Clement mag nimmer - und wagt es, der Vernunft zu folgen
Clement gegen Millionärsteuer
Wirtschaftsminister Clement stellt sich wieder einmal gegen seine Partei: Nachdem selbst der rechte Seeheimer-Kreis für eine höhere Steuer für Spitzenverdiener eintritt, sprach sich Clement nun klar dagegen aus.
Wirtschaftsminister Clement: Einsatz für Verlässlichkeit und Kalkulierbarkeit
Tel Aviv/Hamburg - "Da rate ich dringend zur Zurückhaltung", sagte Wolfgang Clement heute auf dem Flug nach Tel Aviv. Er erinnerte daran, dass der Spitzensteuersatz erst vor kurzem gesenkt worden sei. Verlässlichkeit und Kalkulierbarkeit sprächen dagegen, ihn schon wieder zu erhöhen. Vorrangig sei eine Rechtsform neutraler Unternehmensbesteuerung zu schaffen. Ohne eine Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen, sei auch die Sicherung der sozialen Gerechtigkeit in Deutschland nicht möglich.
Clement will auf dem SPD-Parteitag im November sein Amt als SPD-Vize abgeben und nicht mehr kandidieren. Schon vor längerer Zeit hatte der 64-Jährige in Gesprächen mit Hinweis auf sein Alter angekündigt, dass er voraussichtlich nicht mehr zur Verfügung stehe. Dass sollten Jüngere machen, sagte er. Berichte des "Stern" und der "Bild" über die Aufgabe seines Vize-Amtes wollte er bei seinem Israel-Besuch nicht kommentieren. "Ich will mich dazu äußern in den Gremien der Partei, wo es hin gehört." Er wolle aber gerne innerhalb der SPD die Leitung eines Wirtschaftsforums übernehmen und habe Parteichef Franz Müntefering vorgeschlagen, ein solches Forum zu gründen.
Der Minister hatte auf dem Parteitag in Bochum 2003 mit nur 57 Prozent der Stimmen das schlechteste Ergebnis aller Stellvertreter erreicht. Clement wird insbesondere von der Parteilinken in den vergangenen Jahren scharf angegriffen. Vor allem hier gilt er als zu Unternehmer- und zu wirtschaftsfreundlich. "Ich habe ja nicht den Bedarf, irgendwelche Pöstchen oder Positionen zu übernehmen. Worum es mir geht, ist, dass die Wirtschaftspolitik in der SPD richtig positioniert ist."
Clement stellte sich mit seiner Ablehnung der Reichensteuer heute selbst gegen die Konservativen in der SPD. Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, sagte im Südwestrundfunk, das Geld aus der Sondersteuer könne in Forschung und Technologie investiert werden oder zur Finanzierung der Sozialabgaben von Geringverdienern herangezogen werden. "Im Wahlprogramm wird beides letztlich stehen", sagte Kahrs. Man müsse schauen, wie man das finanziere. "Das ist ein Teil der möglichen Finanzierung." Die Millionärssteuer soll angeblich eine bis 1,7 Milliarden Euro in die Staatskasse bringen.
Auch beim DGB bestehe "große Sympathie" dafür, hohe Einkommen und Erbschaften zu besteuern, sagte die Vizevorsitzende Ursula Engelen-Kefer in Berlin. Klar wandte sie sich gegen ein weiteres Senken der Unternehmensteuer, wenn Steuerschlupflöcher nicht geschlossen würden. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Franz-Josef Möllenberg, plädierte im Deutschlandradio dafür, einen dritten Mehrwertsteuersatz auf Luxusgüter einzuführen.
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Sigmar Gabriel, sagte im NDR, das ganze Land würde davon profitieren, wenn der Zuschlag auf die Einkommensteuer beispielsweise für Bildung und Innovation eingesetzt würde. "Wenn wir Deutschland verändern wollen, kann es nicht sein, dass immer nur ein Teil der Bevölkerung die Lasten trägt: die Arbeitnehmer, Arbeitslosen, Rentner und Kranken." Menschen mit höheren Einkommen seien in den vergangenen Jahren massiv entlastet worden.
Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" setzt die SPD mit ihren Überlegungen für eine Millionärsteuer CDU und CSU unter Zugzwang. In der Union schwinde die "Lust an sinkenden Spitzensteuersätzen", berichtete das Blatt unter Berufung auf CDU-Präsidiumskreise. Ein Präsidiumsmitglied habe zur generellen Stimmung in der Union erklärt: "Es gibt eine Tendenz dahin, angesichts der Lage die stärkeren Schultern etwas stärker zu fordern als Menschen mit schwächeren Schultern." Wenn SPD und Grüne mit höheren Sätzen für Spitzenverdiener Wahlwerbung machten, könne die Union in Argumentationsschwierigkeiten geraten.
MfG kiiwii
|