Korruptionsverdacht Wulff und Glaeseker - wie siamesische Zwillinge Freitag, 20. Januar 2012 07:21 - Von Daniel Friedrich Sturm
Viele Fehler des Bundespräsidenten hat Olaf Glaeseker effizient ausgebügelt – bis er selber stolperte. Die Staatsanwaltschaft Hannover hat jetzt die Privaträume des langjährigen Pressesprechers und engen Vertrauten Christian Wulffs durchsucht. Wegen Korruptionsverdachts.
Google-Anzeigen FlexGas in Niedersachsen Viel Gas für wenig Geld vom Test- sieger. Günstig war nie einfacher! www.flexgas.de
Foto: dapd/DAPD
Kurz vor Weihnachten trennten sich die Wege von Bundespräsident Wulff und seinem Ex-Sprecher. Gegen Olaf Glaseker (l.) besteht der Verdacht, er habe möglicherweise den Nord-Süd-Dialog "gefällig gefördert"
Christian Wulff und Olaf Glaeseker – die beiden verband eine enge berufliche und lange persönliche Bindung. Glaeseker begleitete Wulffs Karriere; mancher meint, der geschickte Pressesprecher habe sie erst ermöglicht. Wie viel dabei Wulff war und was von Glaeseker stammte, verschwamm zuweilen. Vermutlich konnten es die beiden selbst nicht mehr recht auseinanderhalten. Wulffs Marsch an die Macht wäre ohne Glaeseker nicht – oder so nicht – möglich gewesen. Olaf Glaeseker war dabei für den niedersächsischen Oppositionsführer, Minister- und schließlich Bundespräsidenten mehr als nur ein Sprecher. Glaeseker war Wulffs engster Berater, Einflüsterer, Freund, er war Wulffs Alter Ego. Diese Beziehung war so eng und verbindlich, dass mancher Beobachter meint, die beiden stünden auch noch in Kontakt, seitdem Glaeseker vor knapp einem Monat das Präsidialamt verlassen musste. Lockruf nach Hannover
Glaeseker verstand es, gegenüber Journalisten verbindlich aufzutreten. Von gewaltiger Statur, meist ein weißes Hemd zum Anzug tragend, verstand er es, mancher Veröffentlichung einen „Spin“ zu geben. Dabei hatte er selbst als Mitarbeiter der „Nordwest-Zeitung“ einst einen durchaus kritischen Artikel über Wulff verfasst. Die beiden Männer lernten sich so kennen, und Glaeseker, nunmehr Bonner Korrespondent der „Augsburger Allgemeinen“, folgte 1999 Wulffs Lockruf nach Hannover. Ein Aufstieg war es nicht gerade, für den als glücklos geltenden Oppositionsführer gegen die dort übermächtige SPD in die Schlacht ziehen zu müssen. Schon zweimal hatte Wulff zu dieser Zeit gegen Ministerpräsident Gerhard Schröder verloren. In einer Schlacht aber konnte Glaeseker – viel eher als Wulff – bestehen. Als Pressesprecher verstand er es, mit harten Bandagen zu kämpfen. Über politische Gegner zog er noch vor wenigen Jahren ziemlich vom Leder. Für Christian Wulff inszenierte Glaeseker dessen neue Liebe zu Bettina Körner und die damit einhergehende Trennung von seiner ersten Ehefrau ziemlich geschickt. Trennung, Beziehung und Wiederheirat mussten in Niedersachsen mit seinen konservativ-klerikalen Einsprengseln erst einmal vermittelt werden. Hatte die CDU sich nicht stets mokiert über Gerhard Schröders Trennungen?
An fragwürdigen öffentlichen Einlassungen ließ es Christian Wulff auch nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten nicht mangeln. Da war sein Statement zum Fall Sarrazin, spontan, während eines Besuches in Dresden und vor einer Fernsehkamera des Senders N24. Da meinte Wulff, sich zu der Zukunft des Duisburger Oberbürgermeisters Adolf Sauerland äußern zu müssen; bis dato hatten sich Bundespräsidenten in kommunalpolitische Personalfragen eher selten eingemischt. Da war Wulffs umstrittener Urlaub auf Mallorca, auf dem Anwesen Carsten Maschmeyers. Glaeseker konnte all dies nicht verhindern, doch er hat vermutlich Hunderte Gespräche und Telefonate geführt, um diese Anfangsfehler des neuen Staatsoberhauptes zu relativieren, zu beschönigen oder gar vergessen zu machen. Anders als sein zuweilen authentisch wirkender Vorgänger Horst Köhler aber suchte Wulff – ganz Parteipolitiker und Landesvater – stets Kontakt zu Journalisten. Glaeseker versuchte immer wieder mit teils grotesken SMS, die harmlosen Worte Wulffs einzufangen. Mal galten diese als gesagt, mal durften sie zitiert werden, plötzlich dann nicht mehr. Dieses Hin und Her – kurz nach der Erfahrung um seine Sarrazin-Einlassungen – offenbarte eine gewisse Nervosität. Diese konnte nicht einmal Olaf Glaeseker mit seiner barocken Erscheinung und dem norddeutschen Temperament überdecken. Just in diesem Herbst 2010 leistete Olaf Glaeseker mit dem Lenken und Leiten Wulffs, das immer wieder einem Lavieren glich, schwerste Arbeit. Gelegentlich war ihm das anzusehen. Doch seine ihm eigene Fröhlichkeit überstrahlte diese Strapazen oft. Außerdem genoss er, ebenso wie Wulff, die große neue Welt, die das neue Amt mit sich brachte, die Reisen etwa nach Paris und Peking anstatt nach Peine und Pattensen. Von seinen Aufgaben entbunden
Am 22. Dezember 2011 ließ Christian Wulff die Pressestelle seines Präsidialamtes mitteilen, Glaeseker sei von seinen Aufgaben entbunden. Diese Entscheidung habe Wulffs Staatssekretär Lothar Hagebölling getroffen, der zweite Vertraute aus niedersächsischen Zeiten. Eine Stunde später trat Wulff im Schloss Bellevue auf, gab Fehler zu und schuf weitere Missverständnisse. Olaf Glaeseker arbeitet offiziell seit einem Monat nicht mehr für Wulff. Das Krisen- und Kommunikationsmanagement des Präsidenten ist seither nicht besser geworden. Niemand würde Olaf Glaeseker eine Begabung absprechen. Nun sieht es so aus, als trüge der Mann, der Wulffs Aufstieg möglich machte, ganz gewaltig zu seinem Abstieg bei.
http://www.morgenpost.de/politik/article1885493/...che-Zwillinge.html |