Im heutigen FDA-Meeting (scheinbar irgendwo per livestream verfolgbar) geht es um die Festlegung der generellen Kriterien für Corona-Impfstoffzulassung und/oder EUA. Firmenrepräsentanten sind eingeladen (Medienberichte nannten explizit Pfizer und Moderna), sollen aber noch nicht ihre Phase 3-Zwischenergebnisse vorstellen, sondern zunächst nur generelle Stellungnahmen abgeben. Aus meiner Sicht geht es v.a. um zwei Entscheidungen, die kurzfristig für BioNTech wichtig sein werden: 1a. Wird es die FDA genehmigen, den Effektivitätsnachweis eventuell schon vorzeitig (z.B. auf Basis der ersten 32 Infizierten) zu führen, und danach alle Probanden mit Impfstoff, und keinen mehr mit Plazebo, zu impfen? Bislang fordert die FDA noch volle Absolvierung bis zum Endpunkt von ca. 150 (Moderna) bis 160 (BT/Pfizer) Infizierten unter allen Probanden. Pfizer und BioNTech haben diese Forderung aus ethischen Gründen in Frage gestellt: Wenn ein Effektivitätsnachweis schon vorher vorläge, sei es aus Fürsorgepflicht gegenüber den Probanden unverantwortlich, diesen die Impfstoffgabe zu verweigern, und sie damit einem (in den Testregionen) erhöhten Corona-Infektionsrisiko mit potentiell schweren bis fatalen Folgen auszusetzen.[Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass diese Frage auch rechtliche Implikationen, bis hin zu Schadensersatzklagen von Corona-Infizierten Probanden aus der Plazebo-Gruppe gegen die FDA, haben könnte.] 1b, Wie steht es in diesem Zusammenhang mit den "Minderheitenquoten"? Wird die FDA eventuell einen vorzeitigen Wirksamkeitsnachweis für die Gesamtpopulation akzeptieren, oder soll Wirksamkeit statistisch signifikant auch für einzelne ethnische Gruppen (wenn ja, welche?) gezeigt werden. In letzterem Fall werden höchstwahrscheinlich mehr als nur 32 Infektion aus der Studienpopulation erforderlich sein. Für kleinere Gruppen, z.B. "Native Americans" (derzeit 0,7% des BT/Pfizer "Enrollment", d.h. ca. 280 Personen) mag selbst bei voller Studiendurchführung solch Nachweis statistisch schwierig werden. 2. Weiterhin will die FDA bislang nicht nur einen "simplen" statistischen Effektivitätsnachweis. Vielmehr fordert sie, dass es unter den Infizierten Studienteilnehmern mindestens fünf schwere Fälle gibt. Die Idee dahinter ist, dass der Impfstoff v.a. die Fähigkeit zeigen soll, einen schweren Infektionsverlauf zu verhindern. Zwar ist diese Überlegung wissenschaftlich nachvollziehbar, aber letztlich gelten hier die gleichen ethischen Bedenken, die auch gegen eine statistisch unnötige Verlängerung von Plazebo-Impfungen geltend gemacht werden. Das "Spiel" mit Menschenleben im Interesse des medizinischen Erkenntnisgewinns (einschließlich "Challenge-Studien wie jetzt in England geplant) hat gerade in Deutschland eine unrühmliche Tradition (Auschwitz etc.), und ich erwarte/ erhoffe hier klare Stellungnahme von BioNTech. [Bin mir übrigens fast sicher, dass das PEI verhindern wird, dass entsprechende Überlegungen bei der EMA-Entscheidung eine Rolle spielen werden.] Aus den vorgenannten Fragen wird deutlich, dass BioNTech/ Pfizer kein Interesse daran gehabt haben, eine erste Entscheidung des Überwachungskommitees zu möglicher vorzeitiger Beendigung der Effektivitätsanalyse schon vor dem heutigen FDA-Meeting zu bekommen. Da gibt es zwar wohl keine direkte Steuerungsmöglichkeit (immerhin ist das Kommitee unabhängig), aber Signale à la "Seid ihr sicher? Validiert doch lieber alle Fälle noch ein zweites (drittes) Mal.." sollten drin sein. Ebenfalls scheint es legitim, dem Steuerungskommitee anzuraten, mit seiner statistischen Evaluierung und darauf basierender Entscheidung abzuwarten, bis das FDA festgelegt hat, welche Nachweistiefe (Zahlen, Minderheiten, Fallschwere) es letztlich verlangen wird. Also: Warten wir erst mal heute abend/ nacht ab, um zu sehen, welche Daten die FDA erwartet. Danach kann alles möglicherweise sehr schnell gehen, oder (bei sehr detaillierten/ tiefen FDA-Anforderungen) auch nicht.. |