Fuzzi, wenn ich Deine Stimmungen/Stimmungswechsel und meine vergleiche, stelle ich fest, dass sie tatsächlich ziemlich konträr verlaufen. Zusammenfassend könnte man sagen, das Du eher prozyklisch "gepolt" bist und ich eher antizyklisch.
Vor drei Wochen, bei Index-Höchstständen, warst Du noch der röhrende Perma-Bulle, der alles "Bärische" brüsk abwies. Heute, nach einer scharfen, Crash-artigen Korrektur, ist Dir das Herz in die Hose gerutscht. Damit verhältst Du Dich wie die von mir so bezeichneten "Fundo-Chartisten", die bisherige Anstiege mit den starken Fundamentaldaten begründen und den Trend gedanklich weiter fortschreiben. Kommt dann die Korrektur, werden sie zu Charttechnikern, die alles Fundamentale nun für (zurzeit) irrelevant erklären und nur noch den Abwärtstrend gedanklich fortschreiben. Nun suchen sie auch nach Begründungen für den weiteren Fall, nämlich Abzug amerikanisches Geldes aus Europa, der noch viel weiter gehen wird... usw.
Diese Einstellung ist nicht einmal unklug, wenn man auch konsequent danach handelt und beim ersten "bösen Omen" (z. B. Bruch der 1280-Linie beim SP-500) alles verkauft. Noch aggressiver wäre, zusätzlich Puts zu kaufen.
Meine Sicht der Dinge war und ist (teils) anders. Als der Dax und der DOW auf Höchstständen waren, war mir regelrecht schlecht, die allgemeine Euphorie konnte mich nicht anstecken, sondern schreckte mich ab. Diese NTV-Wichtigtuer im Fernsehen, die Börsen-Guru-Dummschwätzer, die vielen Neu-Emissionen (die wollen halt am Hoch abgrasen), die Hausfrauen-Börsen-Euphorie - all dies erinnert mich in fataler Weise an den März 2000. Diese bärische Grundstimmung hab ich u. a. im Doomsday-Bären-Thread kundgetan:
http://www.ariva.de/board/245194
Nach dieser scharfen Korrektur stehe ich den Börsen nun wieder etwas neutraler gegenüber. Bullisch bin ich freilich nicht. Meine Intel habe ich noch (2,5 % Verlust seit EK), gestern hab ich noch Pfizer zu 23,67 USD als Trade zugekauft. Ich glaube, die Börsen haben nun ihr vorläufiges Korrekturziel erreicht; beim SP-500 sollte bei 1240 ein kurzfristiger Boden drin sein (dies wurde bereits erwartet, als er die 1280 durchbrach - siehe Jeff Cooper im Doomsday Bären-Thread). Gestern fiel der SP-500 intraday auf 1245 (da kaufte ich Pfizer) und schloss bei 1260. Die technische Korrektur scheint nun anzulaufen und sollte den SP-500 bis in den Bereich 1280/1290 hieven.
Dass diese Korrektur jetzt kommt - auch wenn sie alle erwarten - ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Sie kam ja sogar im Jahrhundert-Crash 1929:
http://www.ariva.de/board/257323
Die Enttäuschung derjenigen, die beim jetzigen Abverkauf auf eine technische Erholung setzten, bestand im Timing: Sie waren viel zu früh wieder drin, und nun sind ihre Positionen "unter Wasser". Die Enttäuschung besteht also darin, dass diese Korrektur VIEL SPÄTER kommt als viele erwarteten, und dass sie auch nur bis 1280/1290 (maximal 1300) gehen wird. In dem Bereich werde ich meine Restbestände an Aktien komplett abladen, weil ich es für eine rein technische Korrektur in einem ab jetzt einsetzenden mittelfristigen Abwärtstrend bis Herbst halte. (Insofern teile ich Deine jetzige bärische Stimmung; ich hatte sie nur halt schon am Top.)
Langfristig bullisch bin ich erst wieder, wenn die Leute, die vor drei Wochen noch hyper-euphorisch waren, wieder mega-pessimistisch geworden sind. Das ist die Zeit, wo Neuemissionen abgesagt und Börsensendungen gestrichen werden, weil sie niemanden mehr interessieren, und wenn im Handelsblatt mal wieder die Story steht, dass "die Frankfurter Händler verzweifelt sind: Niemand, aber wirklich niemand will Aktien kaufen". Diese Headline gab es tatsächlich. Sie kam Anfang März 2003, als der letzte Irak-Krieg begann - und sie war der perfekte Kontraindikator für einen langfristigen Einstieg: Der DAX stieg in der Folgezeit von 2200 bis über 6000. Ganz ohne trickreiches Stock-Picking hätte man - mit einem simplen Index-Zertifikat - sein Geld fast verdreifachen können!
Mein Tipp: Wer bei der jetzt kommenden technischen Erholung nicht komplett aussteigt, ist m. M. nach dazu verdammt, dass zu zahlen, was die anderen auf dem Weg nach oben in den letzten drei Jahren verdient haben. Ich rechne damit, dass der Dax sich irgendwo in der Mitte wieder einpendelt, so im Bereich von 3800 bis 4500. Zeitraum dieser Korrektur: Bis Herbst 2006. (Aktien fallen ja meist viel schneller, als sie vorher stiegen.)
Als "Hedge" gegen weitere Börsenverluste dient mir meine Währungs-Positionierung in Dollar. Ich bin komplett raus aus dem Euro, da ich davon ausgehe, dass der Dollar bei fallenden Börsen weiter steigen wird (siehe Dollar-long Thread), evtl. sogar bis zur Parität. Trotz allem charttechnischen Geschwätz (bei Forexnews.com meint ein Herr McKegg allen Ernstes, der Dollar würde nun auf 1,71 abstürzen!) scheint MIR der Dollar immer noch der Heimat-Hafen des großen Geldes zu sein, wenn es an den Emerging Market (Asien, Türkei, Brasilien, Indien usw.) "zur Sache" geht.
Oder würdest Du. Fuzzi, Deine Ersparnisse in Krisenzeiten den Italienern, Griechen und Portugiesen anvertrauen, die sich die Euro-Mitgliedschaft teils mit gefälschten Bilanzen erschwindelt haben? For me: no way!
Außerdem gibt es auf den Dollar 5 % Zinsen - mehr als TUI an Dividende zahlt, und dies ohne Aktien-Risiko.
10-Tages-Chart des SP-500 |