Fundamentals, News, Charttechnik und Markttechnik bei EUR/USD
Bei der EUR/USD-Spekulation ist es IMHO sehr schwer, durch Interpretation der News zu einer "gescheiten Meinung" zu kommen. Allzuoft sind Berichte von nichtssagender Tagesaktualität gefärbt - man denke nur an die Euro-Schwäche beim vermeintlichen "Zusammenbruch Europas", als letztes Jahr in Frankreich und Holland gegen die EU-Verfassung gestimmt wurde und in Frankreich bei Unruhen jeden Tag Hunderte Autos brannten.
Wirtschafts-News mögen zutreffend/relevant sein oder nicht. In jedem Fall gibt es fast immer fundamentale Pro- und Gegen-Argumente. Welche gerade verstärkt wahrgenommen werden, wird ironischerweise von der Charttechnik bestimmt. Fällt der Dollar wie jetzt, suchen Analysten und die Presse nach Gründen, warum das wohl gerade passiert (Doppel-Defizit). Steigt der Dollar, werden die Zinsvorteile des Greenback oder strukturelle Schwächen in der EU angeführt.
Wer die COT-Daten als Kontraindikator nutzt wie ich (siehe Chart unten), ist sozusagen ein "Charttechniker zweiter Ordnung": Die Summe aller gegenwärtigen Auffassungen, Thesen und News-Interpretationen der "large Specs" (Spekulanten, Hedgefonds usw. -> "rot" im Chart) führt dazu, dass diese sich mehrheitlich in einer bestimmten Richtung positionieren - jetzt gerade wieder massiv Euro-long. Die Argumente dafür mögen vielleicht sogar stichhaltig sein. Doch der Markt, auch als Mr. Market personifiziert, reagiert STETS markttechnisch: Lehnen sich zuviele Leute in eine Richtung, wäre es "unwirtschaftlich", wenn die alle damit Geld verdienen würde (wär ja sonst viel zu einfach...). Folglich werden die Mehrheiten von Mr. Market mittelfristig in der Regel abgestraft. Wer dagegen hält (sich in den COT-Daten also an den "Commercials", die Absicherungsgeschäfte betreiben, orientiert -> "blau" im Chart), liegt statistisch richtig. Aber Statistik hat bekanntlich ihre "Ausreißer" und gibt nur Wahrscheinlichkeiten wider, Sicherheiten gibt es nicht. Daher liefert "normale" Charttechnik immer wichtige Zusatzinformationen.
Man könnte sagen, dass bei EUR/USD das Gesamtsystem - wie in der Physik - einen Zustand minimaler Gesamtenergie anstrebt: eine Art monetäre Entropie, bei der möglichst Viele möglichst Wenig verdienen. Aber das ist schon fast philosophisch...
Wer auf einen Dollar-Kollaps setzt, sollte lieber Gold kaufen als den Euro, weil hier zu Lande auch nicht alles zum Besten steht (hohe Staatsverschuldung in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Griechenland usw. - siehe die letzten Artikel von Pate100 im "Doomsday Bären-Thread") und Europa bei einem wirtschaftlichen Zusammenbruch der USA, der einem Zusammenbruch der Weltwirtschaft gleichkäme, ebenfalls stark in Mitleidenschaft gezogen werden dürfte.
Unter einem Dollar-Kollaps verstehe ich Kurse von dauerhaft unter 1,35. Einen kurzfristigen Rückgang bis 1,30 würde ich als "technische Korrektur" einstufen.
Wahrscheinlicher scheint mir, dass es die USA wieder mal schaffen werden, sich am Haarschopf aus dem Verschuldungssumpf zu ziehen. In dem Fall ist "long Dollar" die Option der Wahl - wegen der Zinsvorteile und des stärkeren Wirtschaftswachstums in den USA. Sie gelten freilich nur, wenn alles "klar geht", also z. B. kein Derivate-Crash in USA kommt. |
Angehängte Grafik:
cot.png (verkleinert auf 84%)

