93.Tour de France: Schleck gewinnt in L'Alpe d'Huez Luxemburgs neuer Engel der Berge Tour de France: LIVE-Ticker, Etappen, Startliste, Palmares, Ergebnisse  Fotos: Roth
ALPE D'HUEZ, 18.07.06 (rsn) -
Die im letzten Dezember verstorbene Luxemburger Radlegende Charly Gaul, der "Engel der Berge", der die Tour de France 1958 in den Alpen gewann, wäre stolz auf seinen Landsmann gewesen: Frank Schleck (CSC) gewann am Dienstag als Solist die erste Alpenetappe im mythischen Alpe d'Huez. Nach dem 187km langen Teilstück holte sich der Amerikaner Floyd Landis (Phonak) das Gelbe Trikot, das er vorübergehend aus taktischen Gründen abgegeben hatte, zurück. Die Zahl der Rivalen des Topfavoriten scheint kleiner zu werden, doch Andreas Klöden zeigte eindrucksvoll, dass er seine Ambitionen auf den großen Coup noch nicht aufgegeben hat. Der Mann des Tages war der 26 Jahre alte Frank Schleck, der nach der Suspendierung seines Kapitäns Ivan Basso von Helferaufgaben befreit ist. Der Sohn von Ex-Profi Johnny Schleck hatte bereits im Frühjahr beim Amstel Gold Race einen großen Triumph gefeiert. Nach dem Cauberg in Valkenburg eroberte er nun auch den einstigen "höchsten Berg der Niederlande". Es war der erste Sieg eines Luxemburgers in Alpe d'Huez, wo die Tour zu Zeiten von Gaul nie Station machte. "Ich zögere normalerweise immer zulange mit Attacken, aber heute habe ich nicht gezögert. Die Gelegenheit, Alpe d'Huez zu gewinnen, hat man nicht oft in seiner Karriere", sagte Schleck (s.a.Interview). <!--FOTO_EINSCHUB--> 
 In Alpe d'Huez war diesmal noch viel Platz für Zuschauer.

 Fotos: Roth | <!--FOTO_EINSCHUB-->Schleck ließ 2300 Meter vor dem Ziel seinen letzten Mitausreißer, den Italiener Damiano Cunego (Lampre) hinter sich. Der Girosieger von 2004 überquerte die Ziellinie mit 11 Sekunden Rückstand. "Nur der Sieg zählt, aber ich versuche es wieder. Es bleiben noch zwei Alpenetappen", sagte Cunego enttäuscht. Die Italiener bleiben bei dieser Tour damit weiterhin ohne Tagessieg, während CSC den zweiten Erfolg feierte, nachdem Jens Voigt die Monumentalflucht am Samstag gewonnen hatte, bei der Oscar Pereiro fast eine halbe Stunde im Gesamtklassement gutmachte und ins Gelbe Trikot fuhr. Auf den mythischen Kehren nach Alpe d'Huez, wo die Zuschauerkulisse groß, aber nicht so spektakulär wie in den letzten Jahren war, kämpfte der Spanier um seine Führung. 10 Sekunden fehlten dem Caisse d'Espargne-Profi am Ende, doch vom Podium kann der jetzt Zweitplatzierte Pereiro weiter träumen. "Nach meiner Leistung in den Pyrenäen hatte ich ein bisschen Zweifel. Aber jetzt habe ich wieder Selbstvertrauen gewonnen", sagte Pereiro. Landis, Tagesvierter hinter dem Italiener Stefano Garzelli, zeigte sich souverän. Der Amerikaner war der Schnellste am Schlussanstieg (s.Statistik) und nahm all seinen Rivalen Zeit ab, mit Ausnahme von Andreas Klöden. Der T-Mobile-Profi hatte in den Pyrenäen Probleme mit den Besten mitzuhalten, in Alpe d'Huez gehörte er zu den Stärksten. Landis ließ sich von Klödens Tempo nicht abschütteln. Doch der Russe Denis Menchov litt und verlor über eine Minute auf Landis. Der Australier Cadel Evans, konnte ebenfalls nicht da weitermachen, wo er in Pla-de-Beret aufgehört hatte und büßte 1:39 Minten ein. CSCs spanischer Aushilfskapitän Carlos Sastre begrenzte dagegen seinen Rückstand auf 25 Sekunden. Die Etappe, die bei großer Hitze und einem Gewitter in der Abfahrt vom Lauteret stattfand, war von einer frühen Ausreißergruppe bestimmt worden, die sich in der ersten Rennstunde formierte. 101km vor dem Ziel an der Passhöhe des Col d'Izoard, des legendären Ehrenkategorie-Anstiegs, der 1922 zum ersten Mal bei der Tour im Profil stand, fuhr Garzelli an der Spitze des Rennens, doch der Henninger-Sieger wurde im Tal in Briancon wieder eingeholt von seinen früheren Mitausreißern. Eine 17-köpfige Gruppe (Hincapie, Schleck, Voigt, Zabriskie, Mazzoleni, Arrieta, Merckx, Cunego, Vila, Arroyo, Charteau, Garzelli, Landaluze, Chavanel, De la Fuente, Wegmann, Flecha, Lobato) kam am Fuß der mythischen Kehren nach Alpe d'Huez, wo die Tour zum 25.Mal zu Gast war, mit 3:20 Minuten Vorsprung an. Mit Ausnahme von Cunego und Schleck wurden alle in der Folge nach und nach durchgereicht. "Klöden war sehr stark" Die Gruppe der Favoriten ließ Andreas Klöden am letzten Anstieg mit einer Tempoverschärfung explodieren. Landis jedoch zeigte sich unbeeindruckt und behielt die Nerven. Der Amerikaner, der in dem von vorn zurückfallenden Axel Merckx einen starken Helfer fand, blieb an Klöden dran. "Wir haben kein Team, mit dem man alles kontrollieren kann", sagte Landis. "Ich muss schauen, dass ich die Stärksten im Auge behalte und am Ende mein Bestes gebe. Heute war Klöden sehr stark und ich wollte ihn keine Zeit gutmachen lassen", meinte Landis, der das Gelbe Trikot just an dem Tag bekam, als sein Landsmann und früherer Teamkapitän Lance Armstrong der Tour einen Besuch abstattete (s.a.Meldung). "Radsport ist für mich vor allem eine Sache der Taktik", sagte Landis. "Mein Ziel ist das Gelbe Trikot in Paris. Darauf konzentriere ich mich. Ein Etappensieg wäre schön, aber das muss nicht sein. Ich bin mit den Abständen soweit zufrieden. Ich bin meinem Ziel ein Stück näher gekommen", so der Phonak-Kapitän. "Ich habe gestern Nacht von L'Alpe d'Huez geträumt. Leider ist der Traum nicht ganz in Erfüllung gegangen, aber ich bin mit dem heutigen Tag zufrieden", war Klödens erste Reaktion im Ziel, nachdem er fünf Minuten lang wie versteinert dagestanden und auf sein Rad gestützt nach Luft geschnappt hatte. Im Gesamtklassement nach der ersten von drei Alpenetappen führt Landis mit 10 Sekunden Vorsprung auf Pereiro. Der Franzose Cyril Dessel bleibt auf dem dritten Rang. Klöden verbesserte sich auf Platz 6. Die ersten Sieben (Landis, Pereiro, Dessel, Menchov, Sastre, Klöden, Evans). trennen nicht mal drei Minuten. Die Franzosen waren am Dienstag vor allem begeistert vom Kampf von Cyril Dessel (19./+ 3:04), der weiter auf Podiumskurs ist. Dabei hatte der Ag2r-Profi, der eigentlich Helfer von Christophe Moreau (25./+ 3:48 Min) sein sollte, nicht nur gegen die steilen Rampen zu kämpfen. Am Fuß des Schlussanstiegs sprang erst seine Kette ab, dann stürzte er, weil ihm ein Zuschauer ins Rad lief. Schnell saß Dessel, der das Gelbe Trikot nach der 10.Etappe tragen durfte, wieder im Sattel und kämpfte sich mit Hilfe seines Teamkollegen Samuel Dumoulin den Berg hoch. "Ich bin zufrieden. Am Lauteret war ich bei den Besten. In Alpe d'Huez habe ich Zeit vergeudet. Mein Team war fantastisch. Wenn ich mich gut erhole, ist eine gute Platzierung im Gesamtklassement drin", sagte Dessel. Im Kampf um das Weiße Trikot des besten Jungprofis unter 25 Jahren musste der Rheinländer Markus Fothen am Dienstag zum ersten Mal bei seinem Tour-Debüt Federn lassen. Der Gerolsteiner-Youngster, der 5:16 Minuten Rückstand auf Schleck hatte, verteidigte sein Trikot, doch Mitkonkurrent Cunego machte Boden gut. |