In Frankfurt sackte der Dax in Richtung der runden Marke von 13 000 Zähler ab und büßte am Ende 3,31 Prozent auf 13 038,49 Punkte ein. Der deutsche Leitindex bewegt sich damit auf dem tiefsten Niveau seit Anfang März. Der MDax der mittelgroßen Werte fiel um 3,77 Prozent auf 26 735,77 Zähler, nachdem er zwischenzeitlich den tiefsten Stand seit November 2020 erreicht hatte. Die Nervosität bleibt hoch, zwischenzeitliche Kurserholungen wie am Vortag werden schnell für Verkäufe genutzt.
Die SNB erhöhte den Leitzins überraschend um 0,50 Prozentpunkte und begründete dies als Maßnahme gegen inflationären Druck. Laut einem Marktteilnehmer hatte so gut wie kein Ökonom damit gerechnet, dass sich die Schweizerische Nationalbank zu diesem Zeitpunkt in die Riege der zinserhöhenden Notenbanken einreiht. Auch an den Anleihe- und Devisenmärkten sei allenfalls ein kleiner Schritt einkalkuliert worden. Entsprechend war auch der gerade wieder etwas erholte Bund-Future , der den Kurs einer fiktiven, langfristigen Bundesanleihe widerspiegelt, zeitweise stark unter Druck geraten. Zuletzt verlor er 1,11 Prozent auf 143,76 Punkte.
Neben der SNB hob am Donnerstag auch die Bank of England (BoE) ihren Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent an. Dies war von Volkswirten erwartet worden. Allerdings stellte die BoE weitere Zinsschritte in Aussicht.
Die Anleger hatten sich nach der jüngst nochmals überraschend hohen US-Inflation in den vergangenen Tagen gerade erst auf eine noch straffere Geldpolitik der US-Notenbank Fed eingestellt, sodass die am Vorabend vollzogene Leitzinsanhebung um 0,75 Prozent - immerhin die deutlichste seit 1994 - nicht mehr wirklich überraschte. Nun aber verstärkte die SNB wieder die Inflations- und Wachstumssorgen. Auch der Druck auf die bisher eher zögerliche Europäische Zentralbank (EZB) wächst. Sie hat für Juli eine erste Zinserhöhung angekündigt.
Das Inflationsthema werde immer prägnanter und ernsthafter an den Finanzmärkten erkannt und in die einzelnen Anlageklassen eingepreist, sagte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect. "In diesem Umfeld macht es kaum Sinn, sich gegen die Verkaufswelle auflehnen zu wollen." Die Bühne gehöre zurzeit den pessimistisch eingestellten Marktteilnehmern.
Am Markt standen Online-Modehändler im Fokus nach einer gesenkten Prognose von Asos und einem enttäuschenden Zwischenbericht von Boohoo . Dies setzte die Aktien des deutschen Konkurrenten Zalando (Zalando Aktie) erheblich unter Druck. Die Papiere fielen als Schlusslicht im Dax um 12,4 Prozent. Auch die 39 anderen Index-Werte schlossen im Minus.
Die Aktien von BASF (BASF Aktie) und Uniper gehörten mit hohen Kursverlusten von 6,9 beziehungsweise 9,7 Prozent ebenfalls zu den schwächsten Werten. Hauptgrund dürfte die weitere Reduzierung der Gaslieferungen nach Deutschland durch den russischen Energiekonzern Gazprom sein. Bei der BASF etwa bedroht ein möglicher Stopp russischer Gaslieferungen die Produktion am Chemiestandort Ludwigshafen.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büßte 2,96 Prozent auf 3427,91 Punkte ein. Der Pariser Cac 40 geriet etwas weniger stark unter Druck, während der Londoner FTSE 100 um gut 3 Prozent absackte. In New York fiel das Leitbarometer Dow Jones Industrial zum Börsenschluss in Europa um 2,5 Prozent. |