Das hatten Deutschlands Tanzflächen noch nicht gesehen: In den grellen Achtzigern tanzte die Republik alla Carbonara. Und sang hemmungslos Strandlieder über den Atomkrieg mit. einestages über Italo-Disco, den Wahn um Sabrina, Tony Esposito & Co - und was aus den einstigen Stars geworden ist.............................................. .................... Und getanzt wurde zum Italo Disco bald in ganz Europa. Dank eines Mannes namens Bernhard Mikulski.
Ein Kaiser namens Mikulski
Mikulski stammte nicht aus Rom, Turin oder Venedig, sondern aus dem hessischen Merenberg: 3000 Einwohner, eine Handvoll Fachwerkhäuser, eine Burgruine - urdeutsche Gemütlichkeit statt Dolce Vita. Und doch sollte es 1983 zur musikalischen Hauptstadt Italiens werden - mit Mikulski als Kaiser. Der war in den Sechzigern als Produzent und Mitinhaber der Plattenfirma CBS tätig gewesen, dann aber ausgestiegen, um gemeinsam mit seiner Frau Christa sein Glück mit der Plattenladenkette Pop Shop zu versuchen, die hauptsächlich billige Importschallplatten vertrieb. Das Geschäft (mit den importierten Platten) lief so blendend, dass die Mikulskis nach einigen Jahren einen Großhandel eröffnen konnten.
So gut sogar, dass Bernhard Mikulski 1971 schließlich mit einem eigenen Independent-Plattenlabel ins Geschäft einstieg: "Pop-Import Bernhard Mikulski". Wie der Name des Labels bereits andeutete, nahm Mikulski vor allem Künstler aus dem Ausland unter Vertrag, um sie in Deutschland bekannt zu machen. Darunter besonders viele unbekannte Disco-Acts aus Italien wie Mito, Advance oder Amin Peck. Um ihre Songs in Deutschland unter die Leute zu bringen, stellte er 1983 einen Sampler zusammen und suchte nach einer Überschrift, einem Markennamen, der die deutschen Käufer neugierig auf die italienischen Bands machen würde. Er nannte die Platte schließlich "The Best of Italo-Disco Vol. 1".
Das Konzept elektronischer italienischer Tanzmusik war zwar nicht neu - schon seit den späten achtziger Jahren hatten Musiker aus dem Süden unter verschiedenen Sammelbegriffen wie "Rock Elettronico", "Balli da Discoteca" oder "Spaghetti Dance" Platten veröffentlicht. Doch erst unter Mikulskis Etikett "Italo-Disco" sollte sich ihre Musik als eigenes Genre in Europa durchsetzen: Die Platte fand reißenden Absatz, und Mikulski konnte kaum so schnell neue "Italo-Disco"-Sampler veröffentlichen, wie sie gekauft wurden. Bis ins Jahr 1991, in dem mit "The Best of Italo Disco Vol. 16" der letzte Sampler der Reihe veröffentlicht wurde, sollte der neu erfundene Musikstil zum Zugpferd des Labels werden.
Atombomben und Carbonara
Schnell war ganz Deutschland im Italien-Fieber: Man schwofte zu "Paradise mi amor" von Vanilla, grölte mit zu "Vamos a la playa" von Righeira, ohne zu bemerken, dass das Lied von den Folgen einer Atombombenexplosion handelte, und glotzte im Video zu "Boys" Sabrina auf die spärlich verhüllten Brüste. Italienisch zu klingen, wurde zum Inbegriff der Coolness im deutschen Popgeschäft und brachte auch deutsche Musiker unter Zugzwang. So beschloss die deutsche Rockband Spliff, ihren Song "Heiße Würstchen und 'ne Coca Cola" umzutaufen in "Spaghetti Carbonara e una Coca Cola" - und landete damit prompt auf Platz fünf der deutschen Charts. ..............................