Hessen-SPD beschließt Fahrplan zum Regierungswechsel
Die hessische SPD-Chefin Ypsilanti hat sich durchgesetzt: Der Vorstand der Landespartei hat einen Fahrplan festgelegt, an dessen Ziel eine rot-grüne Regierung unter Duldung der Linken stehen könnte. Als erstes soll der geplante Landesparteitag verschoben werden.
Frankfurt/Main - Die hessische SPD-Spitze hat die Weichen für einen zweiten Anlauf gestellt, den geschäftsführenden CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch doch noch abzulösen - mit dem möglichen Versuch einer von den Linken tolerierten rot-grünen Minderheitsregierung. Als wichtigste Entscheidung verschob der Landesvorstand am Mittwochabend in Frankfurt den für den 13. September geplanten SPD-Parteitag auf den 4. Oktober.
Andrea Ypsilanti hat sich durchgesetzt: Die hessische SPD nimmt einen zweiten Anlauf zur Minderheitsregierung
Zudem wird am 3. September ein sogenannter kleiner Parteitag einberufen. Zuvor soll es vier Regionalkonferenzen geben, um das Vorhaben in der Partei zu diskutieren.
Die Zustimmung der Basis vorausgesetzt, könne bei dem Sonderparteitag der Startschuss zu Koalitionsverhandlungen mit den Grünen für eine von der Linkspartei geduldete Minderheitsregierung fallen, kündigte SPD-Chefin Andrea Ypsilanti an. Sollte es zu einer rot-grünen Minderheitenregierung kommen, will Ypsilanti dies durch eine Absprache mit der Linkspartei absichern.
Die hessische SPD-Führung hält sich in ihrem Beschluss allerdings verschiedene Koalitionsmöglichkeiten offen. Zwar wird darauf verwiesen, dass zentrale Vorhaben im Landtag durch eine Mehrheit von SPD, Grünen und Linkspartei durchgesetzt wurden. Zugleich wird aber auch eine große Koalition nicht völlig ausgeschlossen: "Die hessische SPD steht vor der Herausforderung (...) sich entweder auf eine große Koalition einzulassen oder eine Koalition mit den Grünen anzustreben, die durch die Linkspartei toleriert wird", heißt es in dem Papier. Ypsilanti hatte eine große Koalition von einem SPD-Landesparteitag im März ausschließen lassen.
Der Landesvorstand beriet seit dem frühen Mittwochabend über das weitere Vorgehen. Mit der Verschiebung des Parteitags nimmt die hessische SPD Rücksicht auf die bayerische Landespartei, die sich im Wahlkampf befindet und Stimmenverluste wegen des Linkskurses der hessischen Genossen befürchtet. Am 28. September ist in Bayern Landtagswahl.
Einen ersten Versuch zur Ablösung von Koch hatte Ypsilanti nach der Landtagswahl wegen des Widerstands der SPD-Abgeordneten Dagmar Metzger aufgegeben. Metzger will auch bei einem zweiten Anlauf bei ihrem Nein bleiben. Somit müssten alle 41 übrigen SPD-Fraktionsmitglieder für Ypsilanti stimmen. Zusammen mit den 9 Stimmen der Grünen und 6 der Linken käme sie dann auf die notwendige Mehrheit von 56 der 110 Abgeordneten. Die CDU-Regierung von Ministerpräsident Koch ist nur noch geschäftsführend im Amt, weil es bislang keine Mehrheit für eine neue Koalition gibt.
Ypsilanti: "Habe harte Wahlaussagen gemacht"
Ypsilanti distanzierte sich im Anschluss an die Sitzung erneut von ihrem Wahlversprechen, nicht mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten. "Ich habe harte Wahlaussagen gemacht, die würde ich heute nicht mehr so treffen", sagte sie.
Ypsilanti verteidigte sich auch gegen Kritik, sie handle gegen die Interessen der Bundespartei. Ihr sei nicht egal, was das Vorgehen in Hessen für die SPD bedeute, sagte sie. Trotzdem gelte, dass der Landesverband entscheiden müsse, was gut für sein Land sei.
Lafontaine: "Wir werden sie wählen"
Hessens SPD sei nun der erste Landesverband im Westen, der die Linkspartei nicht einfach ausgrenze, sondern Kriterien für den Umgang oder die Zusammenarbeit mit ihr aufstelle, so Ypsilanti. Dazu gab der Landesvorstand die Erarbeitung eines Kriterienkatalogs in Auftrag, der als "Diskussionsgrundlage zur Klärung weiterer offener Fragen in Bezug auf die Linkspartei" dienen soll.
Der Bundesvorsitzende der Linken, Oskar Lafontaine, bekräftigte im Fernsehsender RTL, dass seine Partei Ypsilanti unterstützen wolle. "Wir werden sie wählen, falls sie handelseinig wird mit den Grünen und falls das Programm nicht dicke Klopse für uns beinhaltet", sagte Lafontaine dem RTL-"Nachtjournal".
Grüne: Nicht für "Himmelfahrtskommando" zu haben
Die hessischen Grünen hatten zuvor vor einer Niederlage Ypsilantis gewarnt: "Der Regierungswechsel droht an der Linkspartei zu scheitern", sagte der hessische Grünen-Chef Tarek Al-Wazir am Mittwoch in Wiesbaden. Sollten die Positionen des Linken-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Gehrcke auf dem bevorstehenden Landesparteitag seiner Partei eine Mehrheit finden, werde es keine rot-grüne Minderheitsregierung geben, sagte Al-Wazir. Gehrcke hatte in einem Interview erklärt, die Linke werde der hessischen SPD-Landesvorsitzenden für eine Zusammenarbeit keine weitreichenden Zusagen machen.
Al-Wazir sagte, wer bereit sei, Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu wählen, dürfe die neue Regierung nicht ohne Haushalt und ohne Mehrheit für wesentliche Gesetze dastehen lassen: "Für ein Himmelfahrtskommando sind die Grünen nicht zu haben."
Koch setzt auf Niederlage Ypsilantis
Ministerpräsident Koch hatte sich bereits am Mittwochmorgen optimistisch geäußert, dass eine Niederlage der SPD-Vorsitzenden bessere Chancen auf eine Regierungsbildung im Land böte: "Nach einem Scheitern von Frau Ypsilanti stellen sich viele Optionen neu", sagte Koch der "Mitteldeutschen Zeitung". Neuwahlen seien keineswegs zwingend, falls Ypsilantis Plan fehlschlage, eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Duldung durch die Linke zu bilden.
Zudem warnte er Ypsilanti erneut vor einer Kooperation mit der Linken: Eine solche Zusammenarbeit komme einem Wortbruch gleich, so Koch. Er schloss auch nicht aus, dass die SPD ohne Ypsilanti doch zu einer großen Koalition bereit sein könnte. "Wir haben in Hessen vermutlich die einzige Sozialdemokratie der Nachkriegsgeschichte, die mit jedem Dahergelaufenen Verhandlungen führen würde, nur nicht mit der anderen großen Volkspartei."
amz/ler/AP/dpa
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* http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,571994,00.html
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