mancher sieht hier also seitens apple einen (oder auch mehrere) logisch strukturierte Kanonenschüße. Wird langsam martialisch hier ...
Als Vorwort noch: Sightsound hat auf ein amendment = Ergänzung der claims verzichtet. Dass heißt man hätte die Möglichkeit gehabt, die jeweiligen claims zu präzisieren, ergänzen, an aktuelle Entwicklungen anzupassen. Derartige amendments gab es im Rahmen der Reexamination, insbesondere deswegen hatte es ja solange gedauert, da zu diesen amendments es natürlich wieder Streitigkeiten gibt. Positiv sehe ich, dass sightsound nach reexamination und bisherigem Verlauf der apple-Verfahren seinen Patenttextaufbau weiterhin für gut erachtet und apple keine zwingenden Gegenpositionen aufbauen konnte, dass sich die sightsound-Patentanwälte genötigt gesehen hätten, die claims nochmals „feinzutunen“.
Eine Beurteilung der Reply ist meines Erachtens nur möglich, wenn man sich wenigstens die Response vom 3.1.2014 neben dran legt, idealerweise noch weitere Dokumente aus seinem Fundus, und vergleicht, was neben allgemeinen Behauptungen an sachlichen Gründen, Beweisen, Verweisen auf Urteile und wasauchimmer zu finden ist.
Daher vom Aufbau der Analyse parallel die entsprechenden Passagen aus den beiden o.g. Dokumenten, die Quellenlinks waren jeweils von alpine bereits eingestellt worden.
Auffallend ist bereits, dass apple mit Masse an Anhängen arbeitet, da man ja seitenzahlenmäßig beschränkt ist. Maßgeblich ist aber das, was in der Reply steht samt Verweis, und wenn dort auf Seite 183 einer Zeugenbefragung verwiesen wird, sind die Seiten 1-182 bzw. 184-316 eben erstmal (d.h. konkret jetzt bis zu oral arguments) unerheblich. Insoweit müssen die Richter eben nicht alles durchlesen, das Verfahren soll ja gerade schnell gehen.
Die Hauptargumentationslinien von sightsound im Einzelnen:
1.) CompuSonics unbekannte Kleinfirma, die es nicht geschafft hat, operative Erfolge zu erzielen. Sightsound belegt dies durch vergleichsweise detaillierte Ablaufbeschreibungen, verweist insbesondere auf das Fehlen eines „Gesamtsystems“, dass es sich um eine „two-step process“ (Seite 3) handelt
Sehr gute Belegung dieser Sachverhalte durch: a) Reexamination: -„Not surprisingly, the PTO has previously distinguished the very CompuSonics invalidity arguments presented here. Numerous CompuSonics items (many [aber eben auch nicht all] of which the Petitioner submitted in this proceeding) were before the PTO in its rigorous five –and-a-half year reexamination […].” (Seite 4) -“Reexamination did provide additional clarification [eines der damaligen amendments] that the term “second memory “ includes non-volatile storage that is not a tape, cd, or removable media.” (Seite 11) -Reexamination “included amongst the cited prior art [über 80 sonstige Patente und 800 sonstige Publikationen] five US patents naming David Schwartz as the inventor an CompuSonics as the assignee, and over eighty references to compusonics and its technology and business plans.”(Seite 13) -Anschließend noch der Verweis auf Verfahren gegen N2K insbesondere summary judgement.
b) Zeugenaussagen Schwartz und Stautner (Seite 6ff.: ) - no unitary “CompuSonics system” - lacked internal hard discs - „the button labeled „telerecord“ did not work and was not connected to anything“ - Fehlende Öffentlichkeit der Unterlagen: “These slides were shown only for a few seconds”
2.) Verweis auf Schriftwechsel sightsond-apple (Seite 16)
3.) Formelle Rüge wegen Zulassung wg. §103, obwohl dies seitens apple nicht beantragt war und sua sponte durch das PTAB erfolgte. (S. 56 ff.) - Entsprechende Verweise auf die Verfahrensvorschriften - Bemängeln, dass das PTAB keine Begründung für das „Roving“ = Ausweiten der Vorschriften geliefert habe. - Insbesondere „PO is partiulary prejudiced”, da man auf diese Sachverhalte nicht bereits im Vorfeld eingegangen ist, (was wir hier ja bemängelt hatten), und jetzt nach Institution erst darauf reagieren könne. - Entsprechende Verweise auf Rambus v. Rea (kurzer Moment zum Innehalten !!) und In re Leithem, beides vor dem Federal Circuit 4.) Urteile zum Thema obviousness, insbesondere supreme court KSR v Teleflex Seite 59, die Argumentationslinie analog prior art. 5.) abschließend die secondary considerations ab Seite 66, auf die ich nicht weiter eingehe, da für den Verfahrensausgang aus meiner Sicht unerheblich.
Was erwidert nun apple auf diese meines Erachtens sehr zielgerichteten Argumente:
Seite 1: „more than a dozen arguments” die man aber auf zwei Dinge verdichten will:
„ For the first time in over 15 years of litigation and reexamination, PO argues the claimed second memory” is limited to non removable” media or “hard disk.
Ich weiß zwar nicht was die Jungs, da geraucht haben müssen, aber mit
-“Reexamination did provide additional clarification [eines der damaligen amendments] that the term “second memory “ includes non-volatile storage that is not a tape, cd, or removable media.” (Seite 11) hätten wir zumindest mal den Begriff “removable”
und aus Donettas summary judgement N2K (zu finden beispielsweise unter www.leagle.com):
Anticipation by Akashi: “Plaintiff argues that Akashi fails to disclosure: […] (3) a hard disk used by the purchaser”. (Seite 10 )Hätten wir auch die hard disk.
Das heißt selbst ich Halbwissender kann diese zusammenfassende kernbehauptung bereits widerlegen. Sehr schwach.
Die apple-Anwälte versuchen formal argumentierend, die Einschränkungen der Begrifflichkeiten auf die einzelnen claims herunterzubrechen, da diese Begriffe nicht explizit in den einzelnen claims enthalten seien. Finde ich als Argument aber sehr schwach, den sonst müsste ja bei jedem Patent in jedem einzelnen claim alles Wesentliche drin stehen, der Sinn der Claims ist ja gerade nicht alles als Endlostext darzustellen. Und auch wenn claim 1 (als naturgemäß allgemeinste Darstellung) zu allgemein gehalten wäre, in anschließenden claims Aufbau und Ablauf präzisiert wird, so wird dadurch das Gesamtpatent ja nicht ungültig. Hat apple schon in der claim construction erfolglos versucht, ich wüsste nicht warum es hier gelingen sollte. Dummerweise hat sich apple aber bei seiner Klage auf nur wenige claims versteift.
Weiterhin werden Behauptungen weiter dargestellt, da sie ja theoretisch möglich gewesen wären (wie Kreditkartenzahlung) obwohl dies durch Zeugenaussagen Mr. Schwartz oder das summary judgement (Seite 18: „CompuSonics system was not configured to accept credit card information“) längst widerlegt sind.
Gegenargumente zur reexamination, insbesondere zusätzliche Punkte benennen, die dergestalt in der Reexamination nicht behandelt wurden, um dem PTAB eine Grundlage zu liefern, von der damaligen Entscheidung abzuweichen ?? Dies wäre m.E.Kernaufgabe der Anwälte gewesen.
Habe ich zumindest nicht gefunden.
Argumentation, dass alle Einzelsteps des sightsounds-Verfahrens bekannt waren. Das bestreitet ja letztlich auch sightsound nicht, und das supreme court-Urteil hat ja gerade bestätigt, dass dies möglich ist, wenn diese Elemente erstmals neu miteinander verbunden werden.
Meine Schlussfolgerung: Sich naturgemäß widersprechende Argumentation der jeweiligen Experten bezüglich der einzelnen Details, apple verliert sich argumentativ in vielen Einzel-Details, ohne auf eben die große Linie zu finden, bestehende größere Hauptpunkte wie Reexamination, summary judgement, für sightsound günstige Supreme Court Rechtsprechung einzugehen, versuchen zu relativieren, bestenfalls zu widerlegen oder dies eben nicht zu können.
In meinen Augen daher eine sehr schwache Antwort, größtes Risiko stellt meines Erachtens weiterhin die allgemeine Patentrechtsentwicklung in den USA dar (Stichwort: Patent trolls saugen die operativen Unternehmen aus).
sláinte
midleton
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