In Norddeutschland gibt es einen riesigen Filz aus Landesregierungen, Reedern und den größtenteils den Bundestaaten gehörenden Landesbanken HSH Nordbank in Hamburg und der Nord LB bei Hannover.
Die Hauptschuld an dem Schiffsdebakel haben mMn die Reeder. Es war ihre Gier, die sie 2008, als die Frachtpreise steil nach oben schossen (siehe Chart unten), massenhaft neue Frachtschiffe bestellen ließen, um an dem vermeintlichen Boom teilhaben zu können. Gier ist immer auf kurzfristigen Vorteil bedacht, während Langfristbedenken gern weggewischt werden.
Die Landesbanken mischten dabei munter mit, weil auch sie auf hochprofitable Geschäfte hofften. Ihnen haftet ja das Image an, kein besonders gutes Händchen für einträgliche Großgeschäfte zu haben, und dieses Image wollten sie korrigierten. Außerdem gab es ja auch noch die implizite Staatsgarantie. D.h. wenn die Deals schief laufen, ist der Steuerzahler dran.
Für die Reeder und alle anderen Beteiligten kam es jedoch leider "anders als erwartet". Es dauert nämlich mehrere Jahre, bis neu bestellte Schiffe ausgeliefert werden. In der Zeit bis zu Fertigstellung waren die Frachtpreise jedoch "überraschend" wieder drastisch gefallen (siehe rechter Teil des Baltic- Dry-Charts unten).
Bestellte Schiffe kann man aber nicht einfach halbfertig abbestellen. Denn wenn die Reeder es täten, würden horrende Vertragsstrafen fällig. Also wurden die Schiffe von den Reedern abgenommen, obwohl die Ertragsseite inzwischen ziemlich trübe aussah. Je mehr neue Schiffe aber auf den Markt drängten (auch anderswo herrschte Gier), desto stärker wurde das Überangebot an Frachtkapazität, was weiter auf die Preise drückte und den BDI-Frachtpreisindex nachhaltig (bis heute) im Keller hielt.
Viele Reeder nahmen für die Schiffe kaum mehr kostendeckende Frachtaufträge an, weil es noch teurer wäre, die Schiffe überhaupt nicht zu nutzen. So fehlten ihnen allerdings die Einnahmen, um die Abzahlung der Schiffskredite bei den Landesbanken vorzunehmen. (Bei manchem Reeder war das Geld auch da, aber da die Landesbanken keinen großen Druck bei der Eintreibung machten, zahlten sie die Verluste nicht aus ihrem Privatvermögen.)
Nun lag der Schwarze Peter also bei den Landesbanken. Sie halfen sich teils dadurch, dass sie die Schiffe in "Anteile" aufteilten. Diese Schiffsanteile boten sie unbedarften Privat-Investoren zum Kauf an. Dafür boten die Banker hohe Zinsen (es herrschte wegen Nullzinsen ja Anlagenotstand), aber nach wenigen Zinszahlungen wurde diese eingestellt und der Schiffsanteil als "faul" deklariert, und der Privatinvestor erlitt riesige Verluste bzw. Totalverlust. So konnten die Landesbanker zumindest einen Teil ihrer faulen Forderungen dumm-gierigen Privatpersonen aufhalsen.
Doch diese grenzbetrügerischen Geschäfte brachten nicht die Wende. Die Schiffskredite wurden von den Reedern auch weiterhin nicht bezahlt, immer mehr wurden notleidend, und schließlich mussten dies Landesbanken von den Landesregierungen (darunter den Hamburger Senat) mit Staatshilfe aufgefangen werden. Es gab also den berühmt-berüchtigten Staats-Bailout verzockter Banken.
Staats-Bailouts sind jedoch nach aktuellem EU-Recht verboten. Die EU erlaubte die Staatshilfen milderweise dennoch, stellte aber die Bedingung, dass die Landesbanken im Gegenzug privatisiert werden mussten. Die Landesregierungen mussten also nun private Investoren finden, die die maroden Landesbanken aufkauften. Das macht natürlich niemand, wenn diese Milliarden an faulen Forderungen an der Hacke haben.
Also musste die Landesregierungen staatseigene "Bad Banks" schaffen , in der die faulen Forderungen transferiert wurden. Die Bilanzen der Landesbanken wurden dadurch wieder "sauber", und sie sind nun prinzipiell verkaufsfähig. Für die faulen Forderungen in den Bad Banks haften nun jedoch "die Steuerzahler". Die Forderungen sind im Prinzip wertlos. Die Verluste werden auf 30 Jahre gestreckt, so dass die Abschreibungen für den Steuerzahler in für ihn bewältigbaren Happen (z.B. eine Milliarde pro Jahr) erfolgen können. Das gleiche geschah mit den faulen US-Subprime-Krediten, mit denen sich die HSH Nordbank unter Finanzgenie Nonnenmacher ebenfalls bis zur Halskrause vollgeladen hatte.
Um reinen Tisch zu machen, entschlossen sich die Landesregierungen später, die faulen Forderungen aus den Bad Banks an die amerikanischen Hedgefonds Cerberus und Flowers zu verkaufen - mit riesigen Abschlägen. Die Hedgefonds können die ausstehenden Forderungen gegen die Reeder nun eintreiben und ggfs. bei Nichtzahlung fällig stellen, was sie auch zum Verkauf der als Sicherheit übereigneten Schiffe berechtigt. Die Reeder verlieren bei Nichtzahlung also ihre Schiffe. Für die Hedgefonds ist der Deal ein sicheres Schnäppchen, weil sie die Forderungen sehr günstig aufgekauft haben und für die Zwangsverkäufe der Schiffe mehr Geld einnehmen, als sie für die Forderung bezahlt hatten.
Warum haben die Regierungen dies nicht selber gemacht? Weil ihnen - als Teil des Gier-Klüngels - die Hände gebunden sind. Zum einen finanzieren sie sich aus (Gewerbe-)Steuereinnahmen, die infolge der Schiffs-Deals der Reeder ja auch hätten sprudeln können, sofern deren rosige Milchmädchen-Prognosen aufgegangen wären. Zum anderen weil sie über die größtenteils staatseigenen Landesbanken auch in die Finanzierung der Schiffs-Sause verstrickt waren. Aus dieser Position heraus hätten die Politiker kaum die Reeder zu verlustträchtigen Zwangsverkäufen ihre Speku-Frachtschiffe treiben können. Die Reeder haben als politische Waffe ja auch das immer ziehende "Das kostet Arbeitsplätze"-Argument zur Hand. Und welcher Politiker vernichtet schon gern Arbeitsplätze? ;-)
Wozu auch sollten die Reeder selber - z. B. aus ihren teils hohen Privatvermögen - für die eingebrockte Schulden einstehen, wenn doch die Steuerzahler als ewige Melkkuh für Fehlspekulationen bereit stehen?
Und für die Landesregierungen gibt es ja auch noch das bewährte Mittel der Kürzung von Sozialleistungen (z. B. Niedriggehälter für Erzieher, obwohl diese dringend gebraucht werden), um die Löcher in der (verzockten) Staatskasse zu stopfen.
FAZIT: Es ist ein Politikum, dass Cerberus und Flowers in die Lage versetzt, risikofreie Gewinne auf Staats- und Steuerzahlerkosten zu machen. |
Angehängte Grafik:
hc_2177.jpg