Und ich dachte die wollten alles privatisieren. Jetzt läufts plötzlich andersrum...
Bayerische Vorzeigefirma Schneider vor der Pleite
Von Gerhard Hegmann, München(ftd vom 28.01.2002)
„Wir sind enttäuscht, dass die Rettung nicht zustande kam“ Schneider-Vorstand
Der börsennotierte Unterhaltungselektronik-Hersteller Schneider Technologies wird an diesem Montag wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden. Wie der Vorstand mitteilte, scheiterten am Freitag Gespräche mit den Banken über eine Finanzierung zur Sanierung und Neuausrichtung des Unternehmens mit rund 700 Beschäftigten. Es sei leider nicht gelungen, eine weitere Kapitalzufuhr zu erhalten, sagten die beiden Vorstandsmitglieder Ralf Adam und Hans Szymanski am Sonntag auf Anfrage. „Wir sind enttäuscht, dass die notwendige Finanzspritze nicht zustande kam.“ Nach Informationen aus Bankenkreisen lag ein Konzept vor, mit einer Finanzspritze über etwa 25 Mio. Euro die beiden Unternehmensbereiche Unterhaltungselektronik und Laser-Displaytechnologie wieder in dieGewinnzone zu bringen.
Der überraschende Insolvenzantrag kommt knapp vier Jahre nach einer Rettungsaktion der bayerischen Landesregierung für den damals als Schneider Rundfunkwerke firmierenden Konzern mit Sitz in Türkheim (Allgäu). Durch den Einstieg der Förderbank Bayerns, LfA, zusammen mit einem Investorenkreis konnte Mitte 1998 ein Konkurs abgewendet werden. Die Entwicklung der Laser-Projektion, bis hin zur Entwicklung des Laser-Fernsehens, galt als förderungswürdige Zukunftstechnologie und Hoffnungsträger für Schneider. Die LfA, und damit indirekt der Freistaat Bayern, ist noch mit 19,1 Prozent Kapitalanteil an Schneider größter Einzelaktionär, neben den Gebrüdern Schneider mit 9,8 Prozent.
Politische Beobachter und Branchenkenner warten jetzt mit Spannung auf die weitere Reaktion Bayerns mit seinem Ministerpräsidenten und Kanzlerkandidaten Stoiber auf den Schneider-Insolvenz-Antrag. „Die Schlüsselfrage ist, kann Schneider mit dem Hightech-Produkt Laser-Display im Wahljahr 2002 tatsächlich Pleite gehen?“, kommentierte am Wochenende ein Branchenexperte die aktuelle Lage.
Die LfA, die Förderbank Bayerns, ist bei Schneider bisher als Aktionär und als Kreditgeber engagiert. Daneben gibt es einen privatwirtschaftlichen Bankenpool als Kreditgeber. Dem Pool gehören die Dresdner Bank, die HypoVereinsbank, die Deutsche Bank, die Bayerische Landesbank und die Sparkasse Memmingen an. Die Koordination liegt bei der Dresdner Bank. Wie die Schneider-Vorstände jetzt sagten, „war weder die LfA noch der Bankenpool zur Finanzierung des vorgestellten Restrukturierungskonzepts bereit“. Von der LfA war kurzfristig keine Stellungnahme zu erhalten. „Ein endgültiges Aus für Schneider mit der Zukunftstechnologie der Laser-Projektionstechnik wäre eine Katastrophe,“ sagte Szymanski.
Der Umsatz von Schneider stieg im Jahr 2000 um 52 Prozent auf rund 225 Mio. Euro . Auch die Ertragslage des seit 1995 in der Verlustzone operierenden Unternehmens verbesserte sich. Im vergangenen Jahr wurde nur ein kleines Umsatzplus auf 235 Mio. Euro erzielt, bei einem deutlich höheren Verlust, der bisher noch nicht beziffert wurde.
Der seit Mitte 1999 als Schneider-Chef amtierende Ex-Klöckner-Vorstand Benedikt Niemeyer galt dabei als Motor der Neuausrichtung. Im Oktober 2001 schied Niemeyer überraschend aus. Unternehmenskenner sprechen von Differenzen über die weitere Unternehmensstrategie. Der neue Holding-Vorstand mit dem im Juni 2000 berufenen Ralf Adam und Hans Szymanski, seit August 2000 im Vorstand, teilte Anfang Dezember mit, dass für das Jahr 2001 das Ergebnis deutlich schlechter als geplant ausfalle. Es sei zu einer „neuen Einschätzung und Bewertung“ gekommen. Mit „massiven und kurzfristigen Sparmaßnahmen“ und einem Stellenabbau sollten die Kosten gesenkt werden.
Mit Unterstützung der Unternehmensberatung Roland Berger (München) wurde ein Sanierungskonzept erarbeitet. Dem Vernehmen nach sollten für 2003 sowohl für die Unterhaltungselektronik als auch für die Lasertechnologie schwarze Zahlen geschrieben werden. Dabei wurden auch Konzepte für einen möglichen Einstieg von Investoren bei den beiden Tochterfirmen erarbeitet. |