"Revierkämpfe in der organisierten Kriminalität" hören sich für mich eindeutig nach Strafrecht an, und nicht nach Privatrecht. Im einfachsten Fall wird eine Familienfehde mit Beleidigungen und Drohungen ablaufen, hochskalierbar bis zum mehrfachen Mord. Wenn der Staat nicht die Mittel hat bzw. die Mittel nicht schafft, solche Straftaten aufzuklären und zu ahnden, dann duldet er solche Straftaten im Endeffekt. Wie aus dem Artikel hervorgeht, handelt es sich nicht nur um geringfügige Kriminalität, sondern bereits um mittlere bis schwere. Der Staat kann hier nur wegsehen, indem er den Anspruch aufgibt, ein Rechtsstaat mit Gewaltmonopol zu sein, vor dessen Gesetzen alle gleich sind. Damit verliert das Grundgesetz seine Bedeutung.
Daher schließt der Artikel ganz richtig: Wenn dem Mann, der die 37 Kamele (20.000 Euro) "zahlen" soll, jetzt etwas zustößt, ist der deutsche Staat dafür verantwortlich, weil er sich nicht genug des Problems angenommen hat. Den Opfern solcher Banden zu sagen, dass sie um des Rechtsstaats willen mit solchen Straftaten oder Gefahren leben müssen, ist blanker Zynismus.
Rechtsstaat heißt doch nicht nur, "im Zweifel für den Angeklagten", sondern auch, dass der Staat verpflichtet ist für den Schutz seiner Bürger Vorsorge zu treffen und Straftäter einer gerechten Strafe zu überführen. Und hier drückt der Schuh: Wo der Staat sich zurückhält und bei der Ahndung erwiesener Straftaten haarsträubende Milde walten lässt, oder staatliche Akteure einfach nur aus Angst vor der Rache der Banden nicht bemüht sind mutig zuzupacken, ist der Staat kein Rechtsstaat. (In #1 werden vier Justizwachmeistern erwähnt, die nichts taten, als auf dem Flur des Kriminalgerichts ein Eimer Wasser über eine Person gegossen wurde.) Das hat nichts mit den Grenzen der ehrwürdigen Prinzipien rechtstaatlicher Justiz zu tun, sondern zeugt vom Versagen der konkreten in Deutschland waltenden Justiz. Damit muss sich niemand abfinden. |