Leider werden nur Frimag und RCM erwähnt, nicht aber Rücker, was aber auch zeigt dass sie noch immer eine ziemlich unentdeckte Perle ist (was auch ihre Bewertung zeigt)
von Jens Castner
Die "Heuschrecken" drückt der Schuh. Immer wieder hatten erfahrene Investoren wie Warren Buffett vor dem Platzen der Immobilienblase in den USA gewarnt. Doch die Amis kauften weiter Häuser und Wohnungen – um jeden Preis, so schien es. Jetzt wird langsam zur Gewißheit, was das Orakel von Omaha schon lange prophezeit hatte: Der US-Markt steht auf der Kippe.
In Phoenix, Arizona, der Stadt mit den zuvor höchsten Teuerungsraten, schlägt das Klima um. Die Zahl der zum Verkauf stehenden Häuser hat sich im Vergleich zu Anfang 2005 auf 30000 beinahe verzehnfacht. "Etwa die Hälfte davon steht leer, war nie bewohnt und ist offensichtlich nur aus spekulativen Gründen erworben worden", erklärt Eberhardt Unger vom Frankfurter Investmenthaus Fairesearch.
Ob sich der Markt lediglich abkühlt oder die Blase mit einem gewaltigen Knall zerplatzen und möglicherweise sogar zu einer Rezession führen wird, bleibt abzuwarten. Fest steht indes: Die großen US-Investmentgesellschaften und Pensionskassen sind gezwungen, ihre Immobilienbestände auf Teufel komm raus umzuschichten, wenn sie ihren Anlegern weiterhin ordentliche Renditen präsentieren wollen. Die Briten, deren Heimatmarkt ähnlich hoch bewertet ist, stehen nicht minder unter Druck.
Das "alte Europa", insbesondere der von mehreren Jahren Stagnation geprägte deutsche Immobilienmarkt, kommt da gerade recht. Ob Blackstone, Oak Tree, Terra Firma oder Cerberus – es gibt kaum eine große angelsächsische Investmentgesellschaft, die hierzulande nicht schon durch spektakuläre Deals auf sich aufmerksam gemacht hätte oder zumindest den Markt nach Kaufgelegenheiten durchforsten würde.
Wie groß der Anlagedruck ist, zeigt sich am Beispiel Fortress: Die übernommenen Schulden mit eingerechnet, legte der US-Finanzinvestor für die kommunale Dresdner Wohnungsbaugesellschaft Woba 1,7 Milliarden Euro auf den Tisch, etwa 330 Millionen mehr als der Stadtkämmerer erwartet hatte. Die Stadt Dresden ist damit auf einen Schlag ihre Schulden los – und 47600 Wohnungen, von denen allerdings 4000 in den nächsten Jahren abgerissen werden sollen. Außerdem befinden sich viele Wohnungen in Plattenbauten und sind kaum vermietbar. Die Leerstandsquote liegt immerhin bei 18 Prozent. So sehr die Konkurrenz auch den Kopf schüttelt – für amerikanische Verhältnisse sei der Kaufpreis von etwa 600 Euro pro Quadratmeter wohl "unvorstellbar billig", heißt es in Branchenkreisen. Ein rigoroses Vorgehen nach Heuschrecken-Art, wie etwa Kündigungen, Luxussanierungen oder unverschämte Mieterhöhungen, wird es in diesem Fall nicht geben. Fortress hat umfangreiche Bestandsschutz- und Sozialgarantien abgegeben. Trotzdem sind deutsche Immobiliengesellschaften im Vorteil. Gerade in kleineren und mittleren Kommunen, die aus Finanznot gezwungen sind, ihren Wohnungsbestand zu verkaufen, geht die Heuschrecken-Angst um. "Viele Städte und Gemeinden vertrauen lieber auf deutsche Investoren", sagt Stephan Rind, Vorstands-Chef von Colonia Real Estate. Den Kommunalpolitikern sei es schlicht zu heikel, "wenn die Wähler in der Zeitung lesen, daß der Wohnungsbestand an ausländische Gesellschaften verkauft wird".
Da folglich auch deutsche Unternehmen in dem Milliardenpoker kräftig mitmischen, kennen die Kurse der wenigen börsennotierten Immobiliengesellschaften seit Monaten nur eine Richtung: nach oben. Vor allem das Geschäft mit Wohnungsprivatisierungen gleicht der Lizenz zum Gelddrucken. Da große Wohnungspakete günstiger zu haben sind als einzelne Objekte, müssen die Spezialisten nichts anderes tun, als ein komplettes Portfolio zu übernehmen und die Wohnungen – wenn nötig nach Sanierung – einzeln oder zumindest in kleineren Päckchen weiterzuverkaufen. In seltenen Fällen geht es aber auch umgekehrt. Die Berliner Windsor AG stellt bisweilen für ausländische Investoren, denen es an Marktkenntnissen fehlt, mehrere Häuser zu einem großen Portfolio zusammen.
Dabei spielt den Privatisierungsspezialisten in die Karten, daß die Eigentümerquote hierzulande der anderer Staaten der europäischen Union deutlich hinterherhinkt. Nur etwa 40 Prozent der Deutschen leben im eigenen Heim. Im europäischen Durchschnitt sind es 60 Prozent. Da selbstgenutzte Immobilien aber Mietfreiheit bedeuten, gelten sie als ideale Altersvorsorge. Lutz Ristow, Vorstands-Chef der Immobilien-Holding TAG Tegernsee ist sich deshalb sicher, daß die Eigentümerquote mit der zunehmenden Diskussion um die Notwendigkeit privater Altersvorsorge in den nächsten Jahren deutlich ansteigen wird. Ohnehin sind die 40 Prozent nur die halbe Wahrheit: In Ballungsräumen mit hohen Immobilienpreisen liegt der Anteil der Haus- und Wohnungsbesitzer deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Städten wie München (23 Prozent Eigentümerquote), Hamburg (22), Düsseldorf (20), Frankfurt (16), Berlin (13) oder Leipzig (neun) bescheinigt Ristow "deutliches Nachholpotential". Da TAG den Schwerpunkt genau auf diese Metropolen legt, ist es kein Zufall, daß der Aktienkurs langsam Fahrt aufnimmt.
Jahrelang fristeten Immobilienaktien an der Börse ein Schattendasein. Erst seit ausländische Investoren den deutschen Markt systematisch nach Einstiegsgelegenheiten durchkämmen, erkennen Anleger langsam die Chancen der Branche. Selbst der Börsengang der Augsburger Immobilienholding Patrizia war ein durchschlagender Erfolg, obwohl im Vorfeld Bedenken aufgekommen waren, weil die Vorstände im großen Stil Kasse gemacht hatten. "Der Aufschwung der Immobilienwerte steht erst ganz am Anfang", ist sich Dieter Thomaschowski, Chef des Analystenhauses Investment Research in Change (IRIC), sicher. Ein Grund, warum Immobiliengesellschaften auf glänzende Geschäfte hoffen dürfen, ist das knappe Angebot. Wegen der strengen Mieterschutzgesetze in Deutschland war es – anders als in den europäischen Nachbarländern – in den vergangenen Jahren nicht lukrativ, neuen Wohnraum zu schaffen. Da jetzt wegen der drohenden Zinswende die Nachfrage zunimmt, bedeutet das für Immobiliengesellschaften zum einen mehr Geschäft, zum anderen aber auch steigende Preise und damit eine Höherbewertung des eigenen Wohnungsbestands. Zusätzlich treibt die Hoffnung auf Steuererleichterungen die Kurse, falls sogenannte Reits (Real Estate Investment Trusts) auch in Deutschland zugelassen werden. Noch zieren sich Teile der SPD-Fraktion wegen Heuschrecken-Alarms gegen diese steuerprivilegierten Immobilien-AGs, die ihren Gewinn in der Regel komplett ausschütten. Doch selbst wenn die Politiker sich nicht auf die Einführung von Reits einigen können, bleiben Immobilienaktien ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge. Allerdings sollten Anleger dabei auch bedenken, daß es erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen Standorten gibt, und deshalb beim Aktienkauf auch auf regionale Diversifizierung achten.
IRIC-Experte Dieter Thomaschowski empfiehlt bundesweit aktive Gesellschaften wie TAG und Hamborner als Basisinvestments. Zusätzlich könne man Werte wie Frimag (vornehmlich im Rhein-Main-Gebiet aktiv) oder RCM, eine auf Zwangsversteigerungen im Raum Dresden spezialisierte Tochter der SM-Wirtschaftsberatung, beimischen. Solche Ballungsgebiete sind besonders attraktiv, weil die hohen Spritpreise und die Kürzung der Pendlerpauschale einen Trend zum Rückzug in die Städte ausgelöst haben. Im Fall Dresden können Anleger sogar auf die Expertise der Heuschrecken vertrauen. Thomaschowski: "Die Experten von Fortress sind ja schließlich keine Blinden."
-red-
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