposition heraus bei dieser Wahl zulegen wird: Die Schätzungen reichen bis zu 39 Prozent.
Umgelegt auf die 5,9 Millionen Wahlberechtigten wären das bei einer ähnlich niedrigen Wahlbeteiligung wie 1999 - sie lag bei 80 Prozent - für die SPÖ 1,800.000 Stimmen. Steigt die Wahlbeteiligung auf 85 Prozent, dann erhielte die SPÖ gar 1,950.000 Stimmen.
ÖVP brauchte Erdrutschsieg
Will die ÖVP die stärkste politische Kraft im Land werden, müsste sie am kommenden Wahlsonntag einen Erdrutschsieg einfahren, wie ihn Österreich noch nie gesehen hat. Bei der letzten Wahl erhielt die ÖVP rund 1,2 Millionen Stimmen. Sie müsste also nicht weniger als 700.000 Stimmen gewinnen, um eine Chance auf den ersten Platz zu haben.
Beispiellose Wählerwanderungen
Diese Größenordnung bestätigt der Politologe Fritz Plasser gegenüber dem ORF-Radio: Es sei zwar derzeit nicht einschätzbar, ob es 650.000 oder 700.000 Stimmen seien, es stünden aber am 24. November für die österreichische Wahlgeschichte beispiellose Wählerverschiebungen und -wanderungen bevor.
"Freigesetzte" FPÖ-Wähler
Erklärbar seien diese möglichen Wähler-Umwälzungen durch das Auseinanderbrechen der FPÖ: Diese großteils hausgemachte Implosion einer Partei habe Hunderttausende Wähler in Bewegung gesetzt, so Plasser.
Dazu kämen zwei weitere entscheidende Faktoren, betont Plasser: der bisher höchste Wechselwähleranteil und die sich abzeichnende sehr hohe Wahlbeteiligung. Diese sei durch den kompakten Wahlkampf und die dramatischen Begleitumstände dieser Wahl ausgelöst worden.
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