Singen Autohersteller das hohe Lied des Elektroautos nur, weil sie andernfalls den Abfall an der Börse fürchten müssten? Professor Fritz Indra glaubt jedenfalls: Der Verbrennungsmotor ist keineswegs am Aussterben.Denn die meisten Autobauer hätten bereits einen „Plan B“:
FOCUS online: Professor Indra, Sie waren vor ein paar Wochen beim Wiener Motorensymposium, und zwar dem ersten nach dem von der EU angekündigten Verbrennerverbot. Herrschte dort Untergangsstimmung? Fritz Indra: Im Gegenteil. Tatsächlich war das Symposium ein großer Erfolg: Volles Haus, gute Stimmung und zum ersten Mal nicht nur zwei, sondern drei Sektionen mit Parallelvorträgen, weil es so viele Einreichungen gab wie nie zuvor. Das Interesse ist also erstaunlich groß, wobei es viele Meinungen gibt, die aufeinanderprallen. Volkswagen und Mercedes-Benz sprechen zum Beispiel nur über die E-Mobilität. Ich bin mir allerdings sicher: Die Vorstände haben einen Plan B, auch dort. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung? Fritz Indra: Durch den Blick hinter die Kulissen. So hat ein VW-Ingenieur wenige Wochen vor dem Motorensymposium in kleinerem Kreis den neuen 1,5-Liter-TFSI-Evo-2 vorgestellt, einen eindrucksvollen Verbrennungsmotor. Und auf der letzten Folie des Mercedes-Vortrags in Wien wurde eine neue Plattform angekündigt, und zwar mit der Information: Die ist offen für alle Antriebsarten. Insider wissen, dass in dieser Plattform ganz neue Verbrennungsmotoren verbaut werden, die derzeit von Geely entwickelt werden, mit einer Verdichtung von 16:1, Raumzündung, Miller-Cycle-Verfahren und hervorragenden Wirkungsgraden von bis zu 47 Prozent.
Warum wird so etwas nicht offensiver kommuniziert? Fritz Indra: Die Industrie kann im Moment nicht offen sprechen. Denn neben dem politischen Druck sind auch die Börsen noch überzeugt vom Elektroauto. Und wenn ein Hersteller sich eindeutig zum Verbrenner bekennt, fallen die Aktienkurse - jedenfalls im Moment noch. Viel wichtiger finde ich allerdings, dass zum Beispiel bei VW nach meinen Erkenntnissen weiterhin 2300 Mitarbeiter am Verbrenner arbeiten.
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